Vor einigen Tagen führte Gabriela Hofer aus Zürich (Name geändert) wie jeden Monat am Computer ihre Zahlungen bei der Zürcher Kantonalbank aus. Dann staunte sie, als nach dem letzten Klick plötzlich ein seitengrosses Banner erschien: «Einemillionfünfhundertzwölftausendneunhundert Gewinner!» Damit meint die Bank die Bevölkerung des Kantons Zürich.

Hofer scrollte weiter und las: «Wir freuen uns, dass wir 2018 unseren Gewinn auf 788 Millionen steigern konnten. Und auch Sie dürfen sich freuen...» Allerdings nicht direkt: Die Bank schütte einen grossen Teil ihres Gewinns an den Kanton Zürich und dessen Gemeinden aus. Dieses Jahr sind das 358 Millionen Franken. Hinzu kommt eine ZKB-Jubiläumsdividende zum 150-jährigen Bestehen der Bank von 150 Millionen Franken. Sie geht ebenfalls an Kanton und Gemeinden. Das Geschäft der ZKB läuft ­offenbar sehr gut.

Tessiner Kantonalbank zahlt bei Sparkonten deutlich mehr ZIns

Gabriela Hofer freut sich darüber nur mässig. Denn sie weiss: An diesen hohen Gewinn hat sie unfreiwillig mitbezahlt. Denn die ZKB verlangt von ihren Kunden hohe Gebühren und zahlt für Spargelder praktisch keine Zinsen mehr. Im Vergleich mit anderen Kantonalbanken und anderen breit aufgestellten Banken wie Raiff­eisen, Postfinance und Migros schneidet die ZKB schlecht ab.

Bei einem kürzlichen Gebührenvergleich der Zeitschrift «K-Geld» waren nur die beiden Grossbanken UBS und CS teurer als die ZKB («K-Geld» 6/2018). Der Musterkunde zahlte bei der UBS für Konto, Auszüge und eine Bancomatkarte Fr. 321.25, bei der CS 253.65. Dann folgt bereits die ZKB mit Fr. 195.25. Wesentlich günstiger sind Raiffeisen (Fr. 162.45) und Postfi­nance (Fr. 132.20). Am günstigsten war die Migros-­Bank mit Fr. 114.45. 

Auch bei der Verzinsung ist die ZKB nicht besonders kundenfreundlich. Das zeigt ein Blick auf die fünf grössten Kantonalbanken mit Staatsgarantie (Stand Ende Januar 2019). Bei den Sparkonten bietet die ZKB mickrige 0,025 Prozent an, gleich wenig wie die Kantonalbanken von St. Gallen, dem Aargau und Graubünden. Die Luzerner Kantonalbank schreibt immerhin 0,05 Prozent gut. Dass es auch anders geht, zeigt eine kleinere Kantonalbank: die Banco dello Stato del Cantone Ticino offeriert 0,2 Prozent. Das ist acht Mal so viel wie die ZKB.

Auf Jugendsparkonten zahlen die grossen Kantonalbanken und die UBS 0,5 Prozent Zins. Auch hier trumpfen die Kleinen auf: Die Tessiner Kantonalbank gewährt mit 1 Prozent das Doppelte. Aber auch die Appenzeller Kantonalbank mit 0,75 Prozent und die Obwaldner Kantonalbank mit 0,6 Prozent zeigen, dass es anders geht. 

Beim immer wichtiger werdenden Alterssparen schreibt die ZKB ihren 3.-Säule-Kunden nur noch 0,15 Prozent gut. Die Kantonalbanken von ­Luzern, St. Gallen und Graubünden bieten 0,2 Prozent. Fünf Mal so viel wie die ZKB offeriert die Banco dello ­Stato del Cantone Ticino mit 0,75 Prozent. Die Appenzeller Kantonalbank und die Obwaldner Kantonalbank geben je 0,35 Prozent. 

Während die ZKB-Kunden nicht profitieren, erhält der ZKB-Chef Martin Scholl einen fürstlichen Jahreslohn: 2017 waren es 2,1 Mil­lionen Franken – 2014 noch 1,6 Millionen. 

Auch die Chefs der anderen Kantonalbanken verdienen gut, wie die Geschäftsberichte zeigen. Roland Ledergeber kommt als Präsident der Geschäftsleitung der St. Galler Kantonalbank auf 1,3 Millionen – vor drei Jahren waren es noch 972 000 Franken. Daniel Salzmann verdiente als Chef der Luzerner Kantonalbank 1,2 Millionen – sein Vorgänger erhielt 2014 noch 1 Million. So viel verdiente auch Alois Vinzens, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Graubündner Kantonalbank. Am wenigsten ­erhielt Pascal Koradi, CEO der Aar­gauischen Kantonalbank: Er musste sich mit 749 801 Franken zufriedengeben.

Die ZKB ist privilegiert und zahlt keine Steuern

Die ZKB wurde 1870 nicht gegründet, um die Geschäftsleitung zu vergolden. Sondern als «Bank des Zürcher Volkes». Zweck: Sie sollte ihren Kunden bessere Konditionen bieten als andere Geldinstitute. Als die ZKB nämlich am 15. Februar 1870 ihren ersten Schalter öffnete – nächstes Jahr feiert sie ihren 150. Geburtstag –, ­gaben die Privatbanken den Hand­werkern und Angestellten für deren Land­wirtschafts- und Gewerbe­be­triebe kaum Hypotheken oder Geschäfts­kredite. Heute unterscheiden sich ihre Kreditkonditionen nicht mehr von denen anderer ­Banken. 

Die ZKB geniesst als Unternehmen nach wie vor ein wichtiges Privileg: Sie muss weder dem Bund noch dem Kanton oder den Gemeinden Steuern zahlen. Laut einer Studie des Revisions- und Beratungsunternehmens KPMG hätte das im Jahr 2016 einem Betrag von 142 Millionen entsprochen. Auch das würde ihr er­möglichen, ihren Kunden bessere Kon­ditionen zu gewähren als andere Banken.