«Sind Sie Mieter?», fragt mich eine Leserin aus dem Kanton Obwalden am Telefon der K-Tipp-Rechtsberatung. «Ja», antworte ich etwas irritiert.

«Sie Glücklicher!», ruft die Obwaldnerin in den Hörer. «Ja», denke ich und erinnere mich an meine Kindheit. Ich wohnte mit meinen Geschwistern und den Eltern in einem ­Wohnblock in Winterthur, gleich neben den Bahngleisen der SBB-Strecke nach St. Gallen und nahe beim Kantonsspital. Mein Vater ­arbeitete dort als Chirurg. 

Wir waren die einzigen Mieter. Die anderen Mitbewohner der Liegenschaft stritten sich einmal pro Jahr an der Stockwerkeigen-tümer­versammlung. Und auch sonst dann und wann. Häufig ging es um geringe Geld­beträge. Ich war froh, dass meine Eltern «nur» Mieter im Haus waren. 

Auch in der Rechtsberatung des K-Tipp sind Probleme unter Stockwerkeigentümern ein Dauerbrenner. Ich ahnte deshalb, was die ­An­ruferin nun vorbringen würde. «Wieso soll ich glücklich sein?», frage ich sie. Zunächst schweigt sie. Dann aber bricht es aus ihr ­heraus: «Wir sind vor über 20 Jahren in eine neue Überbauung eingezogen, zusammen mit weiteren zehn Familien. Es ging immer alles gut. Wir feierten gemeinsam viele Feste. Die Stimmung war stets wunderbar», erzählt die Frau. Nie habe man sich gestritten – bis vor zwei Jahren. Dann habe einer der Eigen­tümer seine Wohnung an einen Pensionär verkauft. «Der Neue hat viel Zeit», sagt die Anruferin. «Er will alles umkrempeln, die ­Bäume vor ­seinem Sitzplatz müssen weg. Er will mehr Rasen­fläche. Ihn stört auch der Sandkasten für die Kinder. Und er rapportiert alle unsere ‹Verfehlungen› an die Hausverwaltung.»

«Warum macht er das?», frage ich die ­Anruferin. Ihre Antwort: «Er kann nicht ­anders. Er war früher Polizist.»