Dieselautos: Unter dem Strich teurer als Benziner
Dieselautos sind bei der Anschaffung teurer als Benziner. Dafür verbrauchen sie weniger Treibstoff. Insgesamt lohnt sich das - glauben viele. Doch das ist ein Irrtum.
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saldo 9/2007
16.05.2007
Franco Tonozzi
Der Touring Club Schweiz (TCS) hat die meistverkauften Dieselfahrzeuge der Schweiz darauf überprüft, ob sie auf Dauer kostengünstiger sind als ihre Pendants mit Benzinmotor. Entscheidend ist: Wie viele Jahre muss ein Durchschnittlicher Fahrer (15 000 km pro Jahr) mit seinem Dieselauto unterwegs sein, bis die höheren Anschaffungskosten dank des geringeren Treibstoffverbrauchs wieder wettgemacht sind? Die Antwort ist ernüchternd: in der Regel viel zu lange.
Mehrpreis sollte nach ...
Der Touring Club Schweiz (TCS) hat die meistverkauften Dieselfahrzeuge der Schweiz darauf überprüft, ob sie auf Dauer kostengünstiger sind als ihre Pendants mit Benzinmotor. Entscheidend ist: Wie viele Jahre muss ein Durchschnittlicher Fahrer (15 000 km pro Jahr) mit seinem Dieselauto unterwegs sein, bis die höheren Anschaffungskosten dank des geringeren Treibstoffverbrauchs wieder wettgemacht sind? Die Antwort ist ernüchternd: in der Regel viel zu lange.
Mehrpreis sollte nach maximal vier Jahren amortisiert sein
Beispiel Ford Focus und Renault Clio: Erst nach sieben Jahren sind die rund 3000 Franken teureren Dieselversionen dieser Modelle amortisiert (siehe Tabelle). Dieser Zeitraum entspricht dem Schnitt aller überprüften Fahrzeuge. «Sieben Jahre sind zu viel», sagt Erich Schwizer vom technischen Zentrum des TCS in Emmen. «Ein Dieselauto ist dann sehr attraktiv, wenn es den höheren Kaufpreis in zwei Jahren wieder einfährt. Immer noch attraktiv ist es, wenn das in höchstens vier Jahren geschieht.»
Vier Jahre gelten für Autokäufer, die ungefähr nach dieser Zeit ihr Fahrzeug als Occasion weiterverkaufen. Das entspricht dem Durchschnittsverhalten. Doch rund die Hälfte aller Neuwagen auf Schweizer Strassen ist geleast. Diese Fahrzeuge werden oftmals schon nach zwei Jahren zurückgegeben. Leasing ist ohnehin schon teuer. Doch mit den allermeisten Dieselautos machen die Kunden noch zusätzlich ein herbes Verlustgeschäft. Weil der Neupreis ihres Autos höher ist als der eines Benziners, zahlen sie höhere Leasing-Raten, haben aber keine Chance, diese Mehrkosten wieder hereinzuholen. Mit dem BMW 318d und dem Citroën C 3 1.6 müsste man zum Beispiel 10 Jahre herumkurven. Den Honda Civic müsste man sogar 14 Jahre fahren.
Doch den Negativrekord hält Opel: Der Astra 1.9 CDTI nötigt den Durchschnittslenker zu 21 Jahren Fahrbetrieb. Dieses Wissen dürfte zahlreichen Astra-Besitzern sauer aufstossen. Die Modellreihe gehört mit über 6300 Neuimmatrikulationen allein im letzten Jahr zu den beliebtesten in der Schweiz. Was sagt Opel zur roten Laterne? Mediensprecher Christoph Bleile erklärt, es gebe auch andere Gründe als ökonomische, einen Astra-Diesel zu kaufen, und fügt scherzhaft hinzu: «Uns ist egal, ob sich jemand für einen Benziner oder einen Diesel entscheidet. Hauptsache, er wählt einen Astra.»
Keine stichhaltigen Argumente für höheren Neupreis
Warum kosten Dieselautos eigentlich mehr? Die Hersteller machen geltend, dass die Entwicklung und Produktion von Dieselmotoren technisch komplexer und deshalb auch teurer sei als bei Benzinern. Schwizer vom TCS kennt diese Argumente, hält sie aber für nicht stichhaltig: «Die Preisunterschiede zwischen den einzelnen Marken und Modellen sind zu gross.
Allein mit der aufwendigeren Fahrzeugtechnik sind sie nicht begründbar.» Genau gleich sieht es Manfred Gross vom deutschen Automobilclub ADAC: «Wir vermuten, dass marktpolitische Steuerungsmassnahmen bei der Preisgestaltung eine Rolle spielen.»
Belegen lässt sich das am Beispiel Audi. Hier zeigt sich länderübergreifend eine Preisgestaltung, die man gewiss nicht mit den Produktionskosten erklären kann. In der Schweiz bietet Audi den Diesel A 4 2.0 mit 140 PS sogar 450 Franken billiger an als das Gegenstück mit Benzinmotor. In Italien spart man mit dem Diesel umgerechnet immerhin noch 160 Franken. In Deutschland hingegen kostet die Dieselvariante fast 2000 Franken mehr als der Benziner.
«Die Fahrzeugpreise sind historisch gewachsen»
saldo bittet den Audi-Importeur Amag um eine Erklärung. Mediensprecher Harry Meier räumt ein, dass solche Preise eher von den Marketingstrategen bestimmt sind als von den Produktionskosten: «Die Fahrzeugpreise in den einzelnen Ländern sind historisch gewachsen», sagt Meier. Die Hersteller entscheiden mit Preisdifferenzen, welche Modelle sie in einem bestimmten Markt forcieren wollen und wie sie sich im Vergleich zur Konkurrenz positionieren möchten. «Wenn ein Fahrzeug einmal eingepreist ist, bleibt nur noch wenig Spielraum für Preissenkungen oder -erhöhungen», erklärt Meier. Dieser Mechanismus spielt auch bei den Golf-Modellen von VW, gibt Amag-Kommunikationsleiter Dino Graf zu.
Die Hersteller wollen nicht, dass ein Auto plötzlich Tausende von Franken billiger wird, nur weil gesunkene Produktionskosten dank höherer Stückzahlen das zulassen würden. So nutzen Autobauer zumindest indirekt den gut verwurzelten Irrglauben ihrer Kunden, wonach sich die Anschaffung eines Diesels fast automatisch lohnt. Lag der Anteil der Dieselautos in der Schweiz im Jahr 2000 noch bei 9 Prozent, ist er jetzt auf über 31 Prozent gestiegen. Heerscharen von Automobilisten kaufen ohne es zu wissen Fahrzeuge, die sie nie und nimmer amortisieren können. Selbst zum sehr häufig gebrauchten Firmenauto taugen etliche Diesel kaum.
Käufer eines Dieselautos sollten TCS-Faustregel beachten
Die grossen Unterschiede bei der Wirtschaftlichkeit von Dieselfahrzeugen erstaunen auch Rudolf Blessing von Auto-Schweiz, der Vereinigung der Schweizer Automobilimporteure: «Offenbar machen viele Autofahrer die Rechnung beim Kauf ihres Fahrzeuges gar nicht oder zu wenig genau», so Blessing.
Benziner oder Diesel? Die Faustregel des TCS bewahrt vor einem Fehlkauf: Pro 1000 Franken, die das Dieselauto mehr kostet, muss es auf 100 Kilometer mindestens 1,5 Liter Treibstoff sparsamer sein als das Pendant mit Benzinmotor. Dann ist der höhere Kaufpreis in drei Jahren amortisiert.