Dünger - "Wie wenn man mit Wasser düngen würde"
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saldo 12/2002
19.06.2002
In Gärten und auf Balkonen ist die Blütezeit angebrochen. Bio-Dünger sind jetzt heiss begehrt. Doch nicht alle enthalten genügend Nährstoffe.
Wenn die Topfpflanzen von Elsbeth Pfau in Vollblüte stehen, wird ihr Haus im bernischen Rümligen zur Touristenattraktion. «Manchmal lasse ich dann Ländlermusik spielen», sagt die 72-jährige Blumenfreundin. Die Japaner knipsen dann wie wild. Elsbeth Pfau hat viele Wettbewerbe gewonnen.
Das Haus im Gürbetal ertrinkt ...
In Gärten und auf Balkonen ist die Blütezeit angebrochen. Bio-Dünger sind jetzt heiss begehrt. Doch nicht alle enthalten genügend Nährstoffe.
Wenn die Topfpflanzen von Elsbeth Pfau in Vollblüte stehen, wird ihr Haus im bernischen Rümligen zur Touristenattraktion. «Manchmal lasse ich dann Ländlermusik spielen», sagt die 72-jährige Blumenfreundin. Die Japaner knipsen dann wie wild. Elsbeth Pfau hat viele Wettbewerbe gewonnen.
Das Haus im Gürbetal ertrinkt im August geradezu in einem Blütenmeer, und das Ehepaar Pfau sieht dann beim Blick aus dem Fenster fast nur noch Blumen. «Wir sind eine Familie, die Blumen und ich.»
Kein Hausmittelchen steckt hinter der Blütenpracht, sondern gut dosiertes Düngen: «Ich dosiere je nach Wetter. Wenn es lange regnet, gebe ich wenig Dünger, wenn die Sonne scheint, aber drei- bis viermal in der Woche», verrät Elsbeth Pfau. Sie verwendet einen mineralischen Flüssigdünger. «Ich dosiere ein bisschen weniger, als auf der Packung steht. Dafür gibts einmal pro Woche mehr.»
Organische Dünger: Hergestellt aus Pflanzenabfällen
Bei heissem Wetter erhalten die Blumen eine Blattdüngung. Mit der Rückenspritze besprüht Frau Pfau die Blätter und Blüten mit einer verdünnten Düngerlösung. «Das darf man nur am Morgen und am Abend machen. Für die Pflanzen ist das sehr erfrischend», so Pfau.
Flüssigdünger sind praktisch in der Anwendung und daher weit verbreitet. Seit einigen Jahren sind biologische oder organische Flüssigdünger im Vormarsch. Sie werden aus Pflanzenabfällen hergestellt. Weg von der Chemie, hin zur Natur, heisst der Trend auch hier.
Doch auch Bio-Dünger enthalten die Hauptnährstoffe Stickstoff, Phospor und Kalium. Stickstoff führt zu gutem Wachstum und grosser Blattmasse. Phosphor fördert die Blütenbildung und kräftigt die Wurzeln. Kalium stärkt die Zellwände und macht die Pflanze widerstandsfähig gegen Krankheiten.
Kassensturz liess einen billigen mineralischen Dünger und sieben organische Produkte im Fachlabor auf ihren Gehalt an den Hauptnährstoffen untersuchen. Von der Migros ist kein Produkt im Test. Der Grossverteiler will erst ab 2003 eine Natura-Flüssigdünger-Linie ins Sortiment aufnehmen. Josef Poffet vom schweizerischen Gärtnermeisterverband (VSG) in Koppigen BE hat die Werte interpretiert.
Biovin: Schlechter Düngewert und viel zu teuer
Beim mineralischen oder «chemischen» Dünger Blüh-Fix von Terrasan erhält der Konsument am meisten Hauptnährstoffe pro Rappen. Josef Poffet: «Das erstaunt nicht. Mineralische Dünger können billig hergestellt werden.»
Bei sechs Bio-Düngern sind die Preise höher. Josef Poffet: «Sie liegen aber vom Nährstoffgehalt her dicht beieinander. Ihre Düngewirkung ist vergleichbar. Die Preisspanne liegt zwischen 6 und 14 Rappen pro Gramm Reinnährstoff.»
Biovin von Enpro Bio Kill aus der Drogerie aber fällt völlig aus dem Rahmen. Ein Gramm Reinnährstoff ist 426-mal teurer als beim Mineraldünger Blüh-Fix und 129-mal teurer als beim biologischen Geraniendünger von Neudorff. Josef Poffet: «Biovin hat kaum einen Düngewert. Das ist, wie wenn man mit Wasser düngen würde.»
Enpro Bio Kill importiert Biovin aus Österreich. Geschäftsleiter Nikolaus Tichatschek: «Wir haben ein ganz anderes Wirkprinzip als Chemiedünger. Wir arbeiten mit Huminstoffen aus Traubenkernen. Die ermöglichen eine bessere Nahrungsaufnahme und die Bildung von Feinwurzelwerk. Das führt zu besseren Resultaten als jeder konventionelle Dünger, den wir heute kennen.»
Weniger Nährstoffe bedeutet geringeres Wachstum
Tichatschek räumt ein, dass in Biovin viel weniger Nährstoffe enthalten sind als in Konkurrenzprodukten. Aber darauf komme es nicht an: «Das reicht vollständig für sämtliche Pflanzen. In der Natur hat es eh genügend Stickstoff und Nitrate. Oft sogar zu viel.» Josef Poffet ist da anderer Meinung: «Der Nährstoffgehalt von Biovin ist so tief, dass die Pflanzen über kurz oder lang verkümmern oder verhungern.»
Auch Elsbeth Pfau hält von Düngern ohne Nährstoffe nicht viel: «Das ist einfach ein Beschiss. Wer so was braucht, merkt sofort, dass kein Effekt da ist. Ohne Dünger wachsen die Pflanzen nicht. Sie werden krank und gehen ein.»
Andreas Grämiger
Dünger - Phosphor lässt Blumen blühen
Am umweltfreundlichsten wäre es, die Pflanzen mit Kompost zu nähren. Wer keinen Garten hat und dennoch «Bio» düngen will, liegt mit den organischen Flüssigdüngern richtig. Im Vergleich zu Kunstdüngern enthalten sie weniger Phosphor. Der Phosphorvorrat im Balkontopf ist aber schnell erschöpft. So können Blumen bei geiziger Phosphorzufuhr weniger reich blühen als erwünscht.