Baumärkte preisen ihre PVC-Vinylböden in den höchsten Tönen an. «Profitieren Sie von einer ebenso modernen wie wohnlichen Optik», wirbt etwa Hornbach für das Modell Gardner 5.0. Der Boden eigne sich für Wohn- und Schlafräume, sehe aus wie Beton und halte trotzdem warm.
Forscherinnen der ETH kamen zu einem ganz anderen Ergebnis. Sie untersuchten diesen und andere Böden in einer gross angelegten Studie auf gefährliche Stoffe. Der Vinylboden von Hornbach enthielt den verbotenen Weichmacher DEHP sowie das Gift Arsen.
Sowohl Arsen als auch der Weichmacher DEHP wirken krebserregend. Zudem schädigt DEHP Leber, Hoden, Nieren und das Hormonsystem.
Das Gift ist seit 2015 verboten und dürfte seither nicht mehr in einer Konzentration von über 0,1 Gewichtsprozenten in Vinylfussböden enthalten sein. Das war aber beim Gardner 5.0 der Fall.
Die giftigen Weichmacher bleiben nicht in den Böden.
Sie gelangen von dort auch in die Umgebungsluft. Sie haften an Staubpartikeln und werden von Menschen aufgenommen. Krabbelnde Kleinkinder sind diesen Stoffen besonders stark ausgesetzt, wie Studien nachwiesen.
Auch in PVC-Böden aus anderen Baumärkten fanden die Forscherinnen heikle Stoffe. Jumbo bewirbt beispielsweise den Vinylboden «Home and More Stein hell»: Er fördere eine «angenehme Raumatmosphäre», bringe eine «warme Ausstrahlung» in das Zuhause und sorge für eine «sofortige Aufwertung» des Wohnbereichs. Unter dem Strich «eine ausgezeichnete Wahl für Deinen Wohnkomfort».
Die Analyse der ETH ergab dagegen: Der Boden enthielt den verbotenen Weichmacher DEHP sowie andere Weichmacher, die zwar nicht verboten sind, aber als besorgniserregend eingestuft werden. Auch «Home and More Stein hell» hätte nicht verkauft werden dürfen.
Oft Hauptquelle von Wohngiften
Die ETH-Wissenschafterinnen hatten 2021 in Baumärkten und einem Zulieferbetrieb 150 gängige Böden gekauft und auf schädliche Inhaltsstoffe untersucht. Denn bekannt ist: Vinylböden sind oft die Hauptquelle von Wohnraumgiften.
Die einzelnen Resultate der im Januar erschienenen Untersuchung: Jeder sechste PVC-Vinylboden in der Stichprobe enthielt den verbotenen Weichmacher DEHP in einer Konzentration von über 0,1 Gewichtsprozenten. Jeder dritte untersuchte Boden enthielt besorgniserregende Chemikalien. Zudem fanden die Forscherinnen auch Giftstoffe wie Arsen, Chrom, Nickel und Blei.
Gifte aus rezyklierten Vinylböden
Den Baumärkten war die Studie nicht bekannt. Sie erfuhren erst vom K-Tipp, wie belastet ihre Vinylböden sind. Jumbo führt heute noch drei Modelle im Angebot, die in der ETH-Analyse von 2021 den verbotenen Weichmacher DEHP enthielten.
Jumbo reagierte auf die K-Tipp-Recherche, stoppte den Verkauf der problematischen Böden und liess sie im Labor neu untersuchen. Resultat: Die Böden enthielten keine heiklen oder verbotenen Stoffe mehr.
Auch Hornbach hatte einige Vinylböden im Verkauf, die verbotene oder besorgniserregende Chemikalien enthielten. Einige verkauft der Baumarkt heute noch. Er schreibt dazu: Andere Prüfberichte des TÜV Rheinland hätten bisher nicht ergeben, dass verbotene Weichmacher eingesetzt würden. Aber: «Wir haben umfangreiche Massnahmen zur Prüfung der Produktequalität der genannten Böden angestossen.»
Die ETH-Forscherinnen gehen davon aus, dass viele gesundheitsschädliche Stoffe über das Recycling alter Böden in die neuen gelangen. Neue Vinylböden enthalten zwischen 5 und 80 Prozent wiederverwendete Stoffe. Das Problem: Rezyklierter Plastik lässt sich nicht einfach reinigen und nur begrenzt erhitzen. Giftige Chemikalien wie Weichmacher bleiben im Kreislauf und gefährden die Gesundheit.
Kurt Röschli, Präsident des Verbands der Plastikrecycler sowie des Verbands der PVC-Industrie, schreibt dazu: PVC-Böden würden heute nicht in der Schweiz hergestellt. Und: Produkte, die aus dem Ausland kommen, könne man nicht kontrollieren.