Die Polizei hat in meinen 37 Jahren als Autofahrer genau einmal kontrolliert, ob ich einen Führerschein habe. Die SBB kontrollieren mich als Berufspendler viermal pro Tag. Also etwa 1000 Mal im Jahr oder rund 11 000 Mal, seit ich pendle. Letzte Woche hatte ich zum ersten Mal mein Generalabo (GA) nicht dabei. Dumm gelaufen: Ich hatte es in der Sportjacke vergessen. Die Zugbegleiterin war unerbittlich. «Sie wissen, wie das geht, wenn Sie das GA nicht dabeihaben?» – «Nein, es ist eine Premiere», sagte ich und fügte an: «Seit 11 Jahren passiert mir das zum ersten Mal.» Ich hoffte auf etwas Milde. «Haben Sie einen ­Ausweis?» Der Computer im fernen Kundencenter in Brig bestätigt, dass Peter Salvisberg ein gültiges GA besitzt. «Kostet 5 Franken. Sie können das jetzt bar bezahlen oder am Schalter – was hätten Sie lieber?»

Rund 50 000 Franken habe ich den SBB in den letzten 11 Jahren abgeliefert, 11 000 Mal kontrollierten sie mich –  ohne jede Bean­standung. Und jetzt sollte ich 5 Franken ­zahlen? In all den Jahren als SBB-Kunde hörte ich gefühlte 1000 Mal eine Bitte um ­Verständnis, wenn wieder einmal eine Zugtüre oder eine Weiche klemmte.

Was ich lieber hätte? Liebe SBB, hier mein Vorschlag: Weisen Sie die Kontrolleure an, dass man als GA-Kunde beispielsweise ­zweimal pro Jahr das GA vergessen darf, ohne gleich eine Strafgebühr blechen zu ­müssen. Dass die SBB-Leute dem Kunden auch mal einen Lapsus ver­zeihen. Sie bunkern ja alle Kundendaten, da können Sie auch die Versäumnisse der Kunden abspeichern. Zudem: Die SBB bitten bei ihren ­eigenen ­Fehlern ja auch immer um das Verständnis der Kunden und um ­Entschuldigung. 

Übrigens: Die knallharte Zug­begleiterin hauchte dann kurz vor Zürich noch ein «Ex­cusez-nous» ins Mikrofon. Der Intercity hatte 10 Minuten Verspätung. Das hin­gegen war keine Premiere.