Jedes vierte Produkt enthält viele unappetitliche Keime
Tofu gilt als gesundes Lebensmittel. Doch eine saldo-Stichprobe zeigt: Die Produkte enthalten oft viel zu viele Keime und Bakterien.
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saldo 7/2006
12.04.2006
Jeannette Büchel
Konsumenten, die hygienisch einwandfreien Tofu kaufen wollen, greifen am besten auf pasteurisierte Produkte zurück. Bei unpasteurisierten Produkten empfiehlt es sich, den Tofu möglichst frisch zu kaufen und rasch aufzubrauchen.
Das ist eines der Ergebnisse einer saldo-Stichprobe. saldo wollte wissen, wie es um die Qualität von Tofu bestellt ist, und hat in Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich bei Grossverteilern sowie in Reformhäusern und Asia-Läden je fünf Produkte e...
Konsumenten, die hygienisch einwandfreien Tofu kaufen wollen, greifen am besten auf pasteurisierte Produkte zurück. Bei unpasteurisierten Produkten empfiehlt es sich, den Tofu möglichst frisch zu kaufen und rasch aufzubrauchen.
Das ist eines der Ergebnisse einer saldo-Stichprobe. saldo wollte wissen, wie es um die Qualität von Tofu bestellt ist, und hat in Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich bei Grossverteilern sowie in Reformhäusern und Asia-Läden je fünf Produkte eingekauft und ins Labor geschickt. Dort wurde geprüft, ob der Tofu genetisch veränderte Organismen (GVO) enthält und ob er hygienisch einwandfrei ist.
Keime: Toleranzwert bei drei Tofus um das 20fache überschritten
In den USA und in Südamerika wird häufig gentechnisch veränderte Soja angebaut, um Ertrag und Eiweissgehalt der Pflanzen zu steigern. Erfreulicherweise fanden sich in keiner der Tofu-Proben GVO-Rückstände, obwohl Soja häufig aus Ländern importiert wird, in denen der Gentech-Anbau weit verbreitet ist.
Anders sieht die Situation in Sachen Hygiene aus: 6 der 25 Proben enthielten viel zu viele Keime und Bakterien. Um die hygienische Qualität des Tofus zu beurteilen, wurden unter anderem die aeroben mesophilen Keime (die sich in Anwesenheit von Luft vermehren können) sowie die Enterobakterien gemessen. Die aerobe Keimzahl gilt als Mass für den allgemeinen mikrobiellen Zustand eines Lebensmittels. Diese Keime sind nicht gesundheitsgefährdend, sie sagen aber etwas aus über die Haltbarkeit eines Lebensmittels.
Laut der Schweizerischen Hygieneverordnung soll unpasteurisierter Tofu nicht mehr als 10 Millionen aerobe mesophile Keime pro Gramm (KBE/g) enthalten. Liegen die Keimzahlen über dem Toleranzwert, deutet das auf schlechte Ausgangsprodukte, unsaubere Produktion oder falsche Lagerung hin. Drei Tofus überschritten diesen Wert um mehr als das Zwanzigfache: Osoja Tofu Frais Bio von Maison du Tofu, gekauft bei Globus in Bern, sowie zwei Tofu-Proben von Ob Thuy, die in Asia-Läden in Luzern und Zürich gekauft wurden. Die beiden Tofus von Engel Tofu lagen sieben- respektive anderthalbmal über dem Toleranzwert.
Enterobakterien: Nur starkes Erhitzen bannt Erkrankungsgefahr
Enterobakterien kommen im menschlichen und tierischen Darm vor, aber auch in Pflanzen. In erhitzten Produkten wie Tofu sollten sie eigentlich nicht mehr vorhanden sein. Wenn man sie trotzdem findet, kann das zwei Gründe haben: Entweder wurde der Tofu ungenügend erhitzt oder er wurde nachträglich verunreinigt, zum Beispiel beim Schneiden oder Abpacken.
Viele Enterobakterien-Arten können Durchfall auslösen. Die Schweizerische Hygieneverordnung sieht für Enterobakterien in unpasteurisiertem Tofu keinen Toleranzwert vor, die deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie empfiehlt für Tofu einen Richtwert von 10 000 KBE/g. Unglaublich: Der Osoja Tofu Frais Bio aus dem Globus Bern liegt um das 3000fache über diesem Richtwert. Auch der Tofu von Ob Thuy, gekauft in Basel, enthält 60-mal mehr Bakterien als toleriert. Wird der Tofu beim Kochen genügend erhitzt, sterben die Enterobakterien ab. Somit verschwindet auch die Gefahr einer Erkrankung - unappetitlich sind solch hohe Werte aber allemal.
