Die Allfinanz & Treuhand Group (ATG) in Schöftland AG bezeichnet sich als unabhängiges Allfinanz- und Treuhandunternehmen. Es empfiehlt sich unter anderem für die Vermögensverwaltung und Pensionsberatung. Ein auf der ATG-Website veröffentlichter «Glaubenssatz» lautet: «Unsere Kunden haben Vertrauen in uns und sind uns treu.»
Doch ihr Vertrauen in die ATG haben die Ex-Kunden Andreas Becker und Erik Kustermann (Namen geändert) aus dem Kanton Zürich längst verloren. Becker vertraute der ATG mehrere Zehntausend Franken zur Verwaltung an. Und Kustermann überliess der ATG von 2004 bis 2010 rund 1 Million Franken zur Verwaltung.
Beckers Geld und rund 100 000 Euro von Kustermann zahlte die ATG 2008 in den Anlagefonds K1 Global ein. Becker dazu: «Mein Vermögensverwalter hatte bei der Wahl der Geldanlagen gemäss Vertrag freie Hand.» Schliesslich wirbt ATG auch vollmundig: «Ihr Vermögen ist bei uns in sicheren Händen.»
Der 74-jährige Kustermann hatte vorgängig immerhin ein Faktenblatt des K1-Fonds zu Gesicht bekommen: Es wies von 1996 bis März 2008 einen kumulierten Gewinn von fast 800 Prozent aus. Die Jahresrenditen betrugen bis zu 43 Prozent. Um Investitionen in dieses «nicht traditionelle Investmentprodukt» tätigen zu dürfen, liess sich die ATG von Kustermann im Juli 2008 eine schriftliche Ermächtigung geben. Im Begleitschreiben stand: Es bedürfe einer Risikostreuung in Produkte mit «grösserer Sicherheit wie Hedge Funds, Funds of Hedge Funds und Offshore Funds».
Das lange Warten auf 100 000 Euro investiertes Geld
Der K1-Hedgefonds gehörte dem deutschen Anlagebetrüger Helmut Kiener. Er hatte mit seinen Fonds K1 und X1 ab Ende der 90er-Jahre bis 2008 rund 5000 Kleinanleger um rund 300 Millionen Euro gebracht. Nach Auskunft des Zürcher Wirtschaftsanwalts Daniel Fischer handelt es sich bei Kieners Opfern in über der Hälfte der Fälle um Schweizer Anleger. Kiener wurde vom Landgericht Würzburg (D) im Juli 2011 zu elf Jahren Haft verurteilt.
ATG-Geschäftsführer René Müller schreibt K-Geld: «Die ATG hat den Fonds vor der Investition geprüft.» Das Unternehmen habe seine Sorgfaltspflichten erfüllt.
Fischer versucht im Auftrag der ATG und weiteren 20 Vermögensverwaltern auf dem Gerichtsweg rund 20 Millionen Franken aus der K1-Liquidationsmasse zurückzuerhalten. Becker und Kustermann warten bis heute vergeblich auf Rückzahlungen ihrer Investition.
Pensionär Kustermann hat gleich doppeltes Pech: Die ATG hatte Anfang 2008 rund 33 000 Franken seines Geldes in sogenannte Snowball Notes der isländischen Kaupthing-Bank investiert – Papiere mit angeblich «100 Prozent Kapitalschutz». Bereits im Oktober 2008 war die Kaupthing-Bank zahlungsunfähig. Der in Geldanlagen unerfahrene Kustermann sagt über sein vermeintlich geschütztes Pensionskapital: «Der K1-Fonds und die Snowball-Papiere werden bis heute im Depot der Credit Suisse mit ‹Wert unbekannt› aufgeführt.»
Wie viel die beiden Anleger total verloren haben, wissen sie erst nach Abschluss der Liquidationsverfahren. Und das kann noch Jahre dauern. ATG-Geschäftsführer René Müller sagt zum Verlustgeschäft: «Auf das Verlustrisiko bei Zahlungsunfähigkeit der Kaupthing-Bank wurde durch die Credit Suisse nicht hingewiesen.» Die Grossbank hatte die Snowball Notes vertrieben, wollte diesen Vorwurf aber nicht kommentieren.
Tipps: Checkliste Vermögensverwaltung
- Erteilen Sie das Mandat einem unabhängigen Geldverwalter.
- Achten Sie auf tiefe Vermögensverwaltungskosten und kostengünstige Investitionen wie börsengehandelte Indexfonds.
- Im Vertrag festhalten, dass allfällige Retrozessionen an Sie herausgegeben werden.
- Unterschreiben Sie nie einen Vermögensverwaltungsvertrag ohne ausführliches Beratungsgespräch. Vor dem Unterschreiben sollten Sie eine in Geldfragen erfahrene Vertrauensperson konsultieren.
- Definieren Sie im Vertrag so genau wie möglich, in welche Anlagen investiert werden darf und legen Sie eine Verlustlimite fest.
- Achten Sie darauf, dass alle Gebühren und Verwaltungskosten im Vertrag abschliessend genannt und in den Auszügen ausgewiesen werden.
- Verlangen Sie regelmässig Berichte zur Handelstätigkeit und ein Einsichtsrecht auf das Handelskonto des Verwalters bei der Depotbank.
- Allfällige Kündigungsfristen im Vertrag sind ungültig. Ein Vermögensverwaltungsvertrag ist jederzeit kündbar.
- Lassen Sie sich alle Abmachungen schriftlich bestätigen.