Schlaf-Apnoe - Atemnot raubt Schnarchern den Schlaf
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saldo 2/2001
31.01.2001
Nachts schnarchen, tagsüber extrem schläfrig sein: typisch für Sauerstoffmangel durch blockierte Atmung. Empfehlung: Abklärung beim Schlafexperten.
Schon im Militär war ich Vizeweltmeister im Schnarchen", erinnert sich der heute 65-jährige Alfred Luginbühl. Es beunruhigte ihn damals nicht besonders, auch seine frühere Lebenspartnerin schien das nächtliche Sägen nicht weiter zu stören.
Doch Anfang 40 stellte er fest, dass seine Leistungsfähigkeit nachlie...
Nachts schnarchen, tagsüber extrem schläfrig sein: typisch für Sauerstoffmangel durch blockierte Atmung. Empfehlung: Abklärung beim Schlafexperten.
Schon im Militär war ich Vizeweltmeister im Schnarchen", erinnert sich der heute 65-jährige Alfred Luginbühl. Es beunruhigte ihn damals nicht besonders, auch seine frühere Lebenspartnerin schien das nächtliche Sägen nicht weiter zu stören.
Doch Anfang 40 stellte er fest, dass seine Leistungsfähigkeit nachliess. "Ich war früh morgens immer unbeschreiblich müde, gegen 10 Uhr besserte es jeweils." Es wurde immer schlimmer: "Wenn ich tagsüber eine Pause machte, nickte ich sofort ein, manchmal verlor ich während eines Gesprächs einfach den Faden. Ich wurde vergesslich und konnte mich nicht mehr konzentrieren. Ich fühlte mich einfach lausig." Der Drang zum Schlafen - vor allem auf langweiligen Fahrstrecken - machte ihm allmählich Angst. Eine existenzbedrohende Situation für einen Chauffeur!
Vor rund zehn Jahren sagte ihm seine Partnerin, er schnarche stark und habe Probleme mit dem Atmen. Er selbst wusste nur, dass er manchmal schweissgebadet aus Angstträumen erwachte. Als er sich nach einer Grippe nicht erholte, schickte ihn sein Hausarzt ins Berner Inselspital, wo der Pneumologe und Schlafexperte Prof. Matthias Gugger die Gründe für sein Schnarchen und seine extreme Schläfrigkeit abklärte. "Man nahm mir als Erstes das Billett ab", erzählt Alfred Luginbühl, "und das war wie eine Erlösung."
Atemstillstände im Schlaf sind lebensgefährlich
Sein Schlafverhalten wurde im Schlaflabor beobachtet. Eindeutiger Befund: Schlaf-Apnoe - wiederholte Atemstillstände im Schlaf. Wie kommt es dazu? Wenn Bindegewebe und Muskulatur im Rachen zu weich sind, können Zungenboden, Gaumensegel, Halszäpfchen und Halsmuskulatur im Schlaf weit in den offenen Rachenraum hineinsinken und dadurch den Atemweg verstopfen. Eine lebensgefährliche Situation: Es gelangt keine Luft mehr in die Lungen, der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt massiv ab. Ein Riesenstress für den Körper. Der Schläfer wacht auf, spannt die erschlaffte Rachenmuskulatur an - die Attacke geht vorbei.
"Solche Atempausen können zwischen 10 Sekunden und 2 Minuten lang sein und 5- bis 100-mal pro Stunde auftreten", erklärt Matthias Gugger. "Ein erholsamer Schlaf wird damit unmöglich. Kurzfristige Folgen sind - wie bei Alfred Luginbühl - Schlafzwang, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, aber auch Reizbarkeit und Kopfschmerzen. Apnoe-Patienten haben erwiesenermassen ein grösseres Risiko für Bluthochdruck. Deshalb nimmt man an, dass auch die Risiken für Rhythmusstörungen, Herzinfarkt und Hirnschlag erhöht sind." Vier Prozent der Männer und zwei Prozent der Frauen leiden an Schlaf-Apnoe.