«Wir werden uns mehr auf die Hygiene konzentrieren»
saldo hat die Hersteller über die Ergebnisse der Stichprobe informiert. Alfonso Martinez vom Maison du Tofu, welches den Osoja Tofu Frais Bio herstellt, versichert, dass er den Tofu dreimal pro Monat im Labor kontrollieren lasse. Gemäss diesen Analysen sei die Gesamtkeimzahl und die Anzahl der Enterobakterien nie zu hoch gewesen. Zudem werde bei der Auslieferung darauf geachtet, dass die Temperatur 5 Grad Celsius nicht überschreite.
Auch Dao Vu Thi Tuyet von der Firma Ob Thuy, welche Tofu für Asia-Läden herstellt, zeigte sich überrascht von den Ergebnissen. Sie verspricht: «Wir werden uns mehr auf die Hygiene konzentrieren.»
Überrascht war auch Paul Rippstein von der Genossenschaft Tofurei Engel: «Die hohen Keimzahlen können wir uns nicht erklären. Sie sind nicht akzeptabel, solche hohen Werte hatten wir bei unseren Untersuchungen noch nie.» Man werde die internen Abläufe nochmals überprüfen, weitere Proben im Labor analysieren lassen und, falls nötig, externe Experten beiziehen.
saldo hat auch die Verkaufsstellen über die Resultate informiert. Globus hat sofort reagiert und den Osoja Tofu Frais Bio aus dem Verkauf genommen. Eine Kontrolle habe gezeigt, dass die Kühltemperatur im Laden nicht überschritten worden sei.
Auch Thomas Vatter vom gleichnamigen Geschäft in Bern geht davon aus, dass die Kühlung im Laden in Ordnung war: «Wir können nur vermuten, dass entweder bereits beim Hersteller eine Kontamination stattfand oder die Kühlkette auf dem Weg zu uns unterbrochen war.»
Stefan Rot vom Müller Refomhaus Vital Shop AG betont ebenfalls, dass ein Sicherheitskonzept für die Hygiene bestehe und dass die Kühlung in den Filialen täglich überprüft werde.
Hygiene: Bei pasteurisiertem Tofu kein Problem
Die Stichprobe zeigt, dass vor allem bei nichtpasteurisiertem Tofu ein Hygieneproblem besteht. Denn sämtliche pasteurisierten Produkte von Coop, Migros und Taifun schnitten gut ab. Das Amt für Lebensmittelkontrolle der Kantone Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Glarus und Schaffhausen hat 1997 Tofu untersucht und gelangte bereits damals zum selben Ergebnis: In unpasteurisierten Produkten konnten sehr hohe Keimzahlen nachgewiesen werden, vereinzelt sogar potenziell krank machende Keime. Im Untersuchungsbericht heisst es: «Bei den meisten Produzenten von nichtpasteurisiertem Tofu besteht Handlungsbedarf.»
Ob Thuy Tofu: Viel zu lange Verbrauchsfrist
Handeln will zumindest die Tofurei Engel: Man wolle neue Lagertests durchführen und allenfalls das Mindesthaltbarkeitsdatum anpassen, das derzeit zwei Wochen beträgt. Die Hersteller können das Ablaufdatum nach eigenem Gutdünken festlegen, denn das Gesetz macht diesbezüglich keine Vorschriften. Es besteht lediglich die Auflage, dass am Ende der Frist das Produkt noch einwandfrei sein muss. Manche Produzenten setzen die Verbrauchsfrist viel zu lange an: Bei Ob Thuy beträgt sie volle vier Wochen - mit dem Ergebnis, dass alle drei Proben dieser Firma bereits eine Woche vor dem Ende des Ablaufdatums massiv zu viele Keime enthielten.
Teure Produkte sind qualitativ nicht besser
Einmal mehr zeigte die Stichprobe, dass der Preis kein Qualitätskriterium ist. Denn ausgerechnet der teuerste Tofu von Globus - 100 Gramm kosten Fr. 2.45 - enthielt weitaus am meisten Keime. Auch Coop verlangt für den Délicorn-Tofu stolze 2 Franken pro 100 Gramm, während manche Produkte aus dem Bio-Laden deutlich günstiger sind.
