Vor zehn Jahren waren Nahrungsmittel in Dänemark, Island und Norwegen teurer als in der Schweiz. Und heute? Die kürzlich von der EU und vom Bundesamt für Statistik veröffentlichen Zahlen fürs Jahr 2015 zeigen, dass die Schweiz die Hochpreisländer im Norden inzwischen überholt hat. Konkret:
Nahrungsmittel sind in keinem der 38 untersuchten Länder auch nur annähernd so teuer wie in der Schweiz. Hier kosten sie 78 Prozent mehr als im Durchschnitt der EU-Länder. In Norwegen sind sie «nur» 58 Prozent teurer als im EU-Durchschnitt.
Fleisch: Es kostet hier sogar 152 Prozent mehr.
Obst, Gemüse und Kartoffeln: Sie sind 67 Prozent teurer.
Brot und Mehlwaren: Sie kosten 64 Prozent mehr.
Milch, Käse und Eier: Sie sind – obwohl zu einem grossen Teil in der Schweiz produziert – lediglich 48 Prozent teurer.
Keine Regel ohne Ausnahme: Elektronische Geräte kosten in der Schweiz 2 Prozent weniger als in der EU. Sie sind sogar günstiger als in Ländern wie Belgien, Griechenland, Spanien, Portugal, Serbien oder Bosnien und Herzegowina.
Coop erklärt die niedrigeren Preise bei elektronischen Geräten unter anderem damit, dass kaum Zölle erhoben würden und dass in der Schweiz «der Elektronikmarkt extrem hart umkämpft» sei. Auch die Migros schreibt, dass es «in diesem Bereich einen besonders harten Preis- und Konkurrenzkampf» gebe.
Damit ist auch gesagt: Bei Nahrungsmitteln gibt es keinen wirklichen Konkurrenzkampf. Zwar gibt es mit Aldi (seit 2005) und Lidl (2009) zwei deutsche Discounter in der Schweiz. Doch allzu viel haben sie bei den Preisen nicht bewirkt.
Zwar sagt Lidl in Werbemanier: «Seit unserem Markteintritt leisten wir unseren Beitrag täglich, um die günstigsten Preise in der Schweiz zu gewährleisten.» Und Aldi behauptet: «In den letzten drei Jahren sind die Preise über das ganze Sortiment bei uns um 6 Prozent gesunken.»
Lidl und Aldi erreichen zusammen aber nicht einmal einen Achtel des Umsatzes von Coop und Migros. Deshalb brauchen die beiden marktbeherrschenden Unternehmen keine Angst vor den deutschen Discountern zu haben.
Coop und Migros im Gleichschritt
Die Migros orientiert sich vor allem an Coop, und umgekehrt. Dafür gibt es Belege: Die Preise der beiden sind ähnlich, beide führen gleichzeitig Aktionen für die gleichen Produkte durch. Sie arbeiten mit ähnlichen Kundenbindungsprogrammen. Beide führen Sammelaktionen durch. Und letzte Woche lancierten sie gleichzeitig einen Koch- und Rezept-Klub.
Das kostet alles viel Geld. Einen Preiskampf liefern sich die Marktführer nicht. Das Nachsehen haben die Konsumenten: 2006 zahlten die Schweizer für Nahrungsmittel 46 Prozent mehr als die EU-Bürger (siehe Grafik). Zwischenzeitlich sank der Schweiz-Aufschlag auf 34 Prozent. Doch in den letzten Jahren schnellte er hoch. Mittlerweile zahlen die Schweizer 78 Prozent mehr als die Konsumenten in der EU.
Coop gibt die Schuld für diese Entwicklung dem Wechselkurs. Der Franken schoss bekanntlich im Januar 2015 in die Höhe. Laut Coop hätte der veränderte Wechselkurs «ohne die massiven Preissenkungen der Detailhändler» zu einer noch höheren Differenz geführt. Auch die Migros argumentiert mit dem Wechselkurs. Und sie schreibt: «Der Schweizer Detailhandel muss seine Produkte zu viel höheren Preisen einkaufen als seine Konkurrenten im Ausland.»
Doch überzeugend ist die Sache mit dem Wechselkurs nicht. Denn dank der Frankenstärke zahlen die Detailhändler für Importware heute klar weniger als früher. Und Migros und Coop kaufen im Ausland mehr ein als alle Einkaufstouristen zusammen.