Wie lässt sich die Schlaf-Apnoe verhindern? Als erste Massnahme gegen Rückenlage rät Prof. Gugger zu einfachen Hilfsmitteln wie Tennisball ins Pyjama einnähen oder einen weichen Rucksack tragen. Für Alfred Luginbühl keine Lösung: "Das ist Flickzeug, das hindert mich am Einschlafen."
Für ihn erwies sich Prof. Guggers Vorschlag, es mit einer Druckmaske zu probieren, als gute Lösung. Die so genannte CPAP-Maske presst Umgebungsluft mit erhöhtem Druck in die Nase. Durch den Druck bleibt die Rachenpartie offen, der Körper bekommt genug Sauerstoff und das nächtliche Panikerwachen bleibt aus. "Es ging mir schlagartig besser", versichert Luginbühl. Er konnte bald wieder Auto fahren. Allerdings musste er sich erst daran gewöhnen, mit der Maske zu schlafen. "Anfangs fühlte ich mich schon eingeengt", räumt er ein, "und die ersten Pumpen waren laut wie Staubsauger." Auch neuere Geräte, obwohl leiser, sind nichts für empfindliche Ohren. "Wir schlafen jetzt halt in getrennten Zimmern."
Operation eignet sich nicht für jeden Patienten
Eine Operation käme für ihn nur in Frage, wenn man ihm einen mindestens ebenso grossen Erfolg garantierte. "Garantieren können wir nichts", schränkt Prof. Gugger ein. "Man muss bei jedem Patienten individuell suchen, welches die für ihn geeignete Methode ist."
Alfred Luginbühl kann heute nicht mehr ohne Maske sein. "Ich nehme sie überallhin mit, wie meine Zahnbürste."
Hildegard Bösch-Billing
Schlaf-Apnoe / Verdacht, Abklärung und mögliche Massnahmen
Alarmzeichen:
Starkes Schnarchen mit Atemstillständen während der Nacht, unerklärliche Schläfrigkeit tagsüber.
Abklärung:
1. Hausarzt, 2. Schlafbeobachtung in Schlaflabors.
Therapiemöglichkeiten:
Erste Massnahmen: Übergewicht abbauen, Alkohol einschränken, sich genügend Schlaf gönnen, keine Schlaftabletten, Rückenlage beim Schlafen vermeiden (notfalls nachhelfen mit eingenähtem Tennisball oder Rucksack).
Atemhilfe:
Maske, die in der Nacht die Umgebungsluft mit Überdruck in die Atemwege bläst und so die Luftwege offen hält (CPAP-Geräte).
Kiefer- und Zahnspangen, die individuell angepasst sind. Wirkungsweise: Vorschieben des Unterkiefers um einige Millimeter, der Rachenraum wird damit weiter.
Operation:
Halszäpfchen und Gaumensegel werden verkleinert oder versteift. Die Operation erfolgt konventionell oder mit Laser. Erfolgsrate bei Apnoe 40 bis 50 Prozent, bei Schnarchen 60 bis 90 Prozent. Operation erst dann, wenn alle andern Methoden nicht funktionieren.
Weitere Informationen:
° Prof. Dr. med. Matthias Gugger, Zentrum für Schlafmedizin Inselspital Bern, 031 632 21 11.
° Lungenliga Schweiz, Südbahnhofstr. 14c, 3007 Bern, Tel. 031 378 20 50, Fax 031 378 20 51, Internet: www. lung.ch. Die Februar-Ausgabe des Magazins "Inspiration" befasst sich speziell mit Schlaf-Apnoe. Einzelexemplare gratis bei der Lungenliga Schweiz erhältlich.
Zusätzliches Angebot für Interessenten für CPAP-Atemhilfe-Masken: Auskunft, Angebot, Selbsthilfetreffs.
° www. swiss-sleep.ch
° www.dr-walser.ch/schnarchen