Sexual-Lockstoffe - Die Pille stört die Partnerwahl
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Gesundheitstipp 4/2001
01.04.2001
Verwirrter Geruchssinn: Wegen der Antibabypille finden die falschen Paare zusammen
Wer mit der Pille verhütet, kann leicht an den falschen Mann geraten. Der Grund: Die Frau nimmt seine Sexuallockstoffe verfälscht wahr. Jetzt warnt der Wissenschaftler und Journalist Udo Pollmer vor den Folgen.
Regula Schneider rschneider@pulstipp.ch
Menschen haben den richtigen Riecher für den idealen Partner. Sie erschnüffeln ihn unbewusst anhand von chemischen Lo...
Verwirrter Geruchssinn: Wegen der Antibabypille finden die falschen Paare zusammen
Wer mit der Pille verhütet, kann leicht an den falschen Mann geraten. Der Grund: Die Frau nimmt seine Sexuallockstoffe verfälscht wahr. Jetzt warnt der Wissenschaftler und Journalist Udo Pollmer vor den Folgen.
Regula Schneider rschneider@pulstipp.ch
Menschen haben den richtigen Riecher für den idealen Partner. Sie erschnüffeln ihn unbewusst anhand von chemischen Lockstoffen - den so genannten Pheromonen. Diese entstehen in den Schweissdrüsen, vor allem in den Achselhöhlen und im Genitalbereich. Sie bilden eine Art «Nachrichtencocktail», den die Menschen dauernd abgeben. Diese Botenstoffe geben schliesslich den Ausschlag, ob man ein Gegenüber sympathisch findet - oder auch nicht.
Doch jetzt warnt der deutsche Wissenschaftler Udo Pollmer: «Die Antibabypille lässt Frauen einen ungeeigneten Partner erschnüffeln.» Grund: Die Pille täuscht im Körper eine Schwangerschaft vor. Sie verändert die Zusammensetzung der Hormone - und damit auch die Wahrnehmung der Pheromone. Mit fatalen Folgen: Es kann so weit führen, dass der erhoffte Nachwuchs ausbleibt.
Ein Paar kriegt nur dann Kinder, wenn beide Partner unterschiedliche Immunsysteme haben. Und genau hier liegt die wichtigste biologische Funktion der Pheromone: Sie zeigen der Frau an, wie das Immunsystem des Partners beschaffen ist. Hat ein Mann ein anderes Immunsystem als sie, findet sie ihn attraktiv.
Der Berner Biologe Claus Wedekind hat dies mit einem Test belegen können. Er liess Männer zwei aufeinander folgende Nächte das gleiche T-Shirt tragen. Danach legte er die Shirts in eine Schachtel. Durch ein Loch mussten mehrere Frauen intensiv daran schnüffeln.
Duftstoffe übermitteln genetische Informationen
Wedekinds Ergebnis: «Frauen ziehen eindeutig die Körpergerüche eines Mannes vor, der ein völlig anderes Immunsystem hat als sie selbst.» Nimmt eine Frau die Pille, zieht es sie - fatalerweise - zu einem Mann hin, der ein ähnliches Immunsystem hat wie sie. Aber: «Je ähnlicher die Immunsysteme, desto geringer die Chance auf ein Kind», so Pollmer. Das haben verschiedene Studien gezeigt. «Offenbar merkt der Körper, dass ein Kind mit dieser Gen-Ausstattung im Kampf gegen Krankheiten nicht bestehen würde, und stösst befruchtete Eizellen vorsorglich ab.»
In der Tat haben Frauen, deren Immunsystem jenem des Partners gleicht, mehr frühzeitige Fehlgeburten als Frauen mit unterschiedlichem Immunsystem. Die Genetikerin Carole Ober von der Universität Chicago konnte das an 411 Paaren zeigen.
Doch die Pille kann einer Frau nicht nur bei der Suche nach dem «Richtigen» ein übles Schnippchen schlagen. Verhütet die Frau erst im Verlauf der Partnerschaft mit der Pille, ist es möglich, dass Sie den Pheromon-Mix ihres Partners auf einmal nicht mehr riechen kann. Sie reagiert plötzlich gereizt und lustlos auf ihn - und beide wissen nicht warum. Eine Frau sollte es sich also gut überlegen, ob sie mit der Pille verhüten will, rät Udo Pollmer: «Sie muss sich bewusst sein, dass die Pille ihren Geruchssinn verändern kann. Dann braucht sie sich auch nicht zu wundern, wenn ihr Partner plötzlich seltsam riecht.»
Die heimliche Macht der Pheromone versucht sich auch die Parfümindustrie zu Nutze zu machen: Sie mischt Lockstoffe in die Duftwasser. Pheromon-Parfüms sollen ihre Träger für das andere Geschlecht unwiderstehlich machen. Udo Pollmer bezweifelt allerdings, dass die teuren Wunderparfüms halten, was ihre Hersteller versprechen: «Den Parfüms fehlen wichtige Bestandteile der Pheromone. Deshalb wirken sie nur sehr beschränkt.»
Parfüms und Pheromone kommen sich sogar in die Quere. Dann nämlich, wenn sich beide Geschlechter alle Mühe geben, möglichst nach Blumendüften, Meeresbrise oder Seife zu riechen. Parfüms, Rasierwasser, Deodorants und Körperlotionen überdecken vor allem den Eigengeruch ihrer Träger. Das macht es den Nasen schwer, den anregenden Pheromon-Mix wahrzunehmen.
Achselhaare können durchaus reizvoll sein
Frauen machen zudem ihren natürlichen erotischen Duftreizen den Garaus, indem sie die Haare unter den Armen rasieren. In den Achselhöhlen gibt es nämlich besonders viele Pheromone. Und die entwickeln ihren Geruch vor allem auf den Achselhaaren.
Besonders reich an Pheromonen ist auch die Lippenspalte unter der Nase. Für Paarungswillige bedeutet dies: viel Küssen! Denn beim Küssen auf den Mund tauschen die Menschen besonders viele Liebessignale aus. Beim Kuss erkennt der Körper den Duft des Partners und registriert ihn. Das festigt auch die Paarbindung. Wer viel küsst, sorgt also dafür, dass die zwischenmenschliche Chemie stimmt.
Buchhinweis: Udo Pollmer, Andrea Fick, Ulrike Gonder, Karin Haug: «Liebe geht durch die Nase», Kiepenheuer und Witsch, 1997 (Neuauflage 2001), Fr. 25.-
Pheromone im Tierrreich - Der Duft, auf den 100 Männchen fliegen
Auch bei den Tieren spielen Pheromone eine wichtige Rolle. Die Sau liebt den Eber nicht etwa, weil er so schön grunzen kann. Sie ist wild auf seinen Speichel, denn der enthält Pheromone. Auch Schmetterlingsweibchen senden solche Botenstoffe aus, um Männchen anzulocken. Mit grossem Erfolg: Einer Nachtfalterdame können 100 Männchen in einer einzigen Nacht zufliegen. Besonders raffiniert setzen Spinnen Pheromone ein, um sich ihre Lieblingsbeute zu sichern. Sie senden Lockstoffe aus, die Pheromone von Nachtfaltern perfekt nachahmen. Die Nachtfaltermännchen fallen prompt darauf herein und gehen der Spinne ins Netz. Und der Duft eines Hundes ist eine Art «Personalausweis». Ein Artgenosse erschnüffelt Stunden später, wer vor ihm da war - ob Jungtier, Männchen oder Weibchen.