Wer die Wohnung neu streichen will, kommt um Dispersionsfarben nicht herum. Haus & Garten hat zehn Produkte genauer unter die Lupe genommen.
Eingekauft wurden die meistverkauften weissen Dispersionen in Matt oder Seidenmatt von Grossverteilern und Baumärkten – darunter auch die Billig-Linie «Prix Garantie» von Coop.
Zusätzlich wurden mit Alpinaweiss ein Markenprodukt und mit der Auro Naturharz-Wandfarbe eine Naturfarbe aus dem Fachhandel berücksichtigt. Das deutsche Labor Eurofins in Hamburg untersuchte die Farben auf vier Schadstoffe:
- Formaldehyd: Wird als Konservierungsmittel eingesetzt. Bereits in geringen Mengen reizt Formaldehyd die Schleimhäute, kann Allergien auslösen und ist krebsverdächtig.
- Glykolether und -ester: Stoffgruppe, die als Lösemittel verwendet wird und zu Bindehautreizungen und Nierenschäden führen kann.
- Terpene: Organische Verbindungen, die in ätherischen Ölen vorkommen. Sie werden als Duftstoffe und Lösemittel eingesetzt und können bei Allergikern Atmungsorgane und Schleimhäute reizen.
- Isothiazolinone: Eine Stoffgruppe, die zur Konservierung dient und die früher üblichen Lösungsmittel ersetzt. Gefährlich ist die chlorierte Verbindung CIT. Diese kann allergische Hautreaktionen auslösen.
An drei Farben gab es gar nichts auszusetzen
Fünf von zehn untersuchten Farben wurden als «sehr gut» beurteilt (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Zwei Dispersionen erhielten ein «gut» und weitere zwei ein «genügend». Eine Farbe erreichte selbst die Note «ungenügend» nur knapp.
Testsieger mit der Maximalnote 6 waren Obi Classic Premiumdispersion, Meister Polar Weiss von Hornbach und das Markenprodukt Alpinaweiss: In diesen Farben fanden die Tester überhaupt keine Schadstoffe.
Auf dem zweiten Platz landeten Miocolor Profi Weiss von Migros Do it & Garden und die Premium Dispersion Architect von Jumbo. Sie wiesen nur geringe Spuren an Formaldehyd oder Glykolen auf, was für die Note 5,5 reichte.
Ungenügend schnitt die Billig-Linie von Coop ab: Bei der Prix Garantie Innendispersion wurde mit 139 Milligramm pro Kilogramm viel Formaldehyd gefunden. Zum Vergleich: Das strenge Gütezeichen «Natureplus» begrenzt den zulässigen Wert an Formaldehyd auf maximal 20 Milligramm pro Kilo.
Immerhin: «Die Belastung in der Luft nimmt nach ein bis zwei Wochen stark ab – im Gegensatz zu Möbeln aus Spanplatten, die über längere Zeit Formaldehyd abgeben», erklärt Markus Zehringer vom Kantonslabor Basel-Stadt.
Die Erklärung der J. W. Ostendorf, welche die Farbe für Coop herstellt: «Eine Formaldehyd-freie Konservierung würde die Farbe verteuern.» Zudem enthält die Farbe 6,54 Milligramm chloriertes Isothiazolinon.
«Das ist erstaunlich viel», kommentiert Zehringer, «ich hätte nicht gedacht, dass es das noch gibt.» Allerdings muss CIT erst ab 15 Milligramm pro Kilo deklariert werden.
Auch natürliche Stoffe können Allergien auslösen
Im Mittelfeld der Rangierung fallen zwei Farben besonders auf: Zwar enthält Coop Oecoplan Wohnraumdispersion nur geringe Spuren an Formaldehyd und CIT.
Die Tester werteten die Farbe trotzdem ab, da auf der Verpackung «hygienekontrollierte Rohstoffe und Produktionsanlagen» versprochen werden. Bei der Auro Naturharz-Wandfarbe fand das Labor pro Kilogramm 16 Gramm des Stoffs Limonen, der zu den Terpenen zählt.
«Viele Leute unterschätzen, dass auch natürliche Stoffe wie Zitrusöl bei Allergikern heftige Reaktionen auslösen können», sagt Roger Waeber vom Bundesamt für Gesundheit.
Daher müssen Produkte mit mehr als einem Prozent Limonen mit «Xi/R43 Sensibilisierung durch Hautkontakt» gekennzeichnet sein. Ein solcher Hinweis fehlt jedoch auf der Verpackung.
Die Stellungnahme von Auro erstaunt: Bereits seit September 2007 verwendet die Firma nur noch 0,4 Prozent Zitrusschalenöl. Aber: Bis 2009 wurde diese Farbe für die Schweiz von einer Schweizer Firma nach der alten Rezeptur hergestellt.
Somit handelt es sich beim getesteten Produkt um eine Farbe aus diesem Restbestand. Der Importeur der Auro-Produkte, die Firma Öko Bau Markt aus Bern, kündigt an: «Wir werden sämtliche Händler anfragen, ob noch Restbestände vorrätig sind, und diese umgehend austauschen.»
Tipps: Selber streichen Schritt für Schritt
Ein neuer Anstrich gelingt auch wenig geübten Heimwerkern – vorausgesetzt, sie halten sich an folgende Regeln.