Diese Tofu-Proben waren einwandfrei
Basel
Coop City Pfauen: Bio Tofu Nature Délicorn (Fr. 2.-/100 g)
Migros Schützenmatt: Tofu Nature Bio, Soja Line (Fr. 1.28/100g)
Vitalis AG, Güterstrasse: Taifun Demeter-Tofu (Fr. 1.43/100g)
Höhener's biologische Lebensmittel, Schützenmattstrasse: Taifun Tofu traditionelle Herstellung (Fr. 1.40/100g)
Bern
Coop Marktgasse: Bio Tofu Nature, Délicorn (Fr. 2.-/100 g)
Migros Marktgasse: Tofu Nature Bio, Soja Line (Fr. 1.28/100g)
Loeb, Spitalgasse: Tofu Nature Bio, Futur Naturprodukte (Fr. 1.70/100g)
Luzern
Migros Waldstätter: Tofu Nature Bio, Soja Line (Fr. 1.28/100g)
Globus: Demeter Tofu Nature, Tofurei Pfannenstiel (Fr. 2.31/100g)
Coop Winkelried: Bio Tofu Nature, Délicorn (Fr. 2.-/100 g)
Grabemärt, Grabenstrasse: Taifun Demeter-Tofu (Fr. 1.43/100g)
St. Gallen
Migros Grossacker: Tofu Nature Bio, Soja Line (Fr. 1.28/100g)
Coop Gallusmarkt: Bio Tofu Nature, Délicorn (Fr. 2.-/100 g)
China-Vietnam-Shop, Singenbergstrasse:
To Fou Extra Fin (Fr. -.79/100g)
Reformhaus Müller, Spisergasse: Soyana Tofu Bio (Fr. 1.48/100g)
Zürich
Nishi's Japan Shop, Schaffhauserstrasse: Morinaga Tofu Firm (Fr. -.98/100g)
Coop Milchbuck: Bio Tofu Nature, Délicorn (Fr. 2.-/100 g)
Migros Stadelhofen: Tofu Nature Bio, Soja Line (Fr. 1.28/100g)
Bio-Laden Paradiesli, Seefeldstrasse: Taifun Seidentofu Demeter (Fr. 1.30/100g)
Herstellung: Von der Sojabohne zum Tofu
Tofu ist ein uraltes Nahrungsmittel - das erste Rezept dafür stammt aus dem 2. Jahrhundert vor Christus. Heute gehört Tofu in vielen asiatischen Ländern zu den Grundnahrungsmitteln. In Europa dient Tofu vielen Menschen als Fleischersatz, denn er enthält 12 Prozent Eiweiss, beinahe so viel wie Fleisch, das zwischen 16 und 20 Prozent Eiweissanteil hat. Im Gegensatz zu vielen Fleischsorten enthält Tofu praktisch kein Fett.
Tofu wird aus dem Eiweiss der Sojabohne hergestellt. Die Produktionsweise gleicht stark derjenigen der Käseproduktion. Die Sojabohnen werden gewaschen und mehrere Stunden in Wasser eingeweicht. Dann werden sie zu einem Püree gemahlen und aufgekocht. Nach dem Kochen wird das Püree durch ein Sieb gestrichen. So werden Sojafasern und Sojamilch getrennt.
Die Sojamilch wird mit einem Gerinnungsmittel versetzt. Bei der Käseherstellung wird dazu Lab verwendet, bei der Tofuproduktion meistens Nigari. Das ist ein aus Meersalz gewonnenes Magnesiumchlorid. Nun entsteht eine käseartige Masse: Die Sojamilch trennt sich in Tofu und Sojamolke. Der Tofu wird anschliessend gepresst, geschnitten, gekühlt und abgepackt. Die meisten Hersteller pasteurisieren ihn abschliessend noch. Um die Konsistenz des Tofu zu beeinflussen, kann die Herstellung variiert werden, zum Beispiel indem ein anderes Gerinnungsmittel (Zitronensäure oder Kalziumsulfat) verwendet wird oder in-dem der Gerinnungsprozess abgeändert wird. Der feste Tofu eignet sich eher zum Braten, der cremige Seidentofu wird meistens in Suppen oder Süssspeisen verwendet.
Da Tofu praktisch geschmacksneutral ist, eignet er sich für die unterschiedlichsten Gerichte. Entsprechend gewürzt, kann man ihn braten, backen, frittieren, kochen, räuchern oder als Suppeneinlage verwenden. Er kann kalt wie warm gegessen werden, salzig oder süss.