Blinddarm raus? 175 000 Franken!
Wer in den USA-Ferien ins Spital muss, erlebt oft eine böse Überraschung. Denn die Preise sind massiv – und völlig willkürlich festgelegt, wie eine neue Studie zeigt.
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Gesundheitstipp 07/2012
24.06.2012
Letzte Aktualisierung:
03.04.2013
Christian Egg
Es war ein Missgeschick mit Folgen. In den Florida-Ferien stolperte Hans Gertsch über eine Schwelle am Boden und kugelte sich beim Sturz die Schulter aus. Im Spital in Miami renkten sie die Ärzte wieder ein und behielten den 73-Jährigen über Nacht dort. Die Kosten für den rund 20-stündigen Spitalaufenthalt: fast 25 000 Franken.
Derart hohe Rechnungen sind in den USA keine Seltenheit. Denn bei den Spitaltarifen herrscht Wildwuchs. Forscher der U...
Es war ein Missgeschick mit Folgen. In den Florida-Ferien stolperte Hans Gertsch über eine Schwelle am Boden und kugelte sich beim Sturz die Schulter aus. Im Spital in Miami renkten sie die Ärzte wieder ein und behielten den 73-Jährigen über Nacht dort. Die Kosten für den rund 20-stündigen Spitalaufenthalt: fast 25 000 Franken.
Derart hohe Rechnungen sind in den USA keine Seltenheit. Denn bei den Spitaltarifen herrscht Wildwuchs. Forscher der Universität von San Francisco analysierten die Daten von 19 000 Patienten. Allen hatten Ärzte den Blinddarm entfernt.
Verhandeln kann sich lohnen
Das Ergebnis der Studie: Die Kosten klaffen extrem auseinander. Der günstigste Eingriff kostete umgerechnet knapp 1500 Franken, der teuerste 175 000 Franken. Gegenüber dem Fernsehsender ABC sagte Studienleiterin Renee Hsia ernüchtert: «Spitäler können verlangen, was sie wollen.»
Für Schweizer USA-Reisende ist das ein Problem. Denn die Grundversicherung der Krankenkasse zahlt höchstens das Doppelte des Schweizer Tarifs – zu wenig für die Preise mancher US-Spitäler. Fachleute empfehlen deshalb eine Zusatzversicherung, die Arzt- und Spitalkosten im Ausland abdeckt (siehe Kasten). Hans Gertsch hatte keine Zusatzversicherung. Jetzt muss er mehr als die Hälfte seiner Spitalrechnung selber zahlen, wie der «Kassensturz» berichtete.
Immerhin: Es kann sich lohnen, mit dem Spital zu verhandeln. Das Internet-Portal CNN Money berichtete über den Patienten Shane Fischer: 3000 Dollar betrug seine Spitalrechnung. Als er dort nachfragte, erhielt er 50 Prozent Rabatt. Einzige Bedingung: Er musste den Restbetrag von 1500 Dollar sofort per Kreditkarte zahlen.
Martin Rosen bestätigt, dass die Preise verhandelbar sind. Er ist Mitbegründer des US-Unternehmens Health Advocate. Es ist darauf spezialisiert, Rechnungen von Spitalpatienten herunterzuhandeln: «Meistens können wir etwas herausholen.» Rosen erklärt, weshalb die Spitäler Rabatte geben: «Sie wissen, dass viele Leute die hohe Rechnung nicht zahlen können – und sind froh, wenn sie zumindest einen Teil des Geldes bekommen.»
Auch die Helsana verhandelt regelmässig mit US-Spitälern, wenn sie deren Rechnungen begleichen muss. Susanne Henseler von der Helsana sagt: «Wir können bis zu 50 Prozent Rabatt aushandeln. Patienten ohne Zusatzversicherung sollten dem Spital sagen, dass sie die Rechnung zu einem grossen Teil selber zahlen müssen, so Henseler. «Als Selbstzahler erhält man bis zu 75 Prozent Rabatt.»
TIPPS: Auslandferien: So vermeiden Sie teure Überraschungen
- Prüfen Sie vor der Abreise, ob Ihre Zusatzversicherung Arzt- und Spitalkosten im Ausland unbegrenzt zahlt.
- Gute Leistungen bieten die Produkte von Assura, CSS, Helsana, KPT, Swica und Visana (Details siehe «K-Tipp»-Ratgeber unten).
- Beim Arzt oder im Spital: Unterschreiben Sie nichts – rufen Sie zuerst die Hotline der Krankenkasse an.
- Falls Sie keine Zusatzversicherung haben: Sagen Sie, dass Sie den Grossteil der Kosten selber zahlen.
- Fragen Sie nach Rabatt.
- Mehr Infos zu Reiseversicherungen finden Sie im neuen «K-Tipp»-Ratgeber «Richtig versichert» (377 Seiten). Zu bestellen auf Seite 34 oder unter www.gesundheitstipp.ch.