Seit Anfang Jahr müssen die Konsumenten auf jede Kilowattstunde Strom, die sie verbrauchen, eine Abgabe von 1,1 Rappen zahlen. Das ist fast doppelt so viel wie bisher. Bis Ende 2014 lag diese Abgabe zur Förderung der erneuerbaren Energien bei 0,6 Rappen.

Laut dem Bundesamt für Energie braucht ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt pro Jahr 5000 Kilowattstunden Strom. Dieser Haushalt zahlt deshalb neu 55 Franken Abgabe statt wie bisher 30 Franken.  

Auf der Stromrechnung ist der Betrag als «Kosten­deckende Einspeisevergütung» (KEV) ausgewiesen. Das Geld erhalten die Betreiber von Wind-, Solar- oder Biomassekraftwerken. Der Bund will damit die Energiewende fördern. Der Bundesrat darf die Abgabe in ­Eigenregie auf bis zu 1,5 Rappen pro Kilowattstunde erhöhen. Ein Durchschnittshaushalt würde so 75 Franken pro Jahr bezahlen. 

Erfolg für Stromlobby in Ständeratskommission

Dieses Abgabesystem hat das Interesse der Stromba­rone geweckt: Über die Stromrechnung wollen sie den Konsumenten zusätzlich 2,75 Milliarden Franken abpressen. Das ­Konzept präsentierten die Strom-Lobbyisten der zuständigen Ständeratskommission. Jetzt rechnet das Bundesamt für Energie die Modelle durch, wie das Amt bestätigt. 

Konkret: Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen will den Konsumenten pro Kilowattstunde zusätzlich 1 Rappen abknöpfen. Damit soll die Wasserkraft gefördert werden. Dies bestätigt ein Verbandssprecher. Ein Haushalt soll im Durchschnitt zusätzlich 50 Franken pro Jahr an die Betreiber von Wasserkraftwerken abliefern. Das sind in vielen Fällen die vier grossen Stromkonzerne Alpiq, Axpo, BKW und Re­power.

Strombranche klagt auf hohem Niveau

Der Verband der Strom­unternehmen behauptet, die Wasserkraftproduktion sei heute unrentabel – wegen der tiefen Strompreise auf dem europäischen Markt. Doch die Strom­branche klagt auf hohem Niveau: Allein zwischen 2008 und 2012 zahlte sie 5,28 Milliarden Franken Dividenden an die Aktionäre und überwies der öffentlichen Hand 1,14 Milliarden Franken ­Gewinne, wie die Eidgenös­sische Elektrizitätsstatistik zeigt. 

Selbst die wirtschaftsfreundliche Lobby Avenir Suisse hält nichts von Subventionen für bestehende Wasserkraftwerke: «Statt von den tiefen Markt­preisen zu profitieren, müssen nun inländische Ver­braucher die Kosten für ­einen Subventionsmechanismus tragen: Ganz nach dem Motto: Bei hohen Preisen profitieren die Wasserkraftbetreiber, bei tiefen auch», kritisiert Urs Meister.

saldo hat die Geschäftsberichte von elf grossen Wasserkraftwerken ausgewertet: die Engadiner Kraftwerke AG, die Kraftwerke Oberhasli BE, Hinterrhein GR, Vorderrhein GR, Linth-Limmern GL, Blenio TI, Maggia TI, Birsfelden BL, Zervreila GR, Ilanz GR und die Walliser Grande Dixence SA. Alle Gesellschaften weisen im vergangenen Geschäftsjahr einen Gewinn aus. Zehn von elf Wasserkraftproduzenten zahlen gar eine Dividende. 

Insgesamt machten die elf Gesellschaften im letzten Jahr Gewinne von 51 Millionen Franken und schütteten Dividenden von 38 Millionen Franken aus. 

Behauptungen sind nicht überprüfbar

Die Stromkonzerne sagen, Gewinne und Dividendenzahlungen der Geschäftsberichte würden nichts über die tatsächliche Rentabilität aussagen. Die Dividende sei vertraglich geschuldet und entspreche einer politisch gewünschten Kapitalverzinsung zugunsten der Bergkantone.  

Folge: Es gibt keine beglaubigten Rentabilitäts­angaben zur Wasserkraft. Auch Alpiq, Axpo, BKW und Repower weisen im ­Geschäftsbericht keine gesonderten Zahlen zur Wasserkraft aus. Dass sie un­rentabel sei, bleibt eine unüberprüfbare Behauptung. Solange das so ist, braucht es auch keinen «Wasser­rappen».