Die Sünder bleiben im Dunkeln

Die Kantonslabors kontrollieren alle Betriebe, die Lebensmittel verarbeiten oder verkaufen. Die Resultate können aber noch so schlecht sein – die Konsumenten erfahren nicht, welche Produkte oder Beizen mangelhaft sind.

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K-Tipp 05/2013

13.03.2013

Beatrice Walder K-Tipp

Die Meldungen liessen in den letzten Monaten aufhorchen:

Das Kantonslabor Zürich untersuchte Ende 2012 Baby-Milchpulver – und fand erhöhte Mengen an Kunststoffrückständen. Wie hoch die Rückstände waren und in welchen Produkten sie sich fanden, erfuhren besorgte Eltern jedoch nicht.
51 von 189 Getränken aus Automaten waren laut dem Aargauer Kantonslabor stark verkeimt, einige überschritten den Toleranzwert um das ...

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Die Meldungen liessen in den letzten Monaten aufhorchen:

Das Kantonslabor Zürich untersuchte Ende 2012 Baby-Milchpulver – und fand erhöhte Mengen an Kunststoffrückständen. Wie hoch die Rückstände waren und in welchen Produkten sie sich fanden, erfuhren besorgte Eltern jedoch nicht.
51 von 189 Getränken aus Automaten waren laut dem Aargauer Kantonslabor stark verkeimt, einige überschritten den Toleranzwert um das Zehnfache. Auch hier: Welche Automaten betroffen waren, bleibt geheim.
In 8 von 40 Bio-Getreideprodukten und -Dörrfrüchten fand das Kantonslabor Basel-Stadt das Insektizid Phosphin. Dieser Stoff kann Kreislaufprobleme, Erbrechen und Durchfall auslösen. Welche Produkte das waren, wurde verschwiegen.
Alle Kantonslabors nahmen letztes Jahr Glaces aus Restaurants, Cafés und Strassenständen unter die Lupe. Im Kanton Bern war jede sechste Probe zu stark vekeimt. Mehr erfuhren die Konsumenten nicht.

Warum diese Nichtinformation? Die Kantonslabors berufen sich auf das Amtsgeheimnis.

Anderer Meinung ist Francis Meier, wissenschaftlicher Mitarbeiter des eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten: «Die Konsumenten haben das Recht auf Einsicht in die Berichte der Lebensmittelkontrolleure. Und zwar gestützt auf das im jeweiligen Kanton geltende Öffentlichkeitsgesetz.» Dieses gehe der Schweigepflicht vor.

Vor einem Jahr verlangte der K-Tipp von mehreren Kantonslabors Auskunft über die Kontrollergebnisse bei Restaurants, Metzgereien und Bäckereien. Alle Labors weigerten sich, die Namen der gerügten Betriebe zu nennen.

Dass es auch ohne Heimlichtuerei vor den Konsumenten geht, zeigt der Kanton Zug: Dieser führte vor fünf Jahren als erster Kanton eine Qualitätsbescheinigung für Lebensmittelbetriebe ein. Es steht den Betrieben frei, das Resultat der kantonalen Prüfung für die Kunden sichtbar aufzuhängen. Das Konzept zeigt Wirkung. Gemäss dem Rechenschaftsbericht des Kantons Zug sank der Anteil der Betriebe mit der Bewertung «ungenügend» um 84 Prozent.

Aus Konsumentensicht vorbildlich sind die geltenden Vorschriften in Dänemark: Supermärkte, Bäckereien, Metzgereien und Restaurants werden mit Smileys bewertet.
Einen breit lachenden Smiley gibts für Betriebe ohne Beanstandungen, bei schweren Verstössen zeigen die Mundwinkel nach unten. Die Lebensmittelbetriebe müssen den Smiley im Schaufenster aufhängen. Laut dem dänischen Ministerium für Lebensmittel ist der Anteil breit lachender Smileys seit 2002 von 70 Prozent auf 87 Prozent im Jahr 2010 gestiegen.

Anne Lévy vom Gesundheitsdepartement Basel-Stadt wünscht sich ein System wie in Dänemark auch hier: «Das würde zu einer besseren Selbstkontrolle durch die Betriebe und so zu einer Verbesserung der Hygiene führen.»

Schweizer Konsumenten können aber in nächster Zukunft nicht mit dem dänischen System rechnen. Zwar debattiert der Nationalrat Mitte März über eine Änderung des Lebensmittelgesetzes. Doch der Bundesrat hat das in seinem Vorentwurf vorgesehene, dem dänischen ähnliche System gestrichen – auf Druck der Lebensmittel- und Gastrobranche sowie der SVP.

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