Samuel Husner (Name geändert) reiste von Wil SG via Zürich nach Rapperswil SG. Da er noch nicht wusste, ob er auf der Rückreise über Wattwil SG oder wieder über Zürich fahren würde, kaufte er sicherheitshalber eine Tageskarte «Z-Pass-Ostwind».

Die Tageskarte gilt im gesamten Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) sowie in gut zwei Dutzend Zonen des angrenzenden Tarifverbunds Ostwind. Umso überraschter war Husner, als ihm der Kondukteur zwischen Winterthur und Zürich mitteilte, die Tageskarte sei auf dieser Strecke nicht gültig. Der Kondukteur zückte sofort den Stift, um die Personalien aufzunehmen. Doch Husner wollte zuerst wissen, was mit dem Billett nicht in Ordnung sei.

Die Kondukteure, inzwischen zu zweit, gingen nicht darauf ein. Sie drohten mit der Bahnpolizei, sodass Husner schliesslich seine Adresse angab. Die Kondukteure verdonnerten ihn zu einer Busse von 125 Franken.


Sachbearbeiter wollte Busse nicht streichen

Husner gelangte gleichentags ans SBB-Inkassocenter. Auch dort ging der ­zuständige Sachbearbeiter nicht auf sein Anliegen ein. Stattdessen bekräftigte er, dass «die Tageskarte nicht gültig war». Dennoch reduzierte er die Busse um 20 Franken. Eine Streichung komme nicht in Frage: «Dies widerspricht meinem Gerechtigkeitsempfinden.»

Husner bat nochmals um eine Erklärung, weshalb die Tageskarte nicht gültig gewesen sei. Zuerst wiederholte der Sachbearbeiter, dass Husner hätte kontrollieren müssen, ob das Billett in diesem Zug überhaupt gültig sei. Das habe er nicht getan. Und weiter: «Ihre Reise fand de facto ohne gültigen Fahrausweis statt. Ich bitte abschliessend um Ihr Verständnis, wenn ich sage, dass ich die Sache für ausgeschrieben halte. Ich werde keine weiteren Schreiben mehr beantworten.»

Aus diesem Grund schaltete Bahnkunde Husner den K-Tipp ein. Dieser fragte beim ZVV nach. Und siehe da: Der ZVV bestätigte, dass die Z-Pass-Ostwind-Tageskarte der richtige Fahrausweis für diese Fahrt gewesen sei. Doch der ZVV verwies an die SBB. Denn diese sind für Kontrolle und Inkasso zuständig.


SBB: «Das Billett war ­korrekt gelöst»

Auch die SBB bestätigten, dass das Billett «korrekt ­gelöst» war und «das Kontrollpersonal fälschlicherweise einen Zuschlag ­verlangt» habe. Die SBB strichen deshalb die Busse. Gerne hätte der K-Tipp gewusst, warum der Kondukteur trotz der gültigen Tageskarte überhaupt eine Busse ausgestellt hatte. Und warum die Busse zunächst zwar reduziert, aber nicht gestrichen worden war. Der Verdacht liegt nahe, dass die Konduk­teure die komplizierten ­Tarife selber nicht mehr verstehen.

Doch die SBB taten, was sie seit Monaten tun: Sie schwiegen. Auf diese Art protestieren sie gegen die Service-public-Initia­tive von K-Tipp und ­«Saldo».