Unübersichtliches Angebot, grosse Preisdifferenzen
Seine Schlüssel zu verlieren, ist ärgerlich - und teuer. Eine saldo-Stichprobe zeigt, dass es sich lohnt, einen kühlen Kopf zu bewahren und mehrere Angebote zu vergleichen.
Inhalt
saldo 2/2006
01.02.2006
Sigrid Cariola
Schlüsselservices bieten ihre Dienste mit seltsamen Methoden an: Sie nennen sich «A+A+A Schlüsselservice» oder «A & A Aaabaab Master Key» oder A & A & A & 24 Std. Schlüsselservice». Die A-Invasion hat einen Grund: Die Anbieter wollen im Branchenbuch allesamt an prominenter Stelle erscheinen. Das Geschäft mit dem Verlust von Schlüsseln lohnt sich offensichtlich. Kein Wunder: Wer seine Schlüssel verloren hat, befindet sich im Ausnahmezustand. Er ist bereit, nahezu jeden Preis zu bezahle...
Schlüsselservices bieten ihre Dienste mit seltsamen Methoden an: Sie nennen sich «A+A+A Schlüsselservice» oder «A & A Aaabaab Master Key» oder A & A & A & 24 Std. Schlüsselservice». Die A-Invasion hat einen Grund: Die Anbieter wollen im Branchenbuch allesamt an prominenter Stelle erscheinen. Das Geschäft mit dem Verlust von Schlüsseln lohnt sich offensichtlich. Kein Wunder: Wer seine Schlüssel verloren hat, befindet sich im Ausnahmezustand. Er ist bereit, nahezu jeden Preis zu bezahlen, um möglichst rasch wieder in seine Wohnung zu gelangen. Vor allem wenn das Malheur nach den offiziellen Büro- und Geschäftszeiten offenbar wird. Dann verlangen die Schlüsselservices spezielle Abend-, Nacht- oder Pikettzuschläge.
Offerten: Zum Teil über 100 Franken Preisunterschied
saldo wollte es genau wissen und befragte 15 Schlüsseldienste in fünf Schweizer Städten, welchen Tarif sie für das Öffnen einer Wohnungstür ohne irgendwelche Spezialschlösser und -sicherungen verlangen. Jeweils nach 17 Uhr meldete sich eine Anruferin bei ihnen, die vorgab, ihren Wohnungsschlüssel verloren zu haben. Um ein genaueres Bild über die Geschäftsphilosophie zu erhalten, wurden die Firmen mit einem weiteren Fall konfrontiert: Eine zweite Anruferin behauptete, den Schlüssel für das Vorhängeschloss ihres Kellerabteils verlegt zu haben.
Das Resultat der Stichprobe: Es lohnt sich, mehrere Offerten einzuholen. Die Angebote sind sehr unterschiedlich - die Differenz kann schnell 100 Franken und mehr ausmachen.
Bemerkenswert ist, dass sich nur wenige Anbieter - wie zum Beispiel Anzi und Zaugg in Luzern - genau nach der Art des Schlosses erkundigen. Die meisten nennen ohne spezielle Rückfragen einen Basispreis von 150 bis 280 Franken, betonen allerdings, dass je nach Art des Schlosses noch Kosten für einen neuen Zylinder dazukommen könnten. Das wären noch einmal 150 bis 220 Franken. Andere wiederum wollen sich auf keinen Preis festlegen und geben nur auf hartnäckiges Nachfragen eine grobe Kostenschätzung an.
Schloss aufbohren: Oft unnötig, bringt aber mehr Geld ein
Generell erwarten die Schlüsseldienste, dass sie bar bezahlt werden. Lediglich Schlüssel Sesam in Basel stellt eine Rechnung, und 1 A Aare Schlüssel Hug in Thun würde sich bereits mit einer Anzahlung zufrieden geben.
Augenfällig ist das Preisgefälle zwischen den Regionen. Wer in Zürich lebt und einen Wohnungsschlüssel verliert, muss am teuersten dafür bezahlen. In Basel, Bern, St. Gallen und Luzern veranschlagen die Schlüsseldienste selbst für den ungünstigsten Fall - Schloss aufbohren und einen neuen Zylinder einsetzen - nie mehr als 400 Franken.
Einige Zürcher Anbieter rechnen mit deutlich mehr; Claudio de Maio von A & A & Aaabaab mit Fr. 516.50 am meisten. Er begründet den stolzen Tarif damit, dass er stets den höchsten Preis nenne, damit die Kunden für den ungünstigsten Fall gewappnet seien. «Wenn es sich um ein einfaches Schloss handelt und das Öffnen nur 350 Franken kostet, sind die Leute froh.»
Generell gilt die Regel: Je stärker gesichert, desto aufwändiger und teurer ist es, ein Schloss aufzubekommen. «Bei einem einfachen Schloss ist es gar nicht immer nötig, den Zylinder aufzubohren und durch einen neuen zu ersetzen», betonen Josef Anzi aus Luzern und Peter Zürcher von Haza Schlüsselservice in Bern. Dennoch greifen einige Schlüsseldienste schnell zum Bohrer - damit lässt sich mehr verdienen.
Ein weiterer Grund für die hohen Preise: Der Zuschlag von rund 100 Franken für den abendlichen Pikettdienst. In Zürich beginnt dieser bei A& A & Aaabaab und 24 h Alreel Key Service bereits um 16.30 Uhr. Andere Anbieter arbeiten zu dieser Zeit noch zum günstigeren Normaltarif, zum Beispiel Schlüssel-Angst, der bis 18 Uhr den Tagestarif verrechnet, allerdings keinen Pikettdienst anbietet. Auch Schlüsselservice Asgam hat mit rund 400 Franken für Zürcher Verhältnisse ab 17 Uhr relativ tiefe Preise.
Im Branchenbuch sind die günstigeren Schlüsseldienste in der Flut der Einträge allerdings gar nicht so einfach zu finden. Selbst wer sich die Mühe macht, mehrere Rufnummern abzutelefonieren, wird häufig wieder bei den gleichen Anbietern landen. So firmiert Claudio de Maio im Branchentelefonbuch nicht nur unter eigenem Namen, sondern auch unter Masterkey und A & A & Aaabaab. Ab 17 Uhr haben zudem diverse andere Schlüsseldienste ihre Anrufe auf seinen Pikettdienst umgeleitet.
Erfreulich: Es gibt durchaus Firmen, die nach einer Lösung im Sinne des Kunden suchen. So schlug 1 A Aare Schlüssel Hug der Anruferin vor, bei einer Kollegin zu übernachten und am nächsten Morgen zum Tagestarif wieder anzurufen. Schlüssel Sesam macht ebenfalls den Vorschlag, auswärts zu übernachten und sich den zweiten Schlüssel des Partners per Kurier schicken zu lassen.
Vorhängeschloss: Fünf Firmen raten zur Selbsthilfe
Beim zweiten Fall, dem einfachen Vorhängeschloss für das Kellerabteil, raten mehrere Schlüsseldienste aus Kostengründen zur Selbsthilfe. Schlüssel Sesam, Haza Schlüsselservice, Schlüsselservice Müller sowie Schlüssel-Angst und A & A & Aaabaab empfehlen, das Schloss selber aufzubrechen oder den Hauswart zu benachrichtigen. Der A & 24- Std.-Aufsperrdienst macht es sich da einfacher: Für 180 bis 220 Franken kommt jemand vorbei - im stolzen Preis inbegriffen ist allerdings nicht einmal ein neues Vorhängeschloss. Das solle man bitte schön selbst besorgen.
Tipps und Tricks bei verlorenen Schlüsseln
- Ein Anruf bei der Polizei kann weiterhelfen. So haben etwa die Stadtpolizei in Bern, St. Gallen, Winterthur und Zürich eine Liste zuverlässiger Schlüsseldienste.
- Je später Sie bei einem Schlüsseldienst anrufen, desto teurer wird es. Achtung: Bei den einen beginnt der Pikettdienst bereits ab 16.30 Uhr, bei anderen erst ab 18 Uhr.
- Vorsicht bei Schlüsseldiensten, die Ihr Schloss sofort aufbohren wollen. Das kostet mehr und ist in vielen Fällen gar nicht nötig.
- Wer notorisch Schlüssel verlegt oder verliert, sollte bei einer Vertrauensperson oder im Geschäft ein Exemplar deponieren.
- Tragen Sie nicht alle Schlüssel am selben Schlüsselbund.
- Wer seine Schlüssel verloren hat, darf nicht damit rechnen, dass die Versicherung einspringt. Hausratversicherungen kommen nur bei Diebstahl für den Schlüsselersatz und, wenn notwendig, für Schlossänderungskosten auf. Leistungen sind in der Regel betraglich begrenzt. Verlangt der Vermieter den Ersatz des gesamten Sicherungssystems, um einen Einbruch zu verhindern, kommt die Haftpflichtversicherung zum Zug. Je nach Fall muss sich aber auch der Versicherte an den Kosten beteiligen.
Die saldo-Stichprobe
Saldo konfrontierte 15 Schlüsseldienste in den Städten Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich mit zwei Fällen.
- Fall 1: Die Anruferin hat ihren Wohnungsschlüssel verloren. Es handelt sich um ein gewöhnliches Schloss, Zylindertyp Kaba 20. Es gibt einen Zweitschlüssel, aber zu diesem hat die Kundin an diesem Tag keinen Zugang. Der Anruf erfolgte jeweils nach 17 Uhr.
- Fall 2: Die Anruferin hat den Schlüssel für ein einfaches Vorhängeschloss ihres Kellerabteils verloren. Da sie am nächsten Tag verreisen will und ihre Koffer im Kellerabteil lagern, muss sie am gleichen Tag noch Zugang zum Kellerabteil bekommen. Sie meldete sich jeweils vor 17 Uhr bei den Schlüsseldiensten.
In beiden Fällen wurde danach gefragt, was es ungefähr kosten würde, die Tür beziehungsweise das Schloss öffnen zu lassen. Im zweiten Fall wurde auch nach dem Preis für ein neues Vorhängeschloss gefragt.