Wenn Spargel entschlackt und Kaffee zum Herzinfarkt führt
Rund um die Ernährung kursieren viele Irrtümer und Halbwahrheiten. saldo hat eine Auswahl von Binsenwahrheiten gesammelt und sagt, was stimmt und was nicht.
Inhalt
saldo 16/2006
11.10.2006
Angelica Schorre
Behauptung: Wer viel Kaffee trinkt, hat eher einen Herzinfarkt.
Nicht bewiesen. Diese Annahme ist so verbreitet wie der Glaube, dass Kaffee den Blutdruck chronisch erhöht. In den USA wurden 87 000 Krankenschwestern während zehn Jahren nach ihrem Kaffeekonsum befragt. Trotz immenser Unterschiede im täglichen Gebrauch gab es keine aussagekräftigen Unterschiede in der Häufigkeit von Herzkrankheiten. Dies, obwohl 20 Prozent der Befragten keinen Kaffee, 10 Prozent über fünf Tass...
Behauptung: Wer viel Kaffee trinkt, hat eher einen Herzinfarkt.
Nicht bewiesen. Diese Annahme ist so verbreitet wie der Glaube, dass Kaffee den Blutdruck chronisch erhöht. In den USA wurden 87 000 Krankenschwestern während zehn Jahren nach ihrem Kaffeekonsum befragt. Trotz immenser Unterschiede im täglichen Gebrauch gab es keine aussagekräftigen Unterschiede in der Häufigkeit von Herzkrankheiten. Dies, obwohl 20 Prozent der Befragten keinen Kaffee, 10 Prozent über fünf Tassen am Tag tranken. Die 750 Herzinfarkte, die in diesem Zeitraum auftraten, verteilten sich gleichmässig auf Kaffeetrinkerinnen und Abstinentinnen.
Behauptung: Randen sind gut fürs Blut.
Falsch. Randen haben keinen Effekt auf die Bildung des Blutfarbstoffs Hämoglobin. Hiefür ist das Eisen verantwortlich, das besonders in Fleisch und bestimmten Gemüsesorten vorkommt.
Behauptung: Wer nach dem Essen von Steinobst Wasser trinkt, bekommt Bauchweh.
Teilweise wahr. Trifft nur auf den Verzehr von Kirschen zu. Wer innert kurzer Zeit mehr als ein halbes Kilogramm Kirschen isst, kann aber auch ohne Wasser zu trinken Bauchweh und Blähungen bekommen. Denn in und auf den Schalen der Kirschen sind viele Hefekeime zu finden, die im Magen zur Vergärung von Zucker führen. Die Magensäure ist bei grossen Mengen nicht mehr in der Lage, den Gärprozess abzupuffern. Wird Wasser dazu getrunken, wird die Magensäure zusätzlich verdünnt.
Behauptung: Die Rinde von Hartkäse kann man essen.
Falsch. Die Rinde von Hart- und auch von Halbhartkäse gehört lebensmittelrechtlich nicht zum essbaren Teil von Käse. Mindestens die oberen 5 Millimeter der Rinde sollten daher weggeschnitten werden. Auf der Rinde können antibiotisch wirkende Stoffe gefunden werden, aber auch Mikroorganismen wie Listerien.
Behauptung: Wer viel Chips und Schokolade isst, bekommt Pickel.
Nicht bewiesen. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für einen Zusammenhang. Wie Schokolade oder Chips die Talgdrüsen verstopfen sollen, ist vollkommen unklar. Pickel entstehen in der Zeit hormoneller Umstellung, unabhängig von der Ernährung.
Behauptung: Wenn man vor dem Essen trinkt, hat man keinen Hunger mehr.
Falsch. Ist der Bauch voll Wasser, dann passt kein Essen mehr hinein. Das ist die Theorie. In der Praxis funktioniert die flüssige Appetitbremse jedoch nicht. Das liegt daran, dass Getränke nur wenige Minuten im Magen bleiben.
Behauptung: Zucker macht Kinder zapplig.
Nicht bewiesen. Bis jetzt gibts keine wissenschaftliche Grundlage für diese Annahme. In Studien wurde das Verhalten der Kinder nach dem Verzehr von mit Zucker gesüssten und von süssen, aber zuckerfreien Lebensmitteln verglichen. In der Mehrzahl konnten keine Unterschiede im Verhalten der Kinder festgestellt werden.
Behauptung: Schimmel auf der Konfitüre ist nicht so schlimm.
Falsch. Oft wird empfohlen, bei befallenen Lebensmitteln nur die schimmeligen Stellen wegzuschneiden und den Rest zu essen. Doch in dem Moment, in dem der Pilz bewegt wird, streut er seine Sporen und wächst weiter. Schimmelpilze produzieren zum Beispiel das Gift Aflatoxin, das zu ziemlichen Leberschäden führen kann. Verschimmelte Lebensmittel also entsorgen!
Behauptung: Spät- abends viel essen macht dick.
Falsch. Der Zeitpunkt ist ziemlich egal. Entscheidend ist die Gesamtbilanz, also die Menge der aufgenommenen Kalorien. Wer über den Tag verteilt viel isst, nimmt genauso viel oder wenig zu wie jemand, der auf einmal dieselbe Menge Kalorien zu sich nimmt.
Behauptung: Spargel entschlackt.
Falsch. Nach einem Spargelessen riecht der Urin der meisten Menschen oft etwas streng. Das hat jedoch nichts mit der angeblich entschlackenden Wirkung dieses Gemüses zu tun, sondern damit, dass vielen Menschen ein Enzym fehlt, das die «stinkenden» Inhaltsstoffe des Spargels abbaut. Spargel ist trotzdem gesund: Er ist reich an Ballast- und Mineralstoffen.
Behauptung: Kräutertee ist auch in grossen Mengen gesund.
Falsch. Literweise Brennnessel- oder Wermuttee trinken - davon ist abzuraten. Denn auch in der Naturheilkunde kann man überdosieren und erhebliche Schäden anrichten. Anwendungsempfehlungen sind bei Kräutertees genauso ernst zu nehmen wie bei Medikamenten.
Behauptung: Der Mensch braucht täglich eine warme Mahlzeit.
Falsch. Eine warme Suppe mag angenehm sein, ist aber keine Pflicht für den Organismus. Tatsache ist, dass viele Lebensmittel erhitzt werden müssen, um wichtige Stoffe verfügbar zu machen. Doch diese Nahrung kann man auch kalt zu sich nehmen. Heisses Essen kühlt im Magen-Darm-Trakt wieder ab, da die Verdauungsenzyme in zu warmer Umgebung nicht wirken können.
Behauptung: Aufgetaute Lebensmittel soll man nicht mehr einfrieren.
Falsch. Lagern Lebensmittel bei über 10 Grad, können sich auf ihnen Bakterien- und andere Kulturen bilden. Da spielt es keine Rolle, ob es sich um aufgetaute oder nie eingefrorene Ware handelt. Medizinisch gesehen ist das Wiedereinfrieren also unbedenklich. Eventuell können Geschmack und Nährstoffe verloren gehen.
Behauptung: Lebensmittel in geöffneten Konserven kann man aufbewahren.
Teilweise wahr. Aber nur in innen mit Kunststoff beschichteten Konservendosen und nur für kurze Zeit im Kühlschrank. Lebensmittel in unbeschichteten Weissblechdosen wie Pelati oder Ananas sollte man sofort aus der Dose nehmen. Denn im Kontakt mit dem Sauerstoff aus der Luft korrodiert das Blech. Dadurch lösen sich Metalle und gelangen ins Lebensmittel.
Behauptung: Knoblauch riecht aus dem Magen.
Falsch. Der Geruch nach Knoblauch nach einer Portion Spaghetti Aglio e Olio kommt nicht aus dem Magen, sondern aus den Lungen. Im Magen-Darm-Trakt bilden sich nach dem Verzehr von Knoblauch stark riechende Schwefelverbindungen. Diese zirkulieren einige Zeit im Blut und werden über feinste Blutgefässe in den Lungen an die eingeatmete Luft abgegeben, die dann ausgeatmet wird. Über die Haut wird auch ein wenig Knoblauchgeruch ausgedünstet, da sich die Schwefelverbindungen über dünne Äderchen ihren Weg ins Freie suchen.
Quellen:
- «Das neue Lexikon der Medizinirrtümer», Werner Bartens, Eichborn 2006
- «Das Lexikon der Medizinirrtümer», Piper 2006
- «Moderne Ernährungsmärchen», Müller, Vogt, Nothmann, Schlütersche Verlagsgesellschaft 2004
- Kantonales Labor Zürich
- Schweizerische Gesellschaft für Ernährung