Nein. Mit 17 Jahren sind Sie urteilsfähig und haben ein Recht auf Ihre Privatsphäre.

Daraus folgt: Ohne besondere Veranlassung darf Ihre Mutter an Sie adressierte und verschlossene Post nicht öffnen, falls Sie als Empfänger damit nicht einverstanden sind.

Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Liebesbriefe handelt oder etwa um eine Zeitschrift im verschlossenen Couvert.

Nur ausnahmsweise kann es gerechtfertigt sein, dass Eltern die Post der unmündigen Kinder aufmachen. Das kann der Fall sein, wenn sich die Eltern berechtigte Sorgen machen, weil die Sprösslinge zum Beispiel häufig die Schule schwänzen, das Gespräch verweigern, Drogen konsumieren oder in kriminellen Kreisen verkehren.

Die Fürsorgepflicht der Eltern kann es unter diesen Umständen gebieten, zum Schutz des Kindes auch einmal einen persönlichen Brief zu öffnen.

In allen anderen Fällen jedoch haben urteilsfähige Kinder und Jugendliche das Recht auf ihren privaten Briefverkehr.

Entscheidend ist also die Urteilsfähigkeit. Diese hängt immer von den konkreten Umständen, dem Alter und der persönlichen Reife des Kindes ab.

Urteilsfähig ist man dann, wenn man vernünftig handeln und die Konsequenzen seiner Handlungen abschätzen kann.

Für gewöhnliche Brieffreundschaften ist das meist schon sehr früh der Fall. Bei Jugendlichen ab 16 Jahren geht man in der Regel davon aus, dass die jungen Leute sämtliche an sie adressierte Post selber verwalten.

Missachten die Eltern die Privatsphäre von urteilsfähigen Jugendlichen, machen sie sich unter Umständen sogar strafbar - wegen Verletzung des Schriftgeheimnisses. So will es das Strafgesetzbuch.

(st)