Nur der Veranstalter gewinnt
Organisatoren von Verkaufsanlässen versprechen viel. So auch die Pro Vitalis AG: Sie garantiert Preise in Millionenhöhe. Ob jemand gewinnt, bleibt offen.
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saldo 8/2005
27.04.2005
Thomas Roth
Friedhelm Obermeier besitzt nicht die besten Voraussetzungen, um eine Firma zu leiten - er hat ein schlechtes Gedächtnis. Denn was die Pro Vitalis AG in Hergiswil NW genau macht, daran kann sich der Herr Direktor beim besten Willen nicht im Detail erinnern.
Das Handelsregister weiss es besser als der Firmenchef: «Organisation und Durchführung von Reisen sowie Handel mit Waren aller Art.» Obermeier mag da auf Anfrage von saldo nur noch hinzufügen, «dass wir an verschiedenen V...
Friedhelm Obermeier besitzt nicht die besten Voraussetzungen, um eine Firma zu leiten - er hat ein schlechtes Gedächtnis. Denn was die Pro Vitalis AG in Hergiswil NW genau macht, daran kann sich der Herr Direktor beim besten Willen nicht im Detail erinnern.
Das Handelsregister weiss es besser als der Firmenchef: «Organisation und Durchführung von Reisen sowie Handel mit Waren aller Art.» Obermeier mag da auf Anfrage von saldo nur noch hinzufügen, «dass wir an verschiedenen Veranstaltungen diverse Haushaltgeräte anbieten». Und Magnetfeldmatratzen? «Stimmt, solche verkaufen wir auch.»
Obermeier verkauft Haushaltgeräte und Magnetfeldmatratzen
Derartige Zurückhaltung hätte Obermeier eigentlich gar nicht nötig: Immerhin scheint seine Firma in der komfortablen Lage zu sein, bei einer Sonderziehung «Gesamtpreise von 2 Millionen Franken auszuspielen».
Diese frohe Botschaft kündigte das Unternehmen jedenfalls in einem Massenversand an - die Angeschriebenen sollen angeblich bei einem Wettbewerb der Pro Vitalis das grosse Los gezogen haben. Darunter auch Walter Weber aus Basel. «Jetzt halten Sie sich fest, Sie sind unter den Hauptgewinnern: Sie haben ohne Wenn und Aber einen unserer schönsten Preise gewonnen, die wir in der Schweiz zu vergeben haben.» Weil bei Weber «Post für Gewinnspiele aus Prinzip im Altpapier landet», verzichtete er auf die «Gewinnerparty mit Preisvergabegarantie» im Restaurant Ziegelei in Oberwil BL.
Dienstag, 19. April, Treffpunkt «Ziegelei»: Knapp 60 Personen in zwei Schichten erscheinen zum Fest von Pro Vitalis und hoffen «nach einer feierlichen Begrüssung und einer kurzen Präsentation der Produkte» auf einen Gewinn. Auf den Einladungen hatten die Teilnehmer lesen dürfen: «Beim Finalstatus, den Sie erreicht haben», gehe es «im Gewinnfall» allein bei den ersten drei Preisen um Bargeld im Wert von 1,1 Millionen Franken.
Nach zwei Stunden ist klar: Keiner geht mit einem Check nach Hause, und auch die in Aussicht gestellten wertvollen Sachpreise bleiben unter Verschluss. Immerhin gibt es etwas zu essen: «Für exakt 12 Franken pro Person», sagt die Wirtin - so laute die Vorgabe von Pro Vitalis. Die Getränke zahlen die Partygäste selbst.
Derweil vertröstet Friedhelm Obermeier enttäuschte Kunden auf kommende Veranstaltungen: «Irgendwann in den nächsten Wochen geht der erste Preis über 800 000 Franken raus», verspricht er gegenüber saldo. «Ich werde Ihnen mitteilen, wer der Gewinner ist.»
Glückliche Gewinner: Pro Vitalis kann keine Namen nennen
Schön. Der Pro-Vitalis-Chef hat auch zugesichert, «umgehend die Namen von ein paar Gewinnern zu nennen», die anscheinend ein Auto in Empfang nehmen durften. Bis Redaktionsschluss traf das versprochene Fax aber nicht ein.
So tricksen Sie die Veranstalter aus
Dutzende von Firmen locken potenzielle Kunden an Verkaufsveranstaltungen oder auf Werbefahrten, um den Teilnehmern überteuerte Produkte anzudrehen. Die Unternehmen wechseln ihre Namen praktisch im Monatstakt - die Hintermänner sind aber häufig dieselben (saldo 1/05).
Trotz aller schönen Versprechen, Geschenke machen die Verantwortlichen keine - ganz im Gegenteil. Einer der beliebtesten Tricks: Die Veranstalter verteilen Reisegutscheine für Ferien am Strand, die durch Verkaufsanlässe unterbrochen werden. Zudem müssen die «Gewinner» horrende Extragebühren oder Saisonzuschläge berappen, und Begleitpersonen werden ganz speziell zur Kasse gebeten (saldo 15/04).
Doch die Teilnehmer können zurückschlagen und die Veranstalter ärgern, wenn sie zwei Tipps befolgen:
- Viel konsumieren. Melden Sie sich bei einer Veranstaltung mit möglichst vielen Bekannten an. Essen Sie gratis, was auf den Tisch kommt, und packen Sie alle Geschenke ein - auch wenn diese noch so klein sind.
- Nichts kaufen. Hände weg von den angebotenen Produkten - sie sind allesamt überteuert. Falls Ihnen trotzdem etwas aufgeschwatzt wird, können Sie innerhalb von sieben Tagen ein Widerrufsrecht geltend machen. Wichtig: Treten Sie vom Kaufvertrag mit einem eingeschriebenen Brief zurück. Gültig ist das Datum des Poststempels.