Kürzlich schaute ich im Fernsehen die Wirtschaftssendung «Eco». Moderator Reto Lipp ­wollte mit SBB-Chef Andreas Meyer über die Cheflöhne sprechen. Doch Lipp biss auf Granit. 

Beim ersten Anlauf fiel ihm Meyer ins Wort und sagte: «Es geht eigentlich nicht um die Löhne der Konzernleitungsmitglieder». Beim zweiten Anlauf kritisierte Lipp, dass der Lohn des SBB-Chefs in Meyers Amtszeit um 45 Prozent ­gestiegen sei. Er kassiere nun doppelt so viel wie seine Vorgesetzte, Bundesrätin Doris ­Leuthard. Meyers Antwort: «Es geht nicht um meinen Lohn. Es geht um das ganze Lohn­gefüge.»

Beim dritten Anlauf wollte Lipp wissen, ob Meyer angesichts des anstehenden Stellen­abbaus nicht auch eine Lohnsenkung hinnehmen könnte. Meyer belehrte den Moderator: ­«Eigentlich müssten wir gar nicht so sehr über Löhne und solche Dinge miteinander ­diskutieren. Wir müssten mal etwas tiefer ­schürfen, Herr Lipp. Wir müssten mal mit­einander eine Sendung über die Mobilität der Zukunft machen.»

Ich war tief beeindruckt von Meyers Taktik: dreinreden, ablenken, belehren. Offenbar ist er geschult worden. Drei Wochen vorher hatte es gegenüber der «Berner Zeitung» noch anders ­getönt. Auch die BZ hatte ihn in einem Interview auf den Lohn von über 1 Million Franken pro Jahr angesprochen und gefragt, ob er nicht mit gutem Beispiel ­vorangehen wolle. Meyer wich zunächst aus und erklärte, dass alle SBB-Angestellten ­künftig 0,8 Prozent mehr in die Pensionskasse ein­zahlen müssten. «Da komme ich ebenso an die Kasse wie jeder ­andere auch», schilderte er ­anschliessend sein persönliches Schicksal.

Ich rechnete kurz nach: Meyer muss künftig von seinem Millionenlohn 8369 Franken mehr in die Pensionskasse einzahlen. Mir kamen fast die Tränen.