Ein Ja zur 13. AHV-Rente würde sich direkt aufs Portemonnaie der Rentner auswirken. Spätestens ab 2026 erhielten sie eine zusätzliche Monatsrente. Dieser Zustupf aus der AHV wäre bei vielen Rentnern höchst willkommen. Denn von den Pensionskassen erhalten Neurentner immer weniger, und die laufenden Renten der 2. Säule werden kaum je an die Teuerung angepasst.

Doch kann sich die AHV die 13. Monatsrente leisten? Die Gegner der Initiative warnen in Inseraten vor der «Ruinierung» der AHV. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund dagegen be­­ur­teilt die 13. Rente als ­ver­kraftbar. Der K-Tipp beantwortet die wichtigsten Fragen zur finanziellen Situation der AHV.

Wie viel kostet eine 13. Monatsrente?

2022 gab die AHV für zwölf Monatsrenten insgesamt44,2 Milliarden Franken aus. Eine 13. Monatsrente hätte gut 3,5 Milliarden Franken zusätzlich gekostet. Das lässt sich aus dem Total der damaligen Ausgaben für zwölf AHV-Monatsrenten berechnen – und unter ­Berücksichtigung der Tatsache, dass jedes Jahr viele Rentnerinnen und Rentner sterben und somit keinen Dreizehnten mehr erhalten würden. Im vergangenen Jahr erloschen 99'800 AHV-Renten im In- und Ausland.  

Wie viel Geld hat die AHV?

Die AHV wird im Umlageverfahren finanziert. Das heisst: Die Bevölkerung unter 65 zahlt jedes Jahr ­Beiträge. Daraus werden die laufenden Renten bezahlt. Eigentlich braucht die AHV also gar keine Reserven. Dennoch hat sich im Lauf der letzten Jahrzehnte in der AHV ein riesiges Vermögen angehäuft, bezahlt von der Genera­tion der Baby­boomer, die nun pensioniert werden.

Ende 2022 betrugen die AHV-Reserven etwas mehr als 47 Milliarden Franken. Wie gross sie Ende 2023 waren, teilt die AHV-Vermögensverwalterin Compen­swiss erst nach der Abstimmung vom 3. März mit.

Der K-Tipp hatte Einblick in die Rechnung per Ende November 2023: Das Betriebsergebnis war um rund 4,5 Milliarden Franken besser als das Ergebnis per En­de November 2022. Die Reserven dürften Ende 2023 rund 50 Milliarden Franken betragen haben. Das wäre ein neuer Höchststand.

Gibt die AHV mehr aus, als sie einnimmt?

Nein. Der Überschuss aus der laufenden Rechnung ohne Berücksichtigung des Vermögensertrags nimmt seit Inkrafttreten des AHV-­Steuer-Deals stetig zu. 2020 belief er sich auf 579 Mil­lio­nen, 2021 auf 880 Millionen und 2022 auf 1631 Millionen Franken.

Die Zahl für 2023 ist noch nicht bekannt. 2024 wird der Überschuss weiter zunehmen, weil ab diesem Jahr die Mehrwertsteuer für AHV-Zwecke erhöht wurde.

Wie viel Ertrag wirft das Vermögen der AHV ab?

Je grösser die Reserven, desto höher in der Regel der Ertrag. In den Jahren  2010 bis 2022 erwirtschaftete die AHV durchschnitt­lich 800 Millionen Franken aus der Anlage des Milliardenvermögens.

Ohne das Jahr 2022 läge der Durchschnitt sogar bei rund 1,2 Milliarden Franken pro Jahr. Doch 2022 war ein schlechtes Börsenjahr. Das führte zu hohen Buchverlusten auf dem Wertschriftenvermögen der AHV. Diese Verluste konnten 2023 aber wieder kompensiert werden.

Wie sehen Ausgaben und Einnahmen der AHV in den nächsten Jahren aus?

Der Bundesrat war in seinen Prognosen immer viel zu pessimistisch. So behauptete er im Jahr 2000, die AHV werde bis 2010 das ganze Vermögen aufbrauchen. Tatsächlich hatte sie Ende 2010 aber Reserven von mehr als 44 Milliarden Fran­ken.

Ende 2005 terminierte der Bundesrat das Aus der AHV aufs Jahr 2017. Fakt ist: 2017 lagen 45,76 Milliarden Franken in der AHV-­­Kasse. Im Oktober 2013 sagte das Bundesamt für So­zial­versi­cherungen per Ende 2022 Reserven von 37,15 Milliarden Franken voraus – und lag damit rund 10 Milliarden zu tief.

Das zeigt, wie schwierig langfristige Vorhersagen sind – und dass die Bundesverwaltung im Zweifel von pessimistischen Szenarien ausgeht.

Die Finanzen der AHV  werden von vielen Faktoren ­beeinflusst – etwa von der Geburtenzahl, der Zuwanderung, den Löhnen, der Anzahl Neurentner, der Lebenserwartung der Rentner, der wirtschaftlichen Produktivität, den Anlagerenditen auf dem AHV-Fonds und neuen gesetzlichen Regelungen. Niemand weiss heute, wie sich diese Faktoren bis 2040 oder 2050 entwickeln werden.

Gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve?

Ja, aber erst seit 1973. Damals wurde festgelegt, dass die AHV-Reserven «in der Regel nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken» dürfen. Das freut vor allem Banken und andere Vermögensverwalter, die so von riesigen AHV-Anlagen profitieren können.

Bundesrat und Parlament wollten diese Regel schon mehrmals abschwächen. So etwa im ersten Anlauf zur 11. AHV-Revision: Ein Gutachten im Auftrag des Bundes war zum Schluss gekommen, dass Reserven im Umfang von 45 Prozent einer AHV-Jahresausgabe genügen würden. Der Bundesrat schlug 70 Prozent vor, das Parlament folgte ihm. Die Revision scheiterte in der Volksabstimmung von 2004. Klar ist: Der Gesetzes­­­arti­kel über die Höhe der AHV-Reserven liesse sich ändern: Bundesrat und Parlament könnten rasch gegen diese starre Regel vorgehen – wenn sie wollten.

Was würde passieren, wenn die Reserven aufgebraucht wären?

Die AHV-Renten werden vor allem durch Beiträge der Er­werbs­tätigen und Mehrwert­­­steuerprozente fi­nanziert. Deren Höhe könnte kurzfristig geändert werden – wie die Krankenkassenprämien.

Zudem zahlt die Bundeskasse jährlich zweckgebundene Beiträge an die AHV, etwa aus Casinogewinnen und der Alkoholabgabe. Falls nötig, könnte sich die Bundeskasse auch an der Finanzierung einer 13. AHV-­ Rente beteiligen.

Ein Blick auf die jedes Jahr bezahlten Subventionen zeigt: 2022 verteilte der Bund laut der Eidgenössischen Finanzverwaltung 48,5 Milliarden Franken. Auch bei den fixen Ausgaben ist der Bund spendabel: Im Dezember beschloss das Parlament, die Militärausgaben bis 2035 von 5,5 Milliarden auf 10,7 Milliarden Franken zu verdoppeln.

Auch die Nationalbank ist neuerdings sehr grosszügig. Bund und Kantone lässt sie zwar seit 2022 leer ausgehen. Dafür beglückt sie neu die Schweizer Banken mit Zinszahlungen für die bei ihr hinterlegten Gut­haben. Den Banken flossen so 2023 schätzungsweise 6,7 Milliarden Franken zu («K-Geld» 5/2023). Diese Umverteilung geschah ohne ­Gesetzesänderung. Sie war ein Beschluss der Nationalbank.