Mein Vater erhielt kürzlich einen Brief von Laura Vivian. Laura ­Vivian ist Hellseherin. Oder wie sie selber sagt: «Star des Hell­sehens aus der Ferne.» Und ­anscheinend hat sie nichts ­weniger als «die besten Voraus­sagungen der Jahre 2013/2014» ­gemacht.

Die Hellseherin weiss, dass sich mein Vater in «einer prekären Lage» befindet, «in bescheidenen Verhältnissen» lebt und «kaum über die Runden kommt». Besonders beeindruckt hat mich, dass sie meinem Vater schreibt: «Ich kenne Sie manchmal besser als Sie selbst.»

Laura Vivian hat also meinem ­Vater ein offizielles Zertifikat ­geschickt. Darin war zu lesen, dass er ein «kolossales Vermögen» erben werde.

Dabei hat die Hellseherin ­keine Mühe ­gescheut. «Das ­Zertifikat», schreibt sie, «wäre fast nie bei ­Ihnen an­gekommen. Glücklicherweise bin ich scharfsichtig und ­beharrlich genug, um das Papier dahin zu bekommen, wo es ­hingehört.»

Mein Vater muss nicht viel ­machen, um zu diesem «Ver­mögen» zu kommen. Er braucht nur noch ­an­zukreuzen, ob er lieber 10 oder 100 Millionen Franken ­erben möchte. Zudem muss er seine Kredit­karten-Angaben ­einschicken und 40 Franken an Gebühren ­zahlen.

Nun, mein Vater wird diese 40 Fran­ken nicht bezahlen. Denn er ist ­gestorben. Vor 22 Jahren. Dass die Hellseherin das übersehen hat!