Wer keine Pestizide will, muss Bio kaufen
Auch Schweizer Erdbeeren enthalten Pestizidrückstände. Rückstandsfrei sind nur 5 von 16 Proben, darunter alle getesteten Bio-Beeren.
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saldo 12/2007
27.06.2007
Jeannette Büchel
Die Haltung der Konsumenten ist klar: Sie wollen keine Pestizidrückstände in ihrem Essen.
In einer aktuellen Umfrage von Greenpeace Deutschland wollten 71 Prozent der Befragten, dass Obst und Gemüse ganz frei von Rückständen sind.
saldo wollte wissen, wie es um die Pestizidbelastung der Schweizer Erdbeeren bestellt ist, und liess Mitte Mai 16 Proben Erdbeeren im Labor analysieren. Eingekauft wurden die Früchte bei Grossverteilern, an Marktständen und in Bio-Läden in Basel, Be...
Die Haltung der Konsumenten ist klar: Sie wollen keine Pestizidrückstände in ihrem Essen.
In einer aktuellen Umfrage von Greenpeace Deutschland wollten 71 Prozent der Befragten, dass Obst und Gemüse ganz frei von Rückständen sind.
saldo wollte wissen, wie es um die Pestizidbelastung der Schweizer Erdbeeren bestellt ist, und liess Mitte Mai 16 Proben Erdbeeren im Labor analysieren. Eingekauft wurden die Früchte bei Grossverteilern, an Marktständen und in Bio-Läden in Basel, Bern, St. Gallen und Zürich.
Das Kantonale Labor Zürich suchte nach rund 300 Pestizidwirkstoffen und entdeckte Rückstände von insgesamt 17 verschiedenen Substanzen. Erfreulich: Die gefundenen Mengen lagen weit unter den gesetzlich tolerierten Höchstwerten. Aus diesem Grund erhielten alle Erdbeeren im Test mindestens das Gesamturteil «genügend».
Aber: Es ist auch möglich, Beeren ohne den Einsatz von Pestiziden zu produzieren. Das zeigen die sehr guten Ergebnisse der drei Bio-Erdbeeren sowie zweier Erdbeeren aus Integrierter Produktion.
Rückstände: Das Labor fand vor allem Fungizide
Nasses und kaltes Wetter kann den Erdbeerkulturen zusetzen. Damit die empfindlichen Früchte keine Krankheiten entwickeln, setzen die Produzenten pilztötende Mittel ein. Bei den meisten der gefundenen Rückstände handelt es sich denn auch um sogenannte Fungizide.
Anders die Bio-Bauern. Sie kämpfen nicht mit chemischen Mitteln gegen die Pilzkrankheiten, sondern mit Handarbeit. Zum Beispiel, indem sie ihre Erdbeeren auf Dämmen anbauen, wo sie besser durchlüftet werden, und indem sie die faulen Beeren regelmässig ablesen.
Einige Beerenproben waren gleich mit mehreren Pestiziden belastet. So enthielten die Erdbeeren des Marktstandes Zenglein in St. Gallen Rückstände von nicht weniger als acht Substanzen. Die Beeren der Coop-Filiale Spitalgasse in Bern enthielten Rückstände von sechs Pestiziden. Produzenten begründen den Einsatz von mehreren Pestiziden damit, dass sie jeden Schädling oder jede Krankheit mit anderen Mitteln bekämpfen müssen. Das sei sinnvoll, damit sich - ähnlich wie beim Einsatz von Antibiotika - keine Resistenzen bilden können. Wie sich solche Pestizid-Cocktails allerdings auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt auswirken, ist noch weitgehend unklar.
Eingesetzte Pestizide verunreinigen auch das Trinkwasser
Dass der Einsatz von Pestiziden problematisch ist, lässt sich am Beispiel von Euparen zeigen. Mitte März verbot das Bundesamt für Land-wirtschaft (BLW) den Einsatz dieses Mittels. Einzig Erdbeerproduzenten dürfen es weiterhin einmal jährlich einsetzen. Es sei das einzige wirksame Mittel, um die Lederfäule zu bekämpfen. Verboten hat das BLW den Einsatz, weil der Wirkstoff in das Grundwasser gelangen und bei der Trinkwasseraufbereitung giftige Nitrosamine bilden kann. «Ein Gesundheitsrisiko kann beim Trinkwasserkonsum nicht ausgeschlossen werden», schreibt die Behörde. Vier Proben enthielten Rückstände dieses Pestizids: Die Erdbeeren von Migros Hauptbahnhof, Zürich, Coop Bellevue, Zürich, Früchte Stöckli, Stadtmarkt Basel, und Marktstand Zenglein, St. Gallen.
saldo hat die Verkaufsstellen über die Ergebnisse informiert. Coop-Sprecher Takashi Sugimoto schreibt: «Generell sind die nachgewiesenen Werte als sehr tief zu beurteilen. Somit halten alle Proben die gesetzlichen Anforderungen ein.» Hansruedi Brunner, der seine Beeren an den Marktstand Stöckli in Basel liefert: «Euparen hat die Stängelfäule auf ein erträgliches Mass reduziert. Diese Krankheit hat null Toleranz beim Handel und die kleinste Infektion zeigt sich im Geschmack der Beeren.» Migros verweist darauf, dass die Konzentrationen der gefundenen Pestizide sehr tief seien und sowohl die Migros-internen wie auch die Vorgaben der Lebensmittelgesetzgebung einhalten würden.
Nicht nur beim Pestizidgehalt, auch im Preis unterscheiden sich die Erdbeeren. Die günstigsten Früchte mit Fr. 4.80 für 500 Gramm verkaufte die Migros in Basel, am teuersten mit Fr. 8.90 war der Bio-Supermarkt Yardo in St. Gallen. Ein Grossteil des Verkaufserlöses fliesst in den Handel. Die Produzenten erhalten nämlich im Schnitt nur Fr. 2.90 pro 500-Gramm-Schale Erdbeeren, Bio-Bauern rund 4 Franken.
Anbau: Hors-sol-Produktion wird nicht deklariert
Gerade bei Erdbeeren lohnt sich der Gang zum Produzenten: Im Hofladen oder selbstgepflückt sind sie nicht nur frischer, sondern wesentlich günstiger als beim Händler. Beim Bauern kann man sich auch aus erster Hand über die Anbauart informieren. Denn viele Erdbeeren halten nicht, was ihr Name verspricht:
Sie werden nicht in Erde, sondern in Hors-sol-Kulturen angebaut. Dabei stecken die Wurzeln der Beeren in einem Substrat und werden mit Nährlösung versorgt. Besonders ärgerlich: Deklariert werden muss die Hors-sol-Produktion nicht.
Früchte immer waschen
Früchte sollte man vor dem Essen unbedingt waschen. Allein schon aus hygienischen Gründen, um sich nicht mit Salmonellen oder dem Fuchsbandwurm aus dem Kot von Tieren zu infizieren.
Wasserlösliche Pestizide lassen sich beim Waschen teilweise entfernen. Viele Pestizide wirken jedoch über die Zellen der Pflanzen - in diesem Fall nützt Waschen nichts.