National- und Ständerat streiten zurzeit über eine Reform der Altersvorsorge. In drei Punkten aber sind sich fast alle Parlamentarier einig: in ihrem Glauben, dass es der AHV und den Pensionskassen schlecht geht, dass die Lebenswartung ständig steigt und dass die Tiefzinsphase keine guten Renditen auf dem Altersguthaben erlaubt.
Die Politiker prognostizieren deshalb finanzielle Engpässe bei der AHV und den Pensionskassen. So wollen sie bei den Versicherten Ängste wecken, damit diese höhere Lohnabzüge und tiefere Renten akzeptieren.
Tatsache ist aber: AHV und Pensionskassen geht es so gut wie noch nie. Die AHV verfügte Ende 2015 über 44,2 Milliarden Franken an Reserven. Im Jahr 2000 waren es noch 22 Milliarden. Pensionskassen und Versicherungen horten in der 2. Säule 116 Milliarden Reserven – Geld, das nicht für Renten oder Kapitalauszahlungen reserviert ist («Saldo» 4/2017).
Dazu kommt: Der Anstieg der Lebenserwartung hat sich in den letzten Jahren deutlich abgeschwächt. 2015 war sie sogar rückläufig: Ein 65-Jähriger hatte gemäss Bundesamt für Statistik eine Lebenserwartung von 19,2 Jahren – 2014 waren es noch 19,4 Jahre. Für 65-jährige Frauen nahm die Lebenserwartung ebenfalls um 0,2 Jahre ab.
Gute Renditen trotz Tiefzinsphase
Trotz anhaltender Tiefzinsphase erzielten die Pensionskassen auf den Altersguthaben der Erwerbstätigen und Rentner gute Renditen – auch letztes Jahr. Eine Umfrage des K-Tipp bei 15 grossen Kassen zeigt: Sieben erzielten eine Rendite von 5 Prozent oder mehr. Unter den zehn grössten Kassen erreichten vier eine Rendite von über 5 Prozent (siehe Grafik im PDF).
Über die ganze Branche betrachtet dürfte die letztjährige Rendite nach Schätzungen von CS und UBS bei mindestens rund 3,5 Prozent liegen. In den letzten fünf Jahren betrug die Durchschnittsrendite rund 5 Prozent.
Pensionskassen und Lebensversicherer verwalteten im Jahr 2015 für Erwerbstätige und Rentner ein Vorsorgekapital von rund 976 Milliarden. Rechnerisch haben sie demnach einen Ertrag von über 34 Milliarden erzielt. Von dieser Rendite blieb allerdings ein grosser Teil bei den Kassen. Denn sie verzinsen das Altersguthaben der Erwerbstätigen weit tiefer: Letztes Jahr mussten sie nur 1,25 Prozent Rendite weitergeben. Die Differenz zu den erwirtschafteten Milliarden landete in den Reserven. Deshalb steigen diese von Jahr zu Jahr (siehe Grafik im PDF). Die meisten angefragten Kassen verzinsten die Altersguthaben letztes Jahr nur zum Mindestzinsfuss. Dieses Jahr beträgt er nur noch 1 Prozent.
Für die Erwerbstätigen sind die tiefen Mindestzinsen schlecht: Je mickriger das Guthaben bis zur Pensionierung verzinst wird, desto tiefer sind im Alter Kapital und Rente.
Immerhin: Einige Pensionskassen verzinsten die Guthaben im obligatorischen Teil letztes Jahr über dem Minimum. So etwa Roche mit 2,5 Prozent, Profond mit 2,25 Prozent und VSAO mit 2 Prozent.