1. Untergrund vorbereiten
Der Untergrund muss tragfähig, sauber, trocken und fettfrei sein. Lose Teile, alte Öl- oder Lackanstriche müssen vor dem Neuanstrich mit einem Spachtel oder mit Abbeizer entfernt werden. Auf sandende und saugende Untergründe mit einer Bürste Tiefengrund auftragen, um sie zu verfestigen.
Leimfarben und kreidende Untergründe vorher mit warmem Wasser und einem Schwamm abwaschen. Neuputze mindestens vier Wochen trocknen lassen und dann ebenfalls mit Tiefengrund vorbehandeln.
Wer einen alten Dispersionsfarben-Anstrich übermalen will, braucht lediglich den Staub mit einer Bürste zu entfernen. Auch Papiertapeten können einfach überstrichen werden – vorausgesetzt, sie lösen sich nirgends.
2. Vorarbeiten durchführen
Strom abschalten (Sicherung herausschrauben) und Deckenlampe abmontieren. Leichte Möbel aus dem Zimmer räumen, schwere Möbel in die Raummitte schieben und mit Malerfolie abdecken. Fussleisten, Fenster- und Türrahmen sowie Steckdosen mit Kreppband abkleben. Den Zimmerboden mit Folie schützen.
3. Farbmenge berechnen
Bevor Sie die Farbe kaufen, sollten Sie ausrechnen, wie viel Sie ungefähr benötigen: Raumumfang (Wandlängen addieren) x Raumhöhe plus Deckenfläche (Bodenlänge x Bodenbreite). Vom Ergebnis Fensterflächen (Höhe x Breite) und Türflächen (Höhe x Breite) abziehen.
Aber aufgepasst: Die Farbmenge hängt auch stark vom Untergrund und von der Qualität der verwendeten Farbe ab. Je schlechter die Farbe deckt, desto mehr Anstriche sind nötig (siehe auch unten).
4. Streichen
Farbe mit einem Holzstab gut umrühren. Bei jeder Fläche zuerst mit einem Flach- oder Langpinsel die Kanten streichen sowie – falls vorhanden – die Ränder entlang von Sockel, Tür- und Fensterrahmen, Lichtschaltern und Steckdosen.
Immer mit der Decke anfangen. Tragen Sie mit der am Teleskopstiel befestigten Rolle die Farbe auf, und zwar stets von der Fensterseite weg. Die Rolle nur zu etwa zwei Drittel in die Farbe tauchen und anschliessend mehrmals übers Abstreifgitter ziehen, damit die Farbe gleichmässig verteilt wird.
Bei den Wänden ebenfalls auf der Fensterseite beginnen und vom Licht weg arbeiten. Bei leicht- und mittelstrukturierten Wänden eine Plüsch-Rolle mit kurzem respektive mittlerem Haar verwenden. Bei Abrieb empfielt sich eine Lammfell-Rolle.
Wichtig: Bewegen Sie die Rolle nur vertikal und streichen Sie leicht überlappend («nass in nass»). Wenn Sie an eine trockene Farbbahn anstossen, kann der Rand später sichtbar bleiben.
Ist ein zweiter Anstrich nötig, erst einmal warten, bis der erste trocken ist. Die Wartezeit ist je nach Farbe unterschiedlich und beträgt rund fünf Stunden. Nach dem letzten Anstrich Rolle und Pinsel gründlich mit warmem Wasser reinigen.
Bei kurzen Pausen die Rolle in die Farbe eintauchen. Bei Unterbrechungen von ein paar Tagen stecken Sie die Streichwerkzeuge in einen Plastikbeutel und verschliessen diesen luftdicht.
Bei der Arbeit lüften, aber Durchzug vermeiden, sonst trocknet die Farbe zu schnell. Die Lufttemperatur darf nicht unter 5 oder über 30 Grad betragen.
Lassen Sie sich vom ersten Eindruck nicht täuschen: Dispersionsfarbe wird beim Trocknen heller. Das frisch gestrichene Zimmer erst beziehen, wenn die Farbe vollständig trocken ist. Lüften Sie während der ersten zwei Wochen regelmässig und gründlich.
Dispersionsfarben: Das ist zu beachten
Bei Dispersionsfarben sind Kunst- oder Naturzharze als feste Teilchen im Wasser verteilt. Beim Kauf sind folgende Faktoren wichtig:
- Nassabriebbeständigkeit: Sie gibt an, wie gut sich Flecken abwaschen lassen. Es gibt Klassen zwischen 1 (für stark beanspruchte Räume) bis 5 (für wenig beanspruchte Räume). Bei matten Dispersionsfarben ist Klasse 2 die höchste Stufe («scheuerbeständig»). Klasse 3 ist «waschbeständig».
- Deckvermögen: Erhältlich sind Klassen 1 (sehr hohe Deck-kraft) bis 4 (geringe Deckkraft). Hier lohnt es sich, zu einer teureren Farbe zu greifen. Der Grund: Häufig reicht ein Anstrich. Bei günstigeren Farben muss man mehrfach streichen und verbraucht entsprechend mehr Farbe.
- Abtönen: Weisse Dispersion kann meist mit Vollton- oder Abtönfarben gemischt werden. Der Haken: Wenn die Farbe nicht reicht, ist es schwierig, exakt den gleichen Farbton noch einmal herzustellen. Am besten lassen Sie deshalb Ihre Wunschfarbe im Fachgeschäft oder Baumarkt mischen.