Finanzprobleme - Hände weg von privaten Schuldensanierern
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saldo 7/2001
11.04.2001
Viele private Schuldensanierer bereichern sich an denen, die am wenigsten haben. Wer sich ihnen anvertraut, hat am Schluss oft einen noch gr?sseren Schuldenberg.
Schulden – wir helfen Ihnen schnell und diskret bei allen Schulden, auch bei Betreibungen. Nur noch 1 Rate», so empfiehlt sich beispielsweise die Z?rcher F. S. Consulting. Die TM Consult in Wil verspricht in ihren Annoncen: «Kompetente Soforthilfe f?r Private und Firmen bei offenen Rechnungen, Krediten, Betreibungen....
Viele private Schuldensanierer bereichern sich an denen, die am wenigsten haben. Wer sich ihnen anvertraut, hat am Schluss oft einen noch gr?sseren Schuldenberg.
Schulden – wir helfen Ihnen schnell und diskret bei allen Schulden, auch bei Betreibungen. Nur noch 1 Rate», so empfiehlt sich beispielsweise die Z?rcher F. S. Consulting. Die TM Consult in Wil verspricht in ihren Annoncen: «Kompetente Soforthilfe f?r Private und Firmen bei offenen Rechnungen, Krediten, Betreibungen.» Und die Fibas Treuhand in St. Gallen garantiert sogar: «Sofort sorgenfrei!»
In Zeitungen und Zeitschriften versprechen diese kommerziellen Schuldensanierer den finanziell Bedr?ngten das Blaue vom Himmel. Im Inseratenteil des «Blick» etwa sind t?glich eine ganze Reihe solcher einschl?giger Anzeigen zu finden. Die Realit?t f?r die Klienten sieht anders aus: Die kommerziellen Schuldensanierer sahnen ab, die
Schulden erh?hen sich, denn das Honorar f?r die Dienstleistung steht in einem krassen Gegensatz zum Nutzen.
Eine eigentliche Schuldensanierung findet nicht statt
Beispiel: Die bekannte Real Treuhand in Z?rich verlangt als Honorar volle zw?lf
Prozent der Schulden – f?r das regelm?ssige monatliche ?berweisen von Ratenzahlungen an die Gl?ubiger. Das ist der h?chste Honorarsatz aller von saldo angefragten Sanierer. Real-Inhaber Rolf Frischknecht rechtfertigt sich: «Am Schluss sind wir die Billigsten. Bei unseren Konkurrenten ist zwar der Grundtarif billiger, aber jeder Extragang, jedes einzelne Telefon und jeder Brief werden separat verrechnet.»
Das stimmt nicht ganz: So verlangt Frischknecht pro Gl?ubiger zus?tzlich zu seinem Pauschalhonorar je 200 Franken. Und auf der R?ckseite seiner Vertr?ge werden f?r Mahnungen, Kontoausz?ge, Gl?ubigerorientierungen oder Schreiben an Betreibungs?mter zwischen 10 und 200 Franken zus?tzlich verlangt.
Ein typisches Beispiel f?r Erfahrungen, die ?berschuldete mit Sanierern machen: Mit Schulden von 51 200 Franken wandte sich ein Ehepaar an einen St. Galler Sanierer. Nach vier Jahren und Zahlungen von insgesamt 48 200 Franken standen die beiden bei ihren Gl?ubigern immer noch mit 13 000 Franken in der Kreide.
Das kam so: Eine eigentliche Sanierung der Schulden hat gar nie stattgefunden. Die Sanierer haben lediglich die regelm?ssigen Ratenzahlungen des Ehepaars entgegengenommen und an die Gl?ubiger weitergeleitet, die Steuererkl?rung ausgef?llt und das Haushaltsbudget kontrolliert. Das ist in der Branche leider ?blich. Die Kosten daf?r aber waren schwindelerregend hoch: Gem?ss Vertrag forderten die Sanierer acht Prozent der Schuldsumme.
Zus?tzlich musste jede T?tigkeit separat berappt werden: von der Vertragserstellung (50 Franken) ?ber die Adressmutation (30 Franken) bis zur Telefongespr?chsnotiz (15 Franken). Die eigentliche Sprechzeit wurde mit 80 Franken pro Stunde verrechnet. Schlimmer noch: Die St. Galler Sanierer steckten f?r die Abwicklung des Zahlungsverkehrs weitere drei Prozent des Gesamtbetrags der laufenden Rechnungen in die eigene Tasche.
Wucherhonorare: Bis zu 40 Prozent der Schuldensumme
Wen wunderts, gab das Ehepaar in vier Jahren rund 9000 Franken aus – f?r eine Dienstleistung, die sich praktisch auf das Einzahlen der Rechnungen beschr?nkt hatte. Das Ehepaar musste also rund 20 Prozent der Schuldensumme f?r Honorare ausgeben. «Je nach Anzahl Gl?ubiger kann das aber auch 30 bis 40 Prozent ausmachen», weiss Mario Roncoroni vom Verein Schuldensanierung Bern aus Erfahrung.
Der Profi st?rt sich nicht nur an den Rechnungen der kommerziellen Schuldensanierer, sondern auch an ihrer Methodik: «Die Sanierer f?hren im Gegensatz zu den ?ffentlichen Fachstellen f?r Schuldenfragen keine echten Abkl?rungen durch.» Gerade diese seien aber enorm wichtig f?r eine erfolgreiche Sanierung. «Zwischen drei und sechs Monate setzen wir nur schon ein, um den Schuldner genau kennen zu lernen», betont Roncoroni. Dabei wird abgekl?rt, wie hoch die finanzielle Leistungsf?higkeit ist und wie das private sowie das berufliche Umfeld aussieht. Andererseits sind die Forderungen der Gl?ubiger auf ihre rechtliche Haltbarkeit zu untersuchen. Leasingvertr?ge zum Beispiel halten h?ufig einer rechtlichen ?berpr?fung nicht stand.
Skrupellos: Sanierer treiben eigene Kunden in den Konkurs
In einem zweiten Schritt gilt es, Verhandlungen mit den Gl?ubigern zu f?hren, um Reduktionen auf deren Forderungen und Zinsguthaben zu erreichen. Im Schnitt dauert eine Sanierung durch eine ?ffentliche Stelle rund drei Jahre. Roncoroni kritisiert: «Bei kommerziellen Schuldensanierern dauert es oft mehr als doppelt so lange.» Mit dem Ergebnis, dass viele Schuldner zuerst zu einem privaten Sanierer gehen, dort nach einigen Jahren mit horrenden Zusatzkosten aussteigen – und am Schluss bei einer staatlichen Fachstelle landen.
Auch Kurt Gallus (57) h?tte sich besser zu Beginn seiner Finanzmisere an eine solche Stelle gewandt. Doch der Beizer setzte auf Martin Schmidt, Inhaber der Einzelfirma Schmidt Financial Services in Biel. Die Geschichte beginnt 1995: Gallus kauft die heruntergekommene Liegenschaft Fallern in R?ttenen SO. Dabei ?bernimmt er sich finanziell. Im Herbst 1997 sucht er Hilfe beim angeblichen Finanzprofi Schmidt. Dieser gr?ndet 1998 eine Aktiengesellschaft und kauft damit die Liegenschaft dem bedr?ngten Kurt Gallus f?r 300 000 Franken ab. Ein gutes Gesch?ft.
Der Sanierer bestreitet zwar, an diesem Gesch?ft selber Geld zu verdienen. Tatsache ist aber: saldo liegt ein Schreiben vor, aus dem hervorgeht, dass Schmidt einer der vier Investoren ist, welche die 300 000 Franken f?r den Kauf der Liegenschaft Fallern zur Verf?gung stellten. Dieses Geld l?sst er gut verzinsen: Er garantiert sich und seinen Mitinvestoren f?r die Laufzeit von drei Jahren eine traumhafte Rendite von 50 Prozent auf dem eingesetzten Kapital. Das sind Zinsen von insgesamt 150 000 Franken.
F?r Beizer Kurt Gallus bedeutet dies: Will er seine ehemalige Liegenschaft nach drei Jahren von der Auffanggesellschaft zur?ckkaufen, m?sste er daf?r 450 000 Franken hinbl?ttern. F?r die Investoren ein Super-Gesch?ft – f?r Gallus eine Katastrophe. Noch schlimmer: Jetzt l?sst Schmidt den Wirt sogar pf?nden und treibt seinen eigenen Kunden in den Privatkonkurs. Gegen?ber saldo meinte Schmidt kurz: «Die Sanierung ist gescheitert!»
Max Fischer, Reto Gerber
Schulden - Zw?lf Regeln f?r den Umgang bei Finanzproblemen
1. Stellen Sie ein Budget auf. Das macht das monatliche Einteilen leichter und ?bersichtlicher. Versuchen Sie, sich an das Budget zu halten.
2. Wenn Ihre Einnahmen und Ausgaben dauernd im Ungleichgewicht sind, ist es Zeit, zu einer Budgetberatungs- oder sozialen Schuldenberatungsstelle zu gehen.
3. Geben Sie nur Geld aus, das Ihnen geh?rt.
4. Nehmen Sie bei einem finanziellen Engpass mit Ihren Gl?ubigern Kontakt auf, erkl?ren Sie Ihre Lage und unterbreiten Sie einen Vorschlag f?r Ratenzahlungen, an den Sie sich auch halten k?nnen.
5. Stopfen Sie alte L?cher nicht mit neuen.
6. Vorsicht: Ein Klein- oder Konsumkredit l?st Ihre Finanzprobleme nicht, sondern versch?rft sie. Denn Konsumkredite sind sehr teuer. Zum Vergleich: Sind Sie mit der Bezahlung einer Rechnung im R?ckstand, zahlen Sie laut Gesetz einen Verzugszins von f?nf Prozent im Jahr. F?r Kleinkredite zahlen Sie in der Regel ohne weiteres 14 bis 16 Prozent Zins.
7. Wenn Sie finanzielle L?cher mit Kredit- und Kundenkarten zu stopfen versuchen und die Eink?ufe nicht Ende Monat bezahlen k?nnen, zahlen Sie faktisch Zinsen wie bei Kleinkrediten.
8. H?nde weg von kommerziellen Schuldensanierungsb?ros. Die Inserate in den Zeitungen versprechen die L?sung aller Geldprobleme. Doch in Wirklichkeit ?bernehmen sie in der Regel nur das regelm?ssige ?berweisen von Ratenzahlungen an Ihre Gl?ubiger – f?r sehr viel Geld. Dadurch wird Ihr Schuldenberg weiter wachsen.
9. Haben Sie schon bei einem Schuldensanierer unterschrieben, k?nnen Sie den Vertrag sofort und ohne Mehrkosten k?ndigen.
10. Lassen Sie sich bei Geldproblemen von ?ffentlichen Beratungsstellen oder gemeinn?tzigen Vereinen helfen. So l?sen Sie die Geldprobleme professionell und kosteng?nstig.
11. Melden Sie nicht Privatkonkurs an, bevor Sie sich von einem Anwalt oder einem vertrauensw?rdigen Treuh?nder ausf?hrlich haben beraten lassen.
12. Lassen Sie sich beraten, bevor der erste Zahlungsbefehl hereinflattert. Wird Ihr Einkommen gepf?ndet, haben Sie zu Ihren finanziellen Schwierigkeiten auch noch mit Problemen bei Stellen- und Wohnungssuche zu rechnen.
Quelle u.a.: Fachstelle f?r Schuldenfragen im Kanton Z?rich