«Wir sind verankert und breit akzeptiert»
Inhalt
Haus & Garten 2/1999
01.09.1999
Die FDP-Politikerin und Anwältin Lili Nabholz ist seit 1992 Ombudsfrau der Schweizer Privatversicherungen.
K-Spezial: Sie sind Anlaufstelle für Leute, die mit ihrer Versicherung streiten. Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie für die Betroffenen erreichen können?
Nabholz: Ja. Im Schnitt revidieren die Gesellschaften in gut einem Drittel der Fälle, bei denen ich interveniere, ihren ursprünglichen Standpunkt zu Gunsten der Versicherten.
Das ...
Die FDP-Politikerin und Anwältin Lili Nabholz ist seit 1992 Ombudsfrau der Schweizer Privatversicherungen.
K-Spezial: Sie sind Anlaufstelle für Leute, die mit ihrer Versicherung streiten. Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie für die Betroffenen erreichen können?
Nabholz: Ja. Im Schnitt revidieren die Gesellschaften in gut einem Drittel der Fälle, bei denen ich interveniere, ihren ursprünglichen Standpunkt zu Gunsten der Versicherten.
Das heisst umgekehrt, dass Sie zwei Drittel der Ratsuchenden enttäuschen.
Nabholz: Nicht jeder Anspruchsteller ist im Recht. Ich erkläre dann, warum eine Forderung unbegründet ist. Wer an uns gelangt, erhält eine neutrale Überprüfung seines Falles, aber nicht automatisch die gewünschten Leistungen. Im Zweifel versuche ich immer, zwischen den Parteien zu vermitteln.
Wer trotz Ihrer Vermittlung nicht weiterkommt, könnte den Eindruck bekommen, das sei deswegen, weil Ihre Stelle ja letzten Endes von den Versicherungen selber finanziert ist.
Nabholz: Dieser Eindruck ist falsch. Seit 27 Jahren stellt die von einer Stiftung getragene Ombudsstelle dem Publikum ihre unentgeltlichen Dienste neutral und unabhängig zur Verfügung. Wir sind solid verankert und breit akzeptiert, weil wir uns dafür einsetzen, dass die Gesellschaften die Anliegen der Gesuchsteller fair behandeln und korrekt beurteilen.
Eine korrekte Beurteilung nützt dem Versicherten aber nichts, wenn er nicht das bekommt, was er sich erhofft hat.
Nabholz: Sie sagen richtig «korrekte Beurteilung». Führt diese zu einem für den Versicherten negativen Resultat, kann auch ich keine Wunder bewirken. Ich kann aber manchmal dazu beitragen, dass dort, wo ein Ermessensspielraum besteht, dieser allenfalls grosszügiger gehandhabt wird. Die Tätigkeit der Ombudsstelle hat aber auch über den Einzelfall hinaus positive Effekte, weil meine Berichte dazu beitragen, allfällige Schwachstellen zu erkennen.
Ein solcher Effekt könnten zum Beispiel verständlichere Bedingungen sein. Sie selber haben in einem Jahresbericht die Versicherungsbedingungen als «für den Laien oft schwer durchschaubares Gestrüpp» bezeichnet. Hat sich diesbezüglich etwas gebessert?
Nabholz: Die Gesellschaften bemühen sich echt um dieses Problem. Es liegt aber leider in der Natur der Sache, dass juristische Sachverhalte sich nicht beliebig verkürzen und vereinfachen lassen.
Sie haben sich einmal beklagt, die Versicherungen würden oft erst einlenken, wenn der Versicherte mit dem Anwalt kommt, nachdem Sie vorher mit Ihren Vermittlungsbemühungen gescheitert waren. Machen Sie diese unangenehme Erfahrung immer noch?
Nabholz: Kaum, nachdem ich dies moniert habe.
Haben Sie den Eindruck, dass die Gesellschaften bei der Schadenerledigung weniger kulant sind als früher? Wurde in diesem Punkt die Schraube angezogen?
Nabholz: Kulanzleistungen sind eine Frage der Geschäftspolitik. Diese variiert von Gesellschaft zu Gesellschaft. Innerhalb der Branche hat der Wettbewerb zu einem stärkeren Kostendruck geführt, was sich auch bei den Kulanzleistungen niederschlägt.
Kostendruck heisst auch: Versicherte, die viele Schäden anmelden, erhalten die Kündigung, wenn sie für die Gesellschaft nicht mehr «rentieren».
Nabholz: So generell kann ich dies nicht bestätigen. Ich habe aber den Eindruck, dass bei gewissen Gesellschaften eine strengere Selektion der Risiken stattfindet.
Interview: Ernst Meierhofer
Anlaufstelle
Die Adresse der Stiftung Ombudsman der Privatversicherung: Kappelergasse 15, Postfach 4414, 8022 Zürich, Tel. 01 211 30 90. www.ombudprivatvers.ch