Bis zu 15-mal mehr als die EU-Bürger bezahlen Schweizer, wenn sie im Ausland das Handy benützen. Und einmal mehr hat es die Politik verpasst, dieser ungerechtfertigten Bereicherung der Telecomfirmen – auf dem Buckel ihrer Kunden – ein Ende zu bereiten. Die Motion der damaligen SP-Nationalrätin Ursula Wyss, die vom Bundesrat die Festlegung verbindlicher Maximalpreise beim Roaming verlangt, wurde mit 22 zu 14 Stimmen eingefroren. Das heisst: Wenn nun auch der Nationalrat dieser Sistierung zustimmt, verbessert sich für Konsumenten vorläufig gar nichts. Das Roaming-Geschäft wird erst 2014 wieder im Parlament behandelt.

Gewissensbisse bei FDP-Theiler

Mit dem faktischen Nichtentscheid hat sich die bürgerliche Mehrheit im Ständerat elegant aus der Verantwortung gestohlen. Verwunderlich ist die Verzögerungstaktik nicht. Denn die Telecomfirmen – und mit ihnen der Bund als Mehrheitsaktionär der Swisscom – machen mit dem Roaming satte Gewinne. Jährlich kassieren sie dank hoher Tarife 400 Millionen Franken zusätzlich. Entsprechend gross war auch der Einfluss der Telecom-Lobby. In der vorberatenden Ständeratskommission, die den Vorstoss von Wyss zur Ablehnung empfohlen hat, wurden die Spitzen von Swisscom, Sunrise und Orange angehört – während man Konsumentenvertreter aussen vorliess. Sie konnten nur schriftliche Stellungnahmen abgeben.

Zum Teil sitzen die Telecom-Lobbyisten auch im Ständerat selbst – zum Beispiel Konrad Graber (CVP): Der Luzerner ist im Vorstand des Schweizerischen Verbands der Telekommunikation Asut. Dieser setzt sich «gegenüber Politik und Behörden für rechtlich und wirtschaftlich optimale Bedingungen für die Branche» ein. Oder etwa der Zuger Peter Bieri (CVP): Er ist Präsident der Interessengemeinschaft Glasfasernetz, in der die Swisscom das wichtigste Mitglied ist. Eine undurchsichtige Rolle spielt Georges Theiler: Der FDP-Ständerat war als Nationalrat noch für eine Preisobergrenze. Inzwischen ist er auf die Linie seines Ratskollegen Graber umgeschwenkt: Ein staatlicher Eingriff in die Preisgestaltung sei mit seinem liberalen Gewissen absolut unvereinbar, sagte Theiler bei der Debatte in der kleinen Kammer.

Auf das Prinzip Hoffnung gesetzt

Der Glarner Ständerat This Jenny (SVP) fiel im Rat zwar mit markigen Worten auf: Die Telecomfirmen würden sich mit dem Roaming «dumm und dämlich verdienen», geisselte er. Aber auch Jenny stimmte schliesslich für die Sistierung der Motion. Fazit: Die Mehrheit der Ständeräte geht offensichtlich davon aus, dass durch den technischen Fortschritt das Problem von alleine aus der Welt geschaffen wird. Dabei wäre alles so viel einfacher, wenn Bundesrätin Doris Leuthard der Swisscom die Übernahme der EU-Höchsttarife vorschreiben würde. Dann bräuchte es den Ständerat in dieser Sache nicht mehr. Und wenn die Swisscom die Tarife senkt, müssen Sunrise und Orange wohl oder übel nachziehen.