Der Migros-Manager macht eine schwierige Scheidung durch. Er lebt in einer Land­gemeinde. Die Poststelle wurde geschlossen. Neu gibts im Käsereilädeli eine Post-Agentur. Die Verkäuferin schneidet zuerst ein hübsches Stück Emmentaler ab, streift dann ihre Hygiene-Plastikhandschuhe ab und wird zur Postfachfrau. «So, Hans (Name geändert), haben wir die Scheidung endlich hinter uns?», quittiert sie die eingeschriebene Gerichtsurkunde, die der Kunde abholt. 

Der Migros-Manager ist immer noch auf­gebracht, als er mir diese Geschichte erzählt. Wir diskutieren über die Post-Agenturen, die immer mehr Postfilialen ersetzen. Die fehlende Diskretion und das lose Mundwerk der Käserfrau sind möglicherweise ein Einzelfall. Aber: Das neue «Post-Personal» wird in einer Schnellbleiche geschult. Können zwei
Halb- oder Ganztage eine dreijährige Lehre ersetzen, die ein Posthalter bisher machen musste? Sicher nicht. Aber für die Erklärung des Postgeheimnisses sollte es noch reichen (Artikel 321ter des Strafgesetzbuches).

Post-Agenturen haben einen grossen Vorteil: die Öffnungszeiten. Die Nachteile aber überwiegen. Das Angebot der Post ist dort stark ausgedünnt. Beispiele: Mehr als 500 Franken lassen sich nicht vom Konto abheben. Bar­einzahlungen sind nicht möglich, das Postfach gibts nicht mehr. 

Viele Gemeinden wehren sich deshalb da­gegen, dass ihre Postfiliale zu einer Agentur deklassiert wird. Laut Aussagen von Gemeinderäten droht die Post in solchen Fällen aber unverhohlen damit, die Post so oder so zu schliessen: «Mit einer Agentur habt ihr we­nigstens den Spatz in der Hand.» Viele Ge­meinderäte lassen sich so umstimmen. Der K-Tipp empfiehlt: Zuerst die Rechtslage gut prüfen. Denn die Post hat noch gewisse Pflichten. Je nach Fall kann man rechtlich gegen eine Schliessung vorgehen. Der K-Tipp hilft: E-Mail an info@proservicepublic.ch genügt.