Gillette-Klingen: Einheitspreis statt Wettbewerb
Der Gillette-Konzern wird immer dreister: Die neuen Fusion-Klingen kosten noch viel mehr als ihre Vorgänger. Besonders ärgerlich: Migros und Coop machen mit dem US-Giganten gemeinsame Sache.
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saldo 13/2006
30.08.2006
Franco Tonozzi
Am 1. September kommt Fusion, der neue Fünf-Klingen-Rasierer von Gillette, in die Läden - begleitet von viel Werbegetöse. «Die beste Rasur von Gillette» (Eigenwerbung) zieht den Käufern so viel Geld aus der Tasche wie nie zuvor: Sage und schreibe Fr. 46.40 sollen acht Ersatzklingen von Fusion Power bei Migros und Coop kosten. Das ist jedenfalls die «Preisempfehlung» von Gillette an die Grossverteiler. Und die hielten sich bislang stets daran.
Wird Coop auch beim Fusion die...
Am 1. September kommt Fusion, der neue Fünf-Klingen-Rasierer von Gillette, in die Läden - begleitet von viel Werbegetöse. «Die beste Rasur von Gillette» (Eigenwerbung) zieht den Käufern so viel Geld aus der Tasche wie nie zuvor: Sage und schreibe Fr. 46.40 sollen acht Ersatzklingen von Fusion Power bei Migros und Coop kosten. Das ist jedenfalls die «Preisempfehlung» von Gillette an die Grossverteiler. Und die hielten sich bislang stets daran.
Wird Coop auch beim Fusion die Richtpreise des US-Multis übernehmen? «Wir müssen uns nicht an die Preisempfehlungen von Gillette halten, können es aber», sagt Mediensprecher Karl Weisskopf lediglich. Auch die Migros will nicht sagen, ob sie tut, was Gillette wünscht: «Zu den Preisen machen wir vor Lancierung des Rasierers keine Angaben», so Mediensprecherin Monika Weibel.
Die Grossverteiler übernehmen Preisempfehlungen
Gillette sieht in den «Preisempfehlungen» kein Problem. «Unverbindliche Preisempfehlungen sollen unseren Handelskunden bei der Preisfestsetzung helfen», erklärt Andreas Hornung, CEO von Gillette Schweiz.
Migros und Coop nehmen die Hilfe dankbar an: Im Februar ist der neue Frauenrasierer Venus Vibrance auf den Markt gekommen. Die Grossverteiler verkaufen ihn zum identischen Preis - und das ist zufälligerweise genau der Preis, den Gillette vorgibt. Das gleiche Bild ergibt sich bei anderen Produkten von Gillette (siehe Tabelle).
Einheitspreise statt Wettbewerb: Aus der Sicht der Grossverteiler hat dieses Konzept eine höchst angenehme Seite. Damit lässt sich auf dem Buckel der Kunden viel Geld verdienen.
Der Internet-Händler Mc Shave legt exklusiv für saldo seine Einkaufspreise für die neuen Rasierer offen - dass Coop und Migros teurer einkaufen, ist nicht anzunehmen. McShave bezahlt für ein Achterpack der neuen Fusion-Manuell-Klingen Fr. 19.45 und verkauft sie für Fr. 29.80. Marge: Fr. 10.35. Die Gillette-Preisempfehlung für das gleiche Produkt: Fr. 40.90.
Lukrativ sind für die Klingenhändler auch glatt rasierte Frauenbeine. Vier Venus-Vibrance-Klingen kosten im Einstand keine 8 Franken. Coop- und Migros-Kundinnen blättern dafür Fr. 19.90 hin. Bei McShave kostet das gleiche Produkt Fr. 12.05.
Auch ältere Rasierprodukte werden teurer
Mit den horrenden Preisen für die neuen Klingen wird die Schmerzgrenze vieler Kunden möglicherweise überschritten. Werden nach der Einführung des Fusion wenigstens die alten Rasierer billiger? Im Gegenteil. Gillette erhöhte die Preise im März um bis zu 10 Prozent. Migros und Coop zogen brav mit. Mach-3-Klingen sind 2 Franken teurer geworden und kosten jetzt bei beiden Grossverteilern einheitlich Fr. 23.90 - auf den Rappen genauso viel, wie Gillette möchte.
Das Vorgehen hat Methode. Erster Sinn der Übung: Die Preisdifferenz zu den neuen Produkten soll verkleinert werden. So steigen mehr Kunden aufs neue, vermeintlich bessere Produkt um. Zweiter Sinn der Übung: Gillette ködert die Grossverteiler mit stetig wachsenden Gewinnen. Das klappt aber nur, wenn Coop und Migros die vorgeschlagenen Preise übernehmen und sich nicht konkurrenzieren.
Diese Preispolitik stört auch den Preisüberwacher: «Preisempfehlungen sind eine Unsitte», sagt Rudolf Strahm. Handeln aber muss die Wettbewerbskommission (Weko). Und die spricht Klartext: «Preisempfehlungen sind unzulässig, wenn sie von Konkurrenten dazu gebraucht werden, den Wettbewerb untereinander auszuschalten», sagt Weko-Vizedirektor Patrick Krauskopf. «Händler sollen ihre Preise selber kalkulieren. So entsteht Wettbewerb, der den Konsumenten nützt.» Wer mit unzulässigen Preisempfehlungen gegen das Kartellgesetz verstösst, muss mit Sanktionen rechnen.
Detailhandel: Kein Interesse an Blade Master
Für die Nassrasierer unter den Konsumenten tröstlich: Während die Klingen-Preistendenz bei Migros und Coop stets gegen oben zeigt, macht McShave das Gegenteil: «Wir verbilligen ab September die Mach-3-Power-Klingen», sagt Geschäftsführer Thomas Bleiker. Das Achterpack kostet dann 20 Franken - nicht Fr. 34.20 wie bei Migros und Coop.
Sparen kann man auch mit einer Erfindung des Deutschen Ludwig Kemmelmeier: Mit dem Blade Master lässt sich jede Klinge bis zu viermal länger verwenden. Kemmelmeier hat das Gerät Gillette und einigen grossen Handelsketten angeboten. Die einhellige Absage: «Wir verkaufen doch nichts, was unseren Klingenabsatz schmälert.»
Blade Master - der Klingenschärfer
Die Kante einer Rasierklinge ist etwa 400-mal dünner als ein Haar. Diese Kante wird bei jeder Rasur etwas umgebogen. So wird die Klinge stumpf. Die Magnete im Blade Master ziehen die Kante wieder gerade - die Klinge gewinnt wieder an Schärfe. Wer sich mit einer Klinge üblicherweise 10-mal rasiert, kann sich mit Blade Master 20- bis 40-mal rasieren. Der günstigste Schweizer Anbieter, den saldo gefunden hat: www.waschbaer.ch, Fr. 19.90 plus Fr. 6.95 Versandkosten.