Mit Wasser gestreckt und voller Bakterien
Die saldo-Stichprobe zeigt: 7 von 20 Hinterschinken weisen eine überhöhte Anzahl Bakterien auf. Und bei vier Proben steckt zu viel Wasser drin.
Inhalt
saldo 11/2007
13.06.2007
Beat Camenzind
Ein Dauerbrenner bei den Kantonschemikern ist gekochter Schinken: Oft enthält er zu viel Bakterien oder Wasser. Das zeigt auch eine saldo-Stichprobe. saldo hat 9 offene und 11 abgepackte Hinterschinken vom Laboratorium der Urkantone auf Wasser und Bakterien untersuchen lassen. Resultat: 7 der 20 Schinken waren verkeimt, 4 enthielten zu viel Wasser. Der Kantonschemiker würde diese bei einer amtlichen Kontrolle beanstanden.
Jelmoli-Schinken: War am stärksten verseucht
Sieben geteste...
Ein Dauerbrenner bei den Kantonschemikern ist gekochter Schinken: Oft enthält er zu viel Bakterien oder Wasser. Das zeigt auch eine saldo-Stichprobe. saldo hat 9 offene und 11 abgepackte Hinterschinken vom Laboratorium der Urkantone auf Wasser und Bakterien untersuchen lassen. Resultat: 7 der 20 Schinken waren verkeimt, 4 enthielten zu viel Wasser. Der Kantonschemiker würde diese bei einer amtlichen Kontrolle beanstanden.
Jelmoli-Schinken: War am stärksten verseucht
Sieben getestete Hinterschinken wiesen eine überhöhte Gesamtkeimzahl auf. Der Bauernschinken Künzli von Jelmoli überschritt den in der Hygiene-Verordnung festgelegten Toleranzwert an Bakterien um das 70fache, der Modelschinken der Metzgerei Baer um das 30fache.
Weitere fünf Schinken überschritten den Toleranzwert um das 1,3fache (Migros Neumarkt) bis um das 12,4-fache (Vatter Bio-Laden). Diese Werte weisen auf unsaubere Produktion, schlechte Ausgangsprodukte oder unsorgfältige Lagerung hin. Solches Fleisch ist vermindert haltbar, eventuell sogar verdorben.
Der Modelschinken von Baer überschritt zudem den Toleranzwert für Enterobakterien um das 4fache. Das deutet auf eine ungenügende Erhitzung des Schinkens oder eine Verunreinigung des gekochten Produktes hin. Enterobakterien können beim Konsumenten Durchfall auslösen.
Die betroffenen Betriebe reagieren unterschiedlich. Laut der Firma Künzli, die den Bauernschinken an Jelmoli liefert, ist die Kühlkette «an irgendeiner Stelle» unterbrochen worden. Ähnlich argumentiert die Kauffmann AG, die Hinterschinken an die Metzgerei Lobsiger im Berner Warenhaus Loeb liefert.
Der Berner Bio-Laden Vatter hingegen fand keine Lücke in der Kühlkette. Den getesteten Schinken liefert die Langenthaler Firma Stettler, die als erste Massnahme den Schinken neu im Kühlraum verpackt.
Migros hat laut Sprecher Urs Peter Naef aufgrund der Ergebnisse die Kontrolle auf allen Stufen verstärkt, um «die Schwachstelle auszumerzen». Auch Manor will die Qualitätssicherung überprüfen und hat beim Lieferanten eine Analyse veranlasst.
Andreas Höhener von der Basler Bio-Metzgerei verspricht, den Schinken künftig weniger lang zu lagern und ihn nicht mehr auf derselben Maschine wie Fleisch zu schneiden.
Die Firma Angst, die Modelschinken an die Zürcher Metzgerei Baer liefert, hält ihre Qualitätssicherung für ausreichend. Metzger Felix Baer kritisiert die Stichprobe generell.
Zur Konservierung von Hinterschinken wird dem Fleisch Wasser mit Pökelstoff und Phosphaten zugesetzt. Beim Kochen muss das Wasser wieder weg. Der Wassergehalt darf gegenüber dem rohen Ausgangsprodukt nicht erhöht werden. Ansonsten müsste das Produkt als «gekochtes Schweinefleischerzeugnis» bezeichnet und das Wasser als Zutat auf der Verpackung deklariert werden.
Nicht erlaubt: Zusätzlich eingespritztes Wasser
Ob Schinken zu viel Wasser enthält, wird durch das Verhältnis Wasser zu Eiweiss im Fleisch ermittelt. Ist dieser sogenannte Q-2-Wert höher als 3,9, enthält der Schinken laut dem Labor der Urkantone zu viel Wasser.
Resultat der Stichprobe: Zu viel Wasser enthielten die Schinken von Migros-City (Delicarna), Manor, Carrefour und der Berner Metzgerei Steiner. Die Betroffenen verharmlosen das verwässerte Fleisch: Migros schliesst aus der «zufälligen Probeentnahme» nicht auf ein «generelles Problem». Ähnlich argumentiert Carrefour. Zudem geht Carrefour von einer höheren Toleranzgrenze aus. Metzger Christian Steiner sagt über seinen Schinken, die Menge an eingespritztem Wasser entspreche jeweils dem Verlust beim Kochen. Bei seiner Produktionsart sei ein zu hoher Wassergehalt nicht möglich.
Diese Hinterschinken schnitten gut ab
Folgende zehn Produkte der saldo-Stichprobe enthielten weder zu viel Wasser, noch war die Gesamtkeimzahl zu hoch.
Basel
- Coop Bachlette, Hinterschinken, offen, Fr. 34.-/kg
- Metzgerei Schulthess, Modelschinken, offen, Fr. 35.-/kg
Bern
- Coop Ryfflihof, Hinterschinken, abgepackt, Naturafarm, Fr. 34.13/kg
- Migros Marktgasse, Hinterschinken, abgepackt, da Ernesto, Fr. 25.-/kg
St. Gallen
- Denner Kornhausgasse, Hinterschinken, Eigenmarke, Fr. 22.50/kg
- Metzgerei Schmid, Modelschinken, offen, Fr. 37.-/kg
- Spar Spisergasse, Le Prestige Toastschinken, Fr. 28.50/kg
Zürich
- Aldi Oerlikon, Delikatess Hinterschinken, abgepackt, Fr. 22.45/kg
- Coop Bahnhofbrücke, Hinterschinken, abgepackt, Fr. 27.-/kg
- Metzgerei Kauffmann, Hinterschinken, offen, Fr. 34.-/kg