Die Redaktion der «Limmattaler Zeitung» in Dietikon ZH erhielt ihre Post bisher gegen 10 Uhr: Leserbriefe, Hinweise aus der Bevölkerung und Zeitungen – Informationen und Unterlagen, die für die Redaktion unerlässlich sind. Doch neuerdings kommt die Post erst um die Mittagszeit oder noch später. So geht es auch vielen andern Kunden in Dietikon. Grund: Die Post hat die Zustelltouren der Postboten geändert.
Wollen die Geschäftskunden die Post weiterhin am Vormittag, müssen sie tief in die Tasche greifen. Post-Sprecherin Jacqueline Bühlmann sagt bloss: «Der Preis dafür hängt von den Bedürfnissen und Wünschen des Kunden ab.» Die «Limmattaler Zeitung» hätte der Post zum Beispiel zwischen 3600 und 6000 Franken pro Jahr zahlen müssen. Chefredaktorin Bettina Hamilton-Irvine lehnte das Angebot ab.
Dietikon ist kein Einzelfall: In Bergregionen sind spätere Zustellzeiten schon länger Realität. In der Gemeinde Trun GR zum Beispiel erhalten die Bewohner seit letztem November ihre Post erst um die Mittagszeit. Grund: Der Pöstler muss neu statt einer Gemeinde mehrere beliefern. Die Dorfbevölkerung ist empört. Gemeindepräsident Dumeni Tomaschett: «Ich habe viele Beschwerden erhalten. Die Leute wollen ihre Zeitung nicht erst am Nachmittag lesen.»
Gratis-Postfach für viele keine Option
Die Post sagt dazu: «Als kostenlose Alternative bieten wir Kunden ein Postfach an. Dort liegt die Post jeweils morgens bereit.» Nur: Wer ein solches kostenloses Postfach will, muss durchschnittlich mindestens fünf adressierte Sendungen pro Tag vorweisen können – das gilt auch für Trun. Wer diese Bedingung nicht erfüllt, muss für ein Postfach zahlen, und zwar 240 Franken pro Jahr.
Die Post ist gesetzlich verpflichtet, Postsendungen an mindestens fünf Wochentagen und abonnierte Tageszeitungen an sechs Wochentagen in alle ganzjährig bewohnten Siedlungen zuzustellen. Eine fixe Vorgabe zum Zustellungszeitpunkt gibt es jedoch nicht. Post-Sprecherin Jacqueline Bühlmann erklärt: «Die Zustellung der Sendungen erfolgt gemäss Richtlinien der Post bis spätestens am frühen Nachmittag.»
Das ist für den Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas zu spät. Er fordert im Parlament deshalb eine flächendeckende Postzustellung bis zur Mittagszeit. «Die Leute erwarten, dass die Post spätestens um 12.30 Uhr im Briefkasten ist. Ein bundesnaher Betrieb muss fähig sein, diese Leistung zu erbringen.»
Sein Engagement überrascht: Mit seiner CVP und anderen Parteien hatte Candinas letztes Jahr die Service-public-Initiative des K-Tipp bekämpft und gebodigt. Die Initiative verlangte, dass Gewinne in den Bundesbetrieben bleiben und dort für deren Erhaltung und Verbesserung des Services verwendet werden. Das Ziel: Post, Swisscom oder SBB sollen der ganzen Bevölkerung einen guten und bezahlbaren Service bieten.