Händler brechen das Gesetz
Elektroschrott kann bei den Händlern gratis abgegeben werden. Doch eine saldo-Stichprobe zeigt: Jeder vierte Laden hält sich nicht ans Gesetz.
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saldo 3/2005
16.02.2005
Marc Meschenmoser
Egal, ob Handys, Bohrmaschinen oder Spielzeug: Seit Anfang Januar müssen alle Verkaufsstellen Elektrogeräte zur Wiederverwertung gratis zurücknehmen - egal, wo sie gekauft wurden und ob die Marke im Regal steht. Diese Pflicht besteht seit 1998, doch bisher konnten die Läden eine Gebühr verlangen; Spielwaren sowie Bau- und Gartengeräte waren von der Rücknahme ausgenommen.
«Noch nie war die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte einfacher!», jubelte die Stiftung...
Egal, ob Handys, Bohrmaschinen oder Spielzeug: Seit Anfang Januar müssen alle Verkaufsstellen Elektrogeräte zur Wiederverwertung gratis zurücknehmen - egal, wo sie gekauft wurden und ob die Marke im Regal steht. Diese Pflicht besteht seit 1998, doch bisher konnten die Läden eine Gebühr verlangen; Spielwaren sowie Bau- und Gartengeräte waren von der Rücknahme ausgenommen.
«Noch nie war die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte einfacher!», jubelte die Stiftung Entsorgung Schweiz (Sens) zur neuen Gesetzesvorschrift. Das ist
die Theorie.
Die Praxis sieht anders aus, wie eine Stichprobe von saldo in Winterthur, Luzern und Zürich zeigt. Von zwölf besuchten Geschäften schnitten nur fünf gut ab: Ikea und Media Markt in Dietlikon ZH, Interdiscount und Foto Pro Ganz in Zürich sowie Fust in Kriens LU. Das Personal nahm alte Wasserkocher, Lampen oder CDs problemlos entgegen und informierte korrekt, dass der Elektroschrott gesammelt an Recycling-Betriebe transportiert werde. Dafür haben Konsumenten bereits beim Kauf bis 40 Franken bezahlt - mit der vorgezogenen Recyclinggebühr.
Jumbo verlangte Kaufquittungen vor der Rücknahme
In mehreren Läden hat sich das neue Gesetz aber noch nicht herumgesprochen: Im Jumbo Bau- und Gartencenter in Zürich wollte die Angestellte Bohrmaschine und Rasenmäher nur zurücknehmen, wenn sie auch dort gekauft wurden. «Bringen sie als Beweis einfach die Kaufquittung mit.»
Toys 'r' us: «Elektrospielzeug werfen wir in den Abfall»
Verweigert wurde die Rücknahme eines alten Handys bei The Phone House in Winterthur, laut Eigenwerbung «Europas grösster Handyhändler». Der Verkäufer riet, das Gerät bei der Konkurrenz zu entsorgen: «Bei uns holt niemand den Elektroschrott ab.»
«Falsch», sagt Managerin Nicole Pfäffli, der Angestellte sei schlecht informiert gewesen. «Wir sammeln alle alten Geräte zentral und lassen sie von einer Entsorgungsfirma wieder verwerten.» Inzwischen hat The Phone House alle Filialen angeschrieben, dass sämtliche Handys zurückgenommen werden müssen.
Gleich schlecht schneidet der Spielzeugriese Toys 'r' us in Dietlikon ZH ab. Dort sagte das Personal offen, Elektrospielzeug würde in den Abfall geworfen. «Ein klarer Gesetzesverstoss», gesteht Verkaufsleiter Franz Schweighofer: «Filialleiter haben die Weisung, dass Elektroschrott gesammelt und rezykliert wird. Offensichtlich ist das nicht bis zum Verkaufspersonal durchgedrungen.»
Das gilt auch für Franz Carl Weber in Winterthur. Dort konnte die Angestellte nicht sagen, ob der ferngesteuerte Zug rezykliert oder in den Abfall geworfen wird. Auch der Manor-Verkäufer in Winterthur hatte keine Ahnung, was mit alten CDs passiert. Und im Pilatusmarkt Coop in Kriens LU weiss die Linke offensichtlich nicht, was die Rechte tut: Eine Infotafel im Supermarkt macht darauf aufmerksam, dass das Entsorgen von alten Bohrmaschinen und Rasenmähern 5 respektive 30 Franken kostet. Im Coop-Baumarkt nebenan jedoch können dieselben Geräte gratis abgegeben werden.
Die zwei landesweit tätigen Sammelorganisationen Sens und Swico rezyklierten letztes Jahr rund 81 000 Tonnen Elektroschrott - dennoch gehen Fachleute davon aus, dass 10 000 Tonnen mit der Kehrichtabfuhr illegal entsorgt und die teils giftigen Stoffe verbrannt werden.
Gesetzesverstösse: Staat will «Toleranz walten lassen»
«Es gibt noch einiges zu tun», konstatiert Sens-Chef Robert Hediger. Er ist enttäuscht vom Resultat der Stichprobe: «Die Konsumenten zahlen ein hochwertiges Recycling-System und hören dann im Laden, man werfe den Elektroschrott als Abfall weg. Das ist total unqualifiziert.»
Weniger Mühe bereitet das dem Buwal als höchste Umweltbehörde. Noch wolle man laut Mathias Tellenbach «Toleranz walten lassen». Die Gesetzesverstösse seien zwar nicht gut, «doch die Regelung ist für die Spielzeug- und Werkzeugbranche noch neu». Gesetzesbruch - amtlich bewilligt.