Wenn das Baurecht zur Fessel wird
Wer ein Haus im Baurecht kauft, soll sich von der vermeintlich tiefen finanziellen Belastung nicht blenden lassen. Denn ein zu hoher Baurechtszins oder Landpreis macht das Haus später unverkäuflich.
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K-Geld 6/2005
14.12.2005
Andreas Valda
Das Ehepaar Affolter (Name geändert) kaufte 1994 in einer Nachbargemeinde von Winterthur ein neues Einfamilienhaus. Das Haus kostete Fr. 560 000.-, das Grundstück Fr. 222 000.-. Während das Haus herkömmlich finanziert wurde, erwarb das Ehepaar das Land im Baurecht.
Darunter versteht man ein Nutzungsrecht gegen Entgelt über eine gewisse Zeit, im konkreten Fall über 66 Jahre. Vereinbart wurde ein Baurechtszins von 5 Prozent pro Jahr. Affolters bezahlten also nebst dem Hypothek...
Das Ehepaar Affolter (Name geändert) kaufte 1994 in einer Nachbargemeinde von Winterthur ein neues Einfamilienhaus. Das Haus kostete Fr. 560 000.-, das Grundstück Fr. 222 000.-. Während das Haus herkömmlich finanziert wurde, erwarb das Ehepaar das Land im Baurecht.
Darunter versteht man ein Nutzungsrecht gegen Entgelt über eine gewisse Zeit, im konkreten Fall über 66 Jahre. Vereinbart wurde ein Baurechtszins von 5 Prozent pro Jahr. Affolters bezahlten also nebst dem Hypothekarzins für das Haus einen Baurechtszins von Fr. 11 100.- pro Jahr an den Grundeigentümer.
«Land und Haus viel zu teuer erstanden»
Das ging so lange gut, bis sie vor einem Jahr wegen ihrer Scheidung das Haus hätten verkaufen sollen. «Der Baurechtszins und der Landpreis machen das Haus unverkäuflich», hält Ueli Wintsch, Architekt, Schätzer und Immobilien-Verkäufer aus Winterthur, fest.
«Ohne einen wesentlichen Abschlag käme der Verkauf einem Beschiss am Kunden gleich», sagt Wintsch. Den Hauspreis schätzt er heute auf Fr. 420 000.-, den Landpreis auf Fr. 70 000.-. Das ist knapp ein Drittel des im Baurechtsvertrag definierten Betrages.
«Affolters haben Land und Haus damals viel zu teuer erstanden», sagt Wintsch. Auch der Zins von 5 Prozent sei überrissen. «Das von uns verkaufte Nachbarhaus war mit 3,75 Prozent belastet.»
Mittlerweile lebt der geschiedene Ehemann mit dem Sohn im Haus. Er war lange arbeitslos und kann die Zinsen nur knapp bezahlen. Eigentlich müsste er verkaufen. Sollte das Haus unter den Hammer kommen, wird der Erlös nicht einmal die Hypothek decken, errechnete Immobilien-Fachmann Wintsch.
Konditionen erst durch Fachmann überprüfen lassen
Nach Wintschs Ansicht sind hier zwei Dinge schief gelaufen: Die Hypotheken gebende Bank, eine Grossbank, hat beim Prüfen des Kredits versagt. Sie hätte die Finanzierung für ein potenziell unverkäufliches Haus nie gewähren dürfen. Und die Käufer haben sich vor dem Kauf zu wenig genau beraten lassen.
«Baurechtsverträge sind kompliziert. Weil nicht der gesamte Kaufbetrag geschuldet, sondern mit einem Baurechtszins abgegolten wird, unterschätzt man die finanziellen Folgen», sagt Ueli Wintsch. Einzig wer die Konditionen im Hinblick auf einen allfälligen späteren Verkauf von einem Fachmann überprüfen lasse, laufe nicht Gefahr, in die gleiche Lage zu kommen wie Affolters. Allein in deren Siedlung dürften weitere rund 40 Familien von überrissenen Konditionen betroffen sein.
Das sind die wichtigsten Punkte
Beim Kauf einer Liegenschaft im so genannten dauernden Baurecht erwirbt man nur das Haus, das Land bleibt Eigentum des Verkäufers. Er überlässt es dem Liegenschaftskäufer zur Nutzung für eine feste Dauer von 30 bis zu 99 Jahren.
Dafür entrichtet der Baurechtnehmer jährlich einen Baurechtszins in Prozenten des Landpreises. Dieser Zins wird je nach Vereinbarung angepasst, zum Beispiel an die Teuerung.
Nach Ablauf des Baurechts fällt das Haus in den Besitz des Grundeigentümers zurück. Das nennt man Heimfall. Der Baurechtsgeber hat dafür eine Entschädigung zu leisten, die beziffert oder geregelt ist. Die Rechte und Pflichten aus einem Baurechtsvertrag werden öffentlich beurkundet.
Beachtet werden sollten mehrere Aspekte:
- Kaufpreis: Sind die Kosten für Haus und Land marktüblich?
- Baurechtszins: Entspricht er einer marktgerechten Rendite?
- Anpassung: Ist im Vertrag unter gewissen Bedingungen auch eine Senkung des Baurechtszinses verankert? Etwa eine Kopplung an Hypozinsen oder die Zinssätze der Bundesanleihen.
- Nutzung: Hindern stark einschränkende Regeln den Umbau oder die Umnutzung der Liegenschaft? Der Baurechtsnehmer darf nur jene Bauten errichten, die ihm aufgrund des Vertrags erlaubt sind. Eine Überschreitung der Baubefugnis führt entweder zur Erhöhung des Baurechtszinses oder zum Recht auf Beseitigung.
- Ist der Wert für den Heimfall - also für die Rückgabe von Haus und Grundstück - klar geregelt und fair?