Baby-Beissringe und Trinkflaschen enthalten die Chemikalie Bisphenol. Das zeigten vor kurzem Recherchen des K-Tipp (K-Tipp 13/2023). Doch der Stoff ist auch im Körper von Erwachsenen vorhanden, wie eine Studie der Europäischen Umweltagentur zeigt. Sie liess den Urin von 2756 Erwachsenen aus der Schweiz und weiteren zehn Ländern auf Bisphenol A prüfen.
Übergewicht, Krebs und Unfruchtbarkeit
Die Untersuchung ergab, dass 213 der 300 Testpersonen aus der Schweiz zwischen 20 und 39 Jahren mit mehr Bisphenol A belastet waren, als es der Grenzwert erlaubt. Das heisst: Fast drei von vier Menschen in der Schweiz haben die potenziell gesundheitsschädliche Chemikalie im Körper. Bisphenol A stört den Hormonhaushalt und kann Unfruchtbarkeit, Krebs, Übergewicht, Diabetes und kindliche Entwicklungsstörungen auslösen.
Die Resultate aus den anderen Ländern waren noch beunruhigender: Alle Testpersonen aus Frankreich, Portugal und Luxemburg hatten Bisphenol A im Urin. In Polen waren es 99, in Tschechien und Island 98, in Dänemark 86 und in Deutschland 83 Prozent. Der Länderdurchschnitt lag bei 92 Prozent.
Das Bundesamt für Gesundheit erklärt das unterschiedliche Resultat mit dem Zeitpunkt der Tests. Diese fanden in der Schweiz im Jahr 2020 statt, als Bisphenol A bereits in Babyflaschen und Thermopapier verboten war. Die meisten Tests im Ausland fanden früher statt, als die Verbote noch nicht in Kraft waren.
Für den Umwelttoxikologen und ehemaligen Professor der Universität Zürich Walter Lichtensteiger zeigen die Testergebnisse, dass ein überwiegender Teil der Menschen dauerhaft Bisphenol A ausgesetzt ist.
Erwachsene würden die Chemikalie vor allem übers Essen und Trinken aufnehmen. Der Stoff sei unter anderem in Plastikverpackungen von Nahrungsmitteln und Konservendosen enthalten. Bisphenol-Mole-küle würden sich aus dem Plastik lösen – vor allem, wenn es erhitzt werde.
Der Bund plant keine Plastikverbote
Gemäss Walter Lichtensteiger müssten Behörden und Unternehmen daher Plastik als Verpackungsmaterial für Lebensmittel nachhaltig reduzieren, Plastiktypen ohne Bisphenol A entwickeln und sicherstellen, dass Innenbeschichtungen von Konserven den Weichmacher nicht mehr enthalten.
Für das Bundesamt für Gesundheit sind solche Verbote allerdings kein Thema. Zurzeit diskutiere man über die Senkung der zulässigen Höchstmengen von Bisphenol A, sagt eine Sprecherin zum K-Tipp.