Ulrich Gygi, SBB-Verwaltungsratspräsident, gab den Tarif durch: «Unsere Ertragskraft ist zu gering. Wir brauchen doppelt so hohe Gewinne, um die Schuldenlast zu tragen», sagte er Ende März bei der Präsentation der Zahlen zum ­Geschäftsjahr 2013.

Der düstere Befund passt nahtlos in eine ganze Reihe ähnlicher Aussagen zur Lage der Bundesbahnen, wie sie diverse Medien während der letzten Wochen veröffentlichten. Unheilschwanger war etwa die Rede von wachsenden Betriebskosten im Zuge steigender Investitionen in die Infrastruktur. Und davon, dass die SBB in den nächsten 25 Jahren bis zu 10,7 Milliarden Franken in den Ausbau überlasteter Bahnhöfe stecken müssten.

Kein Wort davon, dass die Bahnhofausbauten zu grossen Mehreinnahmen führen, wie die jährlichen Zahlen der Abteilung Immobilien zeigen: Dank grösserer Geschäftsflächen und höherer Kundenfrequenzen erwirtschafteten die SBB hier in den letzten zwei Jahren 192,4 Millionen bzw. 211,3 Millionen Franken Gewinn. Interessant gewesen wäre sicher auch ein Hinweis auf die schwarzen Zahlen in zwei- und dreistelliger Millionenhöhe, die der SBB-­Bereich Personenverkehr seit über zehn Jahren schreibt. Oder dass der Konzern­gewinn seit 2009 im Jahresdurchschnitt satte 333,5 Millionen Franken beträgt.

Fehlbetrag 2015: «Eine Momentaufnahme»

Klar ist: Tarifaufschläge werden eher akzeptiert, wenn die Öffentlichkeit glaubt, dass die Bundesbahnen in einer schwie­rigen Situation sind. Laut Verband öffentlicher Verkehr (VöV) soll der Aufschlag durchschnittlich 2,9 Prozent betragen. Alle Billette und Abos sollen teurer werden. Geplant ist dies auf den Fahrplanwechsel im Dezember. Ein Zweijahres-Halbtaxabo et­wa soll dann 340 statt 330 Franken kosten, das Generalabo 2. Klasse 3655 statt 3550 Franken. Und das Retourbillett Bern–Zürich (2. Klasse) würde knapp 

3 Franken teurer. Es kostet jetzt schon 98 Franken.

Der VöV begründet den geplanten Aufschlag damit, dass es sonst «zu ­einem auch vom Bundesamt für Verkehr bestätigten prognostizierten Fehlbetrag von 90 Millionen Franken» kommen würde. Der K-Tipp wollte vom Bundesamt wissen, welche Rechnung hinter diesen 90 Millionen steht. Konkrete Zahlen erhielt er nicht – aber die Auskunft, es handle sich um «eine Momentaufnahme, die ein­zig einen Zwischenschritt  in der Finanzierung des regionalen Personenverkehrs fürs Jahr 2015 darstellt». Nun würden die Offerten der Verkehrsunternehmen bereinigt und die kanto­nalen Budgetplanungen vorangetrieben. «Erst nach Abschluss aller Arbeiten wird sich zeigen, ob aus dem vom VöV erwähnten ‹prognostizierten Fehlbetrag› ein tatsächlicher Fehlbetrag wird.»

70 Millionen ­Mehreinnahmen

Mit anderen Worten: Ob und wie viel Geld nächstes Jahr fehlt, ist offen. Und es besteht nach den steten Gewinnen der SBB in den letzten Jahren kein Anlass zur Befürchtung, dass das Unternehmen ohne den erneuten Aufschlag rote Zahlen schreiben würde. Fest steht nur, dass man den Bahnkunden wieder einmal in die Taschen greifen will. Der Tarifaufschlag dürfte dem öffent­lichen Verkehr rund 70 Millionen Franken Mehreinnahmen einbringen. Wie viel davon in die SBB-Kasse fliesst, sagen die Bundesbahnen nicht. 

Immerhin: Der Preisüberwacher will den angekündigten Aufschlag noch kritisch überprüfen.