Verschiedene Namen - gleiches Produkt
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saldo 20/2000
06.12.2000
Saeco produziert Kaffeemaschinen für Coop und Migros; sieben Kühlschrankmarken stammen aus derselben Fabrik. Markenartikel unterscheiden sich oft nur noch durch den Namen - und im Preis.
Der Name bürgt für Schweizer Qualität: V-Zug. Das V steht für Verzinkerei, Zug für den Produktionsstandort. Die Firma zählt zu den vier bedeutendsten im Bereich der Grosshaushaltsgeräte. Entsprechend selbstbewusst tritt der Schweizer Konzern in der Werbung auf: "Wer eiskalt vergleicht, w...
Saeco produziert Kaffeemaschinen für Coop und Migros; sieben Kühlschrankmarken stammen aus derselben Fabrik. Markenartikel unterscheiden sich oft nur noch durch den Namen - und im Preis.
Der Name bürgt für Schweizer Qualität: V-Zug. Das V steht für Verzinkerei, Zug für den Produktionsstandort. Die Firma zählt zu den vier bedeutendsten im Bereich der Grosshaushaltsgeräte. Entsprechend selbstbewusst tritt der Schweizer Konzern in der Werbung auf: "Wer eiskalt vergleicht, wählt Zug", heisst der Slogan bei den Kühlschränken. Bei der Probe aufs Exempel löst sich der eiskalte Vergleich jedoch in warme Luft auf.
Kassensturz hat den Kühlschrank De Luxe von V-Zug mit dem Modell Swissiglu EKI von Kokurrent Sibir verglichen. Auf den ersten Blick fällt auf: Höhe, Breite, Tiefe wie auch Nutzinhalt und Grösse des Tiefgefrierfaches sind identisch. Und auch der Energieverbrauch in Kilowattstunden pro Jahr und die Energieeffizienz stimmen exakt überein.
Kühlschränke: Gleicher Hersteller, ungleicher Preis
Ein Telefonanruf beim einzigen Schweizer Kühlschrankproduzenten, Hermann Forster AG in Arbon TG, bringt des Rätsels Lösung: Das Modell von Sibir, aber auch das Original von Zug kommen aus den Produktionshallen im Thurgau. Die Kühlschränke sind baugleich. Ebenfalls identisch mit diesen Modellen: weitere fünf Kühlschränke von Electrolux, Siemens, Gehrig, Novelan und Therma.
Einziger Unterschied: Die Tablare sind verschieden geschaffen und der Preis variiert. Bei der Kassensturz-Stichprobe verlangten die Hersteller für die baugleichen Geräte Preise zwischen 1500 und 1800 Franken.
Grossfabrikanten produzieren viel günstiger
Nicht nur Kühlschränke, sondern auch Kaffee- oder Waschmaschinen gleichen sich im Geräteinnern häufig wie ein Ei dem anderen. "Die Produkte sind austauschbar geworden", bekennt der ehemalige Geschäftsführer des deutschen Elektroapparatekonzerns AEG, Bernd Böhme. Der Grund: Immer mehr Hersteller produzieren nicht mehr selber, sondern kaufen ihr Produkt günstiger bei wenigen Grossfabrikanten ein.
Zum Beispiel bei Saeco. Der italienische Konzern stellt für Coop und Migros sämtliche Espressomaschinen her. Verkauft werden die so genannten Eigenmarken dann unter dem Namen Satrap respektive Mio-Star. Der Geschäftsführer von Saeco Schweiz, Theodor Nützi, sagt offen: "Mit kleinen Stückzahlen allein lässt sich nicht mehr rentabel arbeiten. Wir verhehlen nicht, dass Saeco auch für andere Abnehmer Eigenmarken produziert." Dank dieser Expansionsstrategie haben sich die italienischen Kaffeebrüher als Marktführer im Espressomaschinengeschäft etabliert.
Etliche kleinere Hersteller wurden in den letzten Jahren von Grossen geschluckt - Betrieben, die keine grossen Stückzahlen produzieren können, bleiben im europäischen Konkurrenzkampf nur die Brosamen. 1970 buhlten 50 verschiedene Hersteller von grossen Haushaltgeräten wie Kühlschränken oder Backöfen um die Gunst der Konsumenten. 1988 traten noch 20 selbstständig auf dem Markt auf - heute kontrollieren nur noch 6 Grosskonzerne den Markt: Bosch-Siemens, Electrolux, Whirlpool, Miele, V-Zug und Schulthess. Die sechs Grossen teilen sich laut Fachleuten drei Viertel des gesamten Jahresumsatzes von 1,4 Milliarden Franken in der Schweiz.
Doch die Fusionswelle machte auch vor bekannten Marken nicht halt: Bauknecht wurde dem US-Marktführer Whirlpool einverleibt - AEG, Therma oder Zanussi sind nur 3 von 23 Tochterfirmen des schwedischen Electrolux-Konzerns. Sibir und Gehrig gehören zu V-Zug, und Gaggenau wurde wiederum vom Fusionsprodukt Bosch-Siemens aufgekauft.
Der schweizerische Fachverband für Elektroapparate (FEA) rechnet sogar damit, dass sich weltweit noch mehr Hersteller zusammenschliessen werden. Geschäftsführer Rudolf Bolliger: "Der Wettbewerb unter den Anbietern ist enorm. Die Märkte sind gesättigt."
Doch diese Entwicklung bringt den Konsumenten auch Vorteile: Die Firmen müssen laufend ihren Service verbessern, um sich von der Konkurrenz zu unterscheiden. Martin Reithebuch, Leiter des Reparaturunternehmens Service 7000 in Netstal GL: "Es ist fraglich, ob sich Hersteller allein mit ihren Produkten noch auf dem Markt behaupten können. Marketing und gute Serviceleistungen werden immer wichtiger." Bei den Kaffeemaschinen heisst das beispielsweise, dass Geräte innert zwei Tagen repariert sein sollten.
Identische Technik auch bei Hi-Fi-Geräten die Regel
Zudem: Haushaltgeräte sind technisch besser und dank Massenproduktion immer billiger geworden. 1970 kostete ein Einbaugeschirrspüler noch rund 2700 Franken, während heute wesentlich ausgereiftere Modelle bereits unter 2000 Franken zu haben sind.
Was bei den Haushaltgeräten gilt, trifft auch für die Unterhaltungselektronik zu: Unter der Haube von verschiedenen Markenprodukten steckt oft dieselbe Technik.
Kassensturz schaute bei der Luxusmarke Bang & Olufsen unter das edle Design eines Videorekorders. Das für die Qualität entscheidende Teil eines Videorekorders ist sein Antrieb. Unter der B&O-Schale findet Kassensturz einen hundsgewöhnlichen, serienmässig hergestellten Antrieb von Philips. Herkömmliche Technik unter teurer Verpackung also. Dieser Motor steckt in hunderttausend anderen Geräten. Nur sind diese Modelle höchstens halb so teuer.
Interessant: Die Werbeagentur Advico Young & Rubicam hat Schweizerinnen und Schweizer befragt, welche Marke in ihren Augen für besonders gute Qualität bürgt. Dabei schaffte es B&O auf den ausgezeichneten dritten Platz. Erst auf Rang 16 folgt Konkurrent Philips. Dabei steckt ausgerechnet die Technik dieser qualitativ weniger hoch eingeschätzten Marke im B&O-Video.
Peter Basler, Marc Meschenmoser