Luftbefeuchter: Eine weit verbreitete Unsitte
Nur in undichten und überheizten Wohnungen ist die Luft im Winter zu trocken. Meistens ist ein Luftbefeuchter deshalb unnötig - manchmal sogar ungesund.
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Haus & Garten 4/2004
20.10.2004
Esther Diener Morscher
Ungesund und trocken ist die Luft im Winter in der Wohnung - deshalb müsse ein Luftbefeuchter her: Jeden Herbst verbreiten Elektrogeräte-Hersteller dieselbe Warnung und kurbeln damit ihren Umsatz kräftig an.
Fachleute sind jedoch überzeugt: Diese Warnung ist unsinnig: Die Zürcher Energieberatung bezeichnet die Luftbefeuchter als «Unsitte», das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hält die Geräte gar für gesundheitlich riskant.
Roger Waeber vom BAG stellt klar: «In nor...
Ungesund und trocken ist die Luft im Winter in der Wohnung - deshalb müsse ein Luftbefeuchter her: Jeden Herbst verbreiten Elektrogeräte-Hersteller dieselbe Warnung und kurbeln damit ihren Umsatz kräftig an.
Fachleute sind jedoch überzeugt: Diese Warnung ist unsinnig: Die Zürcher Energieberatung bezeichnet die Luftbefeuchter als «Unsitte», das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hält die Geräte gar für gesundheitlich riskant.
Roger Waeber vom BAG stellt klar: «In normal beheizten und gelüfteten Wohnungen ist trockene Luft in der Regel kein Problem.»
Denn: Der Wasserdampf, der beim Duschen, Baden und Kochen entsteht und den auch Menschen und Pflanzen abgeben, sorgt meist für genug Luftfeuchtigkeit in geschlossenen Räumen.
Trocken wird die Raumluft nur, wenn im Winter dauergelüftet wird oder wenn die Fenster undicht sind. Selbst wenn es draussen regnet oder nieselt, ist frische Winterluft sehr trocken. Denn kalte Luft kann nur ganz wenig Wasserdampf aufnehmen. Fazit: Je länger gelüftet wird, desto trockener wird die Raumluft.
Oft ist aber nicht die Trockenheit, sondern zu viel Staub oder Rauch in geschlossenen Räumen das Problem. Oder die Wohnung ist schlicht überheizt. Klarheit über die Luftfeuchtigkeit verschafft man sich mit einem Hygrometer, das man über einige Zeit beobachtet.
Luftbefeuchter: Schimmel- und Bakterienparadies
Das BAG empfiehlt eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 30 und maximal 60 Prozent. In schlecht isolierten Wohnungen mit kalten Wänden maximal 50 Prozent.
Liegt die Luftfeuchtigkeit unter 30 Prozent, helfen meistens folgende Massnahmen:
- Nicht mit Kippfenstern dauerlüften. Zwei- bis viermal täglich kurz, aber kräftig lüften.
- Offene Kaminklappen über dem Cheminée schliessen. WC-Lüftungen und Dampfabzüge nur bei Bedarf laufen lassen.
- Undichte Fenster- und Türfugen abdichten oder vom Vermieter ersetzen lassen.
- Bei sehr trockener Luft: Wäsche in der Wohnung trocknen lassen. Dabei aber auch gezielt lüften, damit die Luftfeuchtigkeit nie über 60 Prozent steigt.
Nur wenn die Raumluft trotz dieser Massnahmen ständig unter 30 Prozent relative Luftfeuchtigkeit fällt, sollte man einen Luftbefeuchter laufen lassen. Diese Geräte können allerdings nicht nur ziemlich laut, sondern auch sehr unhygienisch sein. Ein Luftbefeuchter-Test der Zeitschrift «Öko-Test» zeigte: Trotz wöchentlicher Reinigung liessen fast alle Geräte die Zahl der Schimmelpilze und Bakterien in der Raumluft ansteigen. Für BAG-Fachmann Roger Waeber ist der Fall klar: «Die gesundheitlichen Risiken von Luftbefeuchtern sind grösser als ihr Nutzen.» Sinnvoll oder nötig seien solche Geräte nur in speziellen Fällen.
Je nach Typ haben Luftbefeuchter weitere Nachteile:
- Verdampfer heizen das Wasser auf und geben heissen Dampf an die Luft ab. Sie brauchen viel Strom, man kann sich verbrennen und ohne Hygrostat kann die Luft schnell zu feucht werden.
- Verdunster blasen die Raumluft mit einem Ventilator gegen feuchte Filtermatten und bringen so das Wasser zum Verdunsten. Das erzeugt einen kühlen Luftzug im Raum.
- Ultraschall-Vernebler zerstäuben das Wasser so fein, dass es sofort verdunstet. Die Geräte sind hygienisch bedenklich und erzeugen ohne spezielle Entkalkerzusätze weisse Spuren auf Böden und Möbeln.
- Auch in den Heizkörper-Verdunstern, die am Radiator aufgehängt werden, können sich Bakterien ausbreiten, wenn sie nicht regelmässig gereinigt werden. Sie sind an modernen Heizungen mit niederen Temperaturen auch wenig wirksam.
In vielen Wohnungen ist gar nicht zu trockene, sondern zu feuchte Luft das Problem. Nach Schätzungen des BAG ist fast ein Viertel der Schweizer Wohnungen zu feucht. In manchen Häusern ist die Luftfeuchtigkeit im Winter so hoch, dass Wände und Decken schimmeln und Kondenswasser an den Fenstern hinunterrinnt. Die Faustregel für ein gesundes Wohnklima: Sobald die Fenster beschlagen, sollte man mehr lüften.
Schimmelgefahr beim Einbau neuer Fenster in Altbauten
Das Schimmelrisiko ist grösser in Wohnungen mit kalten Wänden, also in Parterrewohnungen und in schlecht isolierten Häusern. An kalten Wänden können sich schon ab 50 Prozent Luftfeuchte Wassertröpfchen bilden. Schimmelgefahr droht besonders dann, wenn Bauherren in ältere Häuser neue Fenster einbauen, die Fassade aber nicht isolieren. Weil die neuen Fenster besser dichten, wird es in der Wohnung feuchter. Man muss deshalb deutlich mehr lüften. Sonst schimmelt es bald überall.
So lässt sich zu hohe Luftfeuchtigkeit vermeiden: Im Winter sollten Sie die Türen zwischen kalten und warmen Räumen immer geschlossen halten. Gelangt nämlich warmfeuchte Luft aus der Küche oder aus dem Bad in ein ungeheiztes Zimmer, kühlt sie ab und schlägt sich an den Wänden als Kondenswasser nieder.
Lüften Sie kurz und intensiv. Kalte Winterluft ist auch bei Regen und Nebel sehr trocken. Doch Vorsicht: Dauerlüften mit Kippfenstern nützt nichts. Denn wenn die Wände abkühlen, droht wiederum Kondenswasser.
Kaum Schimmelprobleme gibt es in gut isolierten Häusern: Weil die Wände nicht viel kälter als die Raumluft sind, schlägt sich höhere Luftfeuchtigkeit nicht gleich an den Wänden nieder. In einem schlecht isolierten Altbau sorgt hingegen oft schon ein Luftbefeuchter für schimmlige Zimmerecken.