Unschuldig in Auto-Unfall verwickelt - Erhalte ich eine Entschädigung?
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Haus & Garten 4/2000
01.09.2000
Ich wurde mit meinem noch fast neuen Auto unschuldig in einen Unfall verwickelt. Dabei wurde die Heckpartie des Wagens stark beschädigt. Trotz Reparatur gilt mein Auto jetzt als Unfallwagen: Kann ich eine Minderwertentschädigung verlangen?
Ja. Wer unschuldig mit einem anderen Auto zusammengestossen ist, hat Anspruch auf eine kostenlose Wiederherstellung seines Wagens und gegebenenfalls auf eine Minderwertentschädigung.
Die Haftpflichtversicherung des fehlbaren Le...
Ich wurde mit meinem noch fast neuen Auto unschuldig in einen Unfall verwickelt. Dabei wurde die Heckpartie des Wagens stark beschädigt. Trotz Reparatur gilt mein Auto jetzt als Unfallwagen: Kann ich eine Minderwertentschädigung verlangen?
Ja. Wer unschuldig mit einem anderen Auto zusammengestossen ist, hat Anspruch auf eine kostenlose Wiederherstellung seines Wagens und gegebenenfalls auf eine Minderwertentschädigung.
Die Haftpflichtversicherung des fehlbaren Lenkers schuldet Ihnen eine Entschädigung, wenn durch die Kollision ein Minderwert entstanden ist.
Ein Minderwert liegt vor, wenn Sie bei einem Verkauf für Ihr Fahrzeug trotz Reparaturarbeiten nicht mehr so viel verlangen können wie vor dem Unfall. Und: Sie müssen das reparierte Auto in der Regel als Unfallauto gegenüber einem Kaufinteressenten deklarieren. Die Bemessung des Minderwerts ist abhängig vom Wert des Autos vor dem Unfall, von der Stärke der Kollision und vom Anteil der Ersatzteile. Für die Bestimmung des Vorunfallwerts gelten unter anderem die Bewertungsrichtlinien der Eurotax.
Über einen allfälligen Anspruch auf eine Entschädigung durch die Haftpflicht entscheidet die 60-Prozent-Grenze. Beträgt der Wert des Autos vor dem Unfall weniger als 60 Prozent des Katalogpreises, ist eine Minderwertentschädigung in der Regel ausgeschlossen. Der Wagen kann durch die Reparatur und neue Ersatzteile sogar an Wert gewinnen.
Ist das Auto noch mehr als 60 Prozent des Katalogpreises wert, können Sie bei der Haftpflichtversicherung eine Minderwertentschädigung verlangen.
Der Schweizerische Verband der freiberuflichen Fahrzeugsachverständigen (Vffs) hat für die Bemessung des Minderwerts Richtlinien erlassen. Daran halten sich für gewöhnlich auch die Versicherungen.
Nach der Anspruchsliste des Vffs gibt es nicht für jede Art von Beschädigung eine Minderwertentschädigung.
Wenn nach einem Unfall zum Beispiel bloss ein Blechschaden zu reparieren ist, können Sie eine solche Entschädigung nicht geltend machen. Anders liegt der Fall, wenn so genannte primär- oder sekundärtragende Fahrzeugelemente gerichtet oder ersetