Wein aus der Box muss nicht schlecht sein
Der gleiche Rotwein schmeckt aus dem Plastikbeutel ebenso gut wie aus der Flasche – zudem ist er meist deutlich günstiger. Guten Wein aus Beutel und Kartonschachtel gibt es schon für Fr. 3.30 pro Liter.
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K-Tipp 14/2010
06.09.2010
Letzte Aktualisierung:
08.10.2019
Darko Cetojevic
Bag-in-Box-Weine: das steht für Rebensäfte, die in dünne Plastikbeutel abgefüllt, mit einem Zapfhahn versehen und in eine Kartonschachtel verpackt sind. Discounter und Grossverteiler verkaufen in dieser Verpackung vor allem Rotweine für 3 bis 6 Franken pro Liter. Es gibt aber auch Weine für über 20 Franken pro Liter.
Hauptvorteile von Bag-in-Box-Weinen: Sie sind meist wesentlich günstiger als Flaschenweine und sollten nach dem Öffnen...
Bag-in-Box-Weine: das steht für Rebensäfte, die in dünne Plastikbeutel abgefüllt, mit einem Zapfhahn versehen und in eine Kartonschachtel verpackt sind. Discounter und Grossverteiler verkaufen in dieser Verpackung vor allem Rotweine für 3 bis 6 Franken pro Liter. Es gibt aber auch Weine für über 20 Franken pro Liter.
Hauptvorteile von Bag-in-Box-Weinen: Sie sind meist wesentlich günstiger als Flaschenweine und sollten nach dem Öffnen länger halten, weil der Zapfhahn keine Luft eindringen lässt. Können sie auch qualitativ mithalten? Der K-Tipp wollte wissen, wie diese «Plastikweine» schmecken – und ob es einen Unterschied zwischen gleichen Weinen in der Flasche und im Beutel gibt.
Eine Expertenrunde (siehe unten) hat eine Auswahl von zehn Rotweinen blind degustiert – also ohne zu wissen, was ihr vorgesetzt wurde. Das Angebot an Beutelweinen ist noch nicht sonderlich gross: Mit den neun vom K-Tipp degustierten Produkten ist fast das ganze in der Schweiz verfügbare Sortiment abgedeckt.
Selten: Ein Wein, zwei Verpackungen
Das Hauptproblem für die Konsumenten: Es ist fast unmöglich, zum Wein im Plastikbeutel den gleichen Wein in der Flasche aufzutreiben. Immerhin: Der K-Tipp fand bei Coop ein Produkt, das sowohl in der Plastik/Karton-Verpackung als auch in der Flasche angeboten wird – den Cabernet Syrah von J. P. Chenet.
Die Experten wussten bei der Degustation nicht, dass ihnen der gleiche Wein aus unterschiedlichen Verpackungen vorgesetzt wurde. Sie beurteilten den Flaschen- und den Plastik-Cabernet Syrah von J. P. Chenet durchwegs fast gleich und konnten praktisch keine Abweichung beim Geschmack ausmachen (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Für Konsumenten gibt es aber doch einen wesentlichen Unterschied: Der Wein in der Flasche ist rund ein Drittel teurer als der in der Bag-in-Box-Verpackung. Den Mehrpreis begründet Coop mit teurerem Glas und Mengenrabatt bei der Bag-in-Box. Zudem seien die Transportkosten beim Karton-Wein tiefer und das Handling weniger aufwendig.
Die Expertenrunde hat acht weitere Beutelweine – bis auf eine Ausnahme alle sehr günstig – degustiert. Die wichtigsten Resultate: Wenig überzeugend abgeschnitten haben die Plastikweine Fuego Tempranillo Mancha von Coop für Fr. 3.30 pro Liter und Tavernello Rosso/Vino da Tavola von Manor für Fr. 3.10 pro Liter. Sie bekamen ungenügende Noten.
Schlechtes Resultat für teuersten Wein
Dem teuersten Wein im Vergleich ging es nicht besser: Die Tester bzeichne-ten den «Vin en Boxe de l’an 1 de la Crise» für Fr. 23.30/Liter als «kratzend», «trocknend» und sogar «untrinkbar».
Die Erklärung von Walter Anliker von Naturata ist auch Hinweis darauf, dass Weine in Plastikbeuteln sensibler auf höhere Temperaturen reagieren: «Die degustierte Verpackung war falsch gelagert und hat in den ersten Juli-Wochen zu heiss bekommen. Das war ein verdorbener Wein, den wir anstandslos ersetzt hätten. Unsere Kundschaft hatte an diesem Wein noch nie etwas auszusetzen.»
Vier Weine schafften die Note «genügend»: Syrah VdP und Sangiovese IGT von Aldi (beide für Fr. 2.93/Liter) sowie Cabernet Sauvignon, Cep Or von Manor für Fr. 4.83 und Hola Tempranillo von Denner für Fr. 3.25.
Immerhin: Zwei der neun getesteten Bag-in-Box-Weine bekamen gute Noten: der Cabernet Sauvignon, Vin de Pays d’Oc von Denner für Fr. 3.32/ Liter und der Cabernet Syrah von J. P. Chenet von Coop. Die Fachleute bezeichneten diese Weine als zwar «einfach», aber «gut gemacht», «fruchtig» und «alles in allem okay».
Offene Bag-in-Box-Weine mögens kühl
Das Fazit der Expertenrunde: «Es gibt unter den degustierten Bag-in-Box-Weinen durchaus gute Weine. Meist handelt es sich aber um sehr einfache Weine, die in Einzelfällen – leicht bis stark – fehlerhaft sind. Dafür kann die Verpackung nichts, nur der Hersteller», bringt es Barbara Meier-Dittus, Chefredaktorin des Weinmagazins «Vinum», auf den Punkt.
Tipp: Einen angebrochenen Bag-in-Box-Wein sollte man kühl lagern. Zwar dringt nach dem Öffnen der Verpackung keine Luft ein, aber so verpackt reagiert Wein empfindlicher auf erhöhte Temperaturen.
Die Expertenrunde
Diese Weinkennerinnen und -kenner haben für den K-Tipp die besagten Weine blind degustiert:
- Barbara Meier-Dittus, Sommelière, Chefredaktorin von «Vinum» Schweiz
- Larissa Kuonen, dipl. Ingenieur-Önologin, Weingut Gregor Kuonen, Caveau de Salquenen, Salgesch VS
- Andreas Keller, Weinpublizist und Inhaber des Büros für Weininformation in Zürich
- Daniel Pulver, Weinexperte bei der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil (ACW)
- René Zimmermann, Wirt im Restaurant Neumarkt in Zürich