Das Ehepaar Franz und Martina Zenger (Name geändert) hat kürzlich ein hübsches Einfamilienhaus im Grünen erworben: Baujahr 1969, Kaufpreis 950 000 Franken.
Ein befreundeter Architekt bescheinigte ihnen, dass die Bausubstanz in Ordnung ist. Von rund 15 000 Franken für dringende Malerarbeiten und neue Bodenbeläge abgesehen rechnete das Paar mit keinen weiteren Kosten.
Doch die Freude über das neue Eigenheim war nach dem Einzug rasch verflogen: Die Geschirrspülmaschine versagte ihren Dienst, dann stiegen Mikrowellenherd und Backofen aus. Bei der ersten Benützung erwies sich zudem der Whirlpool im Keller als nicht funktionstüchtig – und zu guter Letzt stellten sie fest, dass der Gartenteich undicht ist.
Haftung lässt sich nur bei Arglist nicht umgehen
Als das junge Paar den Verkäufer zur Rede stellte, wies der jede Verantwortung von sich und bezog sich auf den Kaufvertrag. Dort steht, dass die Gewährleistung des Verkäufers für Mängel und Schäden «ausdrücklich wegbedungen», das heisst ausgeschlossen ist.
«Beim Kauf von bestehenden Liegenschaften ist der Ausschluss von Haftung und Gewährleistung gang und gäbe», sagt Adrian Wenger, Immobilienfachmann beim VZ Vermögenszentrum. Einzig die Haftung bei Arglist lässt sich von Gesetzes wegen nicht ausdrücklich ausschliessen.
Vor dem Kauf Bauspezialisten beiziehen
Die Käufer könnten im vorliegenden Fall also den früheren Eigentümer zur Verantwortung ziehen, sofern dieser genau gewusst hat, dass weder Küchenapparate noch Whirlpool funktionieren und der Gartenteich undicht ist. In der Praxis erweist es sich aber meist als schwierig, einen stichhaltigen Beweis für eine solche Arglist zu führen.
Hubert Stöckli, Rechtsprofessor an der Universität Freiburg, gibt folgenden Rat: «Käufer sollten das Haus sehr sorgfältig prüfen und sich von einem Bauexperten oder einem Architekten beraten lassen.»
Kommt ein beigezogener Architekt in seinem Gutachten beispielsweise zum Schluss, dass das Flachdach dicht ist und das Mauerwerk keine Feuchtigkeitsschäden aufweist, haftet er für die Richtigkeit seiner Aussagen. Die Ergebnisse einer solchen vorgängigen Prüfung sollten in die Verhandlungen über den Kaufpreis und gegebenenfalls auch in die Bestimmungen des Vertrages einfliessen.
Rechtsprofessor Stöckli sagt: «Wenn dem Käufer bestimmte Eigenschaften der Immobilie besonders wichtig sind, sollte er sich diese schriftlich zusichern lassen.»
Auch wenn nicht alle Fälle so krass sind wie jener von Franz und Martina Zenger: Zumindest zu Diskussionen kommt es beim Kauf von Altliegenschaften fast immer. Das bestätigt Adrian Wenger vom Vermögenszentrum: «Besonders heikel sind Transaktionen, bei denen Beurkundung des Kaufvertrags und Eigentumsübertragung nicht gleichzeitig stattfinden.»
Das kommt immer häufiger vor – zum Beispiel wenn der bisherige Eigentümer schon den Umzug in einen Neubau plant und im Voraus einen Käufer für sein altes Objekt sucht. Das läuft darauf hinaus, dass zum Beispiel im Frühling der Kaufvertrag beurkundet wird, das Eigentum am Haus und der Einzug aber erst einige Monate später erfolgen. «In diesem Fall müssen sich die Käufer vorsehen, dass sich der Zustand des Hauses während dieser Frist nicht verändert», warnt Wenger.
Protokoll bewahrt vor teuren Überraschungen
Normalerweise steht im Kaufvertrag kein Wort darüber, dass die bisherigen Eigentümer den Zustand des Hauses nicht verändern dürfen. Ebensowenig ist erwähnt, in welchem Zustand das Objekt zu übergeben ist. In der Realität kommt es aber vor, dass das Haus während dieser Übergangszeit im Unterhalt vernachlässigt wird, der Garten verwildert oder Geräte und Bauteile entfernt oder gegen billigere ausgetauscht werden.
Solche Risiken lassen sich mit einem von beiden Seiten unterzeichneten Protokoll entschärfen. Der Zustand der Liegenschaft wird dabei anlässlich einer gemeinsamen Begehung erfasst und sorgfältig protokolliert.
In einem solchen Dokument wäre zum Beispiel festzuhalten, dass man Dach, Heizung und Mauerwerk einer Prüfung unterzogen und keinerlei Mängel festgestellt hat. Weiter muss auch festgehalten werden, welche Apparate in der Küche, im Bad oder im Keller stehen und ob sie funktionstüchtig sind oder nicht. Auf der Grundlage eines solchen Zustandsprotokolls kann der Käufer seine Position wesentlich verbessern.
Tipp: Fotos helfen, Zustand zu belegen
Wenn der Abschluss des Kaufvertrags und der Zeitpunkt der Eigentumsübertragung zeitlich auseinanderliegen, sind zwei Besichtigungstermine am Platz: einer bei der Beurkundung des Vertrags und einer kurz vor der Eigentumsübertragung. «Dann sollte man auch zwei Protokolle erstellen», sagt Adrian Wenger.
Weiter empfiehlt er, Fotos von Zimmern und Küche zu machen. Falls es zu Diskussionen kommt, haben die Käufer damit etwas in der Hand. Sie gehen damit allfälligen Beweisproblemen aus dem Weg und können belegen, von welchem Zustand und von welcher Ausstattung des Hauses sie ausgegangen sind.
Checkliste: Erstellen Sie ein Protokoll
Bei älteren Liegenschaften ist das Risiko für Mängel und Schäden gross. Entscheidend sind daher die vorgängige sorgfältige Prüfung und der Beizug unabhängiger Experten: qualifizierte Architekten, Baufachleute oder Bauherrenberater. Websites von Berufsorganisationen: www.sia.ch, www.kub.ch.
Besonders zu prüfen sind Bausubstanz, Statik, Dach und Fassade sowie Haustechnik (Warmwasser, Heizung, Kanalisation). Als besonders heikel gelten Feuchtigkeitsschäden.
Im Zweifelsfall sollte der Käufer versuchen, gewisse vertragliche Zusicherungen auszuhandeln. Das heisst: eine genaue Umschreibung, in welchem Zustand das Haus zu übergeben ist und welche Eigenschaften zwingend sind. Ist die Bausubstanz ungenügend oder bleiben zu viele Fragen offen, muss ein tieferer Kaufpreis ausgehandelt werden. Käufer müssen dann auch unvorhergesehene Renovationskosten budgetieren.
Es ist denkbar, einen Teil des Kaufpreises auf ein Sperrkonto einzuzahlen und erst freizugeben, wenn im Gebrauch keine grösseren Mängel festgestellt wurden.
Aus dem Vertrag muss hervorgehen, zu welchem Zeitpunkt «die Übertragung von Nutzen und Schaden» stattfindet. Anders gesagt: ab wann dem Käufer der Nutzen am Haus zusteht und ab wann er das Risiko eines allfälligen Schadens selbst trägt. Dies ist vor
allem bei Haftungsfragen wichtig (Elementarschäden am Haus, Unfälle bei Umbauarbeiten usw.).
Im Vertrag ist ausdrücklich festzuhalten, dass der Zustand der Liegenschaft begutachtet und protokolliert wird. Damit dies wirksam ist, braucht es auch eine Klausel, dass das Objekt im beschriebenen Zustand zu übergeben ist.
Entsprechende Klauseln könnten wie folgt lauten:
«Die Käuferschaft übernimmt die Kaufobjekte im Zustand wie am 1. März 2008 besichtigt. Bei dieser Besichtigung wurde der Zustand der Kaufobjekte protokollarisch festgehalten. Zusätzliches, im Kaufpreis enthaltenes Inventar wurde in einer separaten Zusammenstellung erfasst. Anlässlich des Übergangs von Nutzen und Schaden per 1. Oktober 2008 findet eine weitere Besichtigung statt, an der der Zustand der Kaufobjekte erneut protokollarisch festgehalten wird. Werden unverhältnismässig wertmindernde Differenzen festgestellt, sind diese innert angemessener Frist und unter Kostenfolge für die Verkäuferschaft zu beheben.»