Im Schweizer Schulkochbuch «Tiptopf» steht es schwarz auf weiss: Einen Butterzopf bäckt man mit Mehl, Salz, Zucker, Butter, Hefe und Milch. Für ein Ruchbrot braucht es gar nur Ruchmehl, Salz, Hefe und Wasser. Nur: Mit solch einfachen Rezepten hat Brot aus dem Laden nicht mehr viel zu tun.
Ein kleiner Streifzug durch Coop, Migros, Denner, Aldi und Lidl zeigt: Bei Brot müssen die Konsumenten mit jeder Menge Zusatzstoffen rechnen – die zum Teil nicht harmlos sind. Fünf Beispiele:
E200 (Sorbinsäure): Der deutsche Lebensmittelexperte Hans-Ulrich Grimm sagt, der chemisch-synthetisch produzierte Konservierungsstoff habe ein allergenes Potenzial.
Verwendet wird E200 zum Beispiel in Frischback-Buttergipfeln von Aldi.
E281 (Natriumpropionat): Steht laut Grimm im Verdacht, Hyperaktivität bei Kindern zu verstärken. Ausserdem führe der Stoff möglicherweise zu Blutzuckerschwankungen.
Verwendet in Coop-Sandwichbrötli, M-Classic-Semmeli, M-Budget-Frischback-Brötchen.
E300 (Ascorbinsäure): Künstliches Vitamin C, gemäss Grimm chemisch-synthetisch hergestellt oder von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert.
Verwendet im Migros-Alpenbrot Terrasuisse, Denner-Tessinerbrot, in Coop-MiniSandwichbrötli, Coop-Butterweggli.
E330 (Zitronensäure): Bei grösseren Mengen E330 nimmt der Darm laut dem deutschen Lebensmittelchemiker Udo Pollmer einfacher unerwünschte Metalle auf, zum Beispiel Aluminium und Blei. Die künstliche Zitronensäure wird mittlerweile in sehr vielen Lebensmitteln eingesetzt.
Verwendet in Lidl-Butterzopf, Aldi-Laugencroissants zum Aufbacken.
E412 (Guarkernmehl): Pollmer warnt, E412 beeinträchtige die Verdauung. Der Stoff steht zudem im Verdacht, allergische Reaktionen auszulösen.
Verwendet in Migros-Buttergipfeln, Migros-Wellnessbrötli, Migros-Bio-Butterzopf, Denner-Tessinerbrot.
Eine Anfrage des K-Tipp bei den Grossverteilern ergab: Diese meist chemischen Stoffe werden eingesetzt, damit das Brot länger haltbar bleibt. Lidl schreibt, dass der Butterzopf mittlerweile ohne Zusatzstoffe hergestellt werde.
Industriell produzierte Brote enthalten laut Packungsangaben noch viele weitere Zutaten, so etwa Dextrose, Palmöl und Reisquellmehl.
Zusatzstoffe schon im Mehl
Nicht nur Grossverteiler setzen auf künstliche Helfer, sondern auch kleine und mittelgrosse Bäckereien. Dies zeigte ein Besuch des K-Tipp an der Bäckereifachmesse Ende Januar in Bern.
Alte Mehlsäcke, Maschinen und Öfen hübschten die Messehallen auf. Unter dem Begriff «Beck» gibt sich die Branche gerne natürlich. Doch: Vielen Mehlen und Backmitteln werden von vornherein Zusatzstoffe und Enzyme (siehe Kasten unten) beigefügt. Dies geht aus den Verkaufsprospekten mehrerer Mühlen hervor.
Daniel Jakob vom schweizerischen Bäckerverband gibt auf Anfrage des K-Tipp zu: «Auch in handwerklichen Bäckereiprodukten sind solche Zusatzstoffe vorhanden. Sie kommen sowohl über Vormischungen und Backmittel als auch über Mehle in die Produkte.» Im Gegensatz zu abgepacktem Brot müssen im Offenverkauf Zutaten und Zusatzstoffe jedoch nicht schriftlich deklariert werden.
Ganz wohl scheint es dem Bäckerverband aber nicht mehr zu sein. Jedenfalls hat er das Label «Naturel» ins Leben gerufen, das «ehrliche Bäckereierzeugnisse» garantieren soll.
Daniel Jakob: «Naturel-Backwaren werden nach traditionellen Produktionsverfahren, mit natürlichen Treibmitteln und ohne chemische Zusatzstoffe hergestellt.» Allerdings ist auch dort der Einsatz von Enzympräparaten erlaubt. Markus Fehlmann
Enzyme: Unsichtbare Helfer
In den meisten Broten stecken nicht nur die Zusatzstoffe, die auf der Verpackung von Gesetzes wegen deklariert sein müssen – sondern auch künstlich produzierte Enzyme. Diese verkürzen beispielsweise die Gärzeit des Teigs oder sorgen dafür, dass er nicht an den Maschinen kleben bleibt.
Wenn Enzyme als Verarbeitungshilfsstoffe eingesetzt werden, müssen sie auf der Verpackung nicht deklariert werden. So etwa das Enzym Amylase, das laut Lebensmittelchemiker Udo Pollmer für die Konsumenten «ein allergenes Potenzial» hat. Und: «Amylasen stehen unter dem dringenden Verdacht, die Entstehung des Bäckerasthmas, einer häufigen Berufskrankheit, zu begünstigen.»
Als einziger Grossverteiler deklariert Coop die eingesetzten Enzyme – jedoch ausschliesslich bei Bio-Backwaren. Grund: Bio-Suisse verlangt dies. Coop-Sprecher Ramon Gander behauptet aber: «Grundsätzlich wird auf die zusätzliche Beigabe von Enzymen wo immer möglich verzichtet.»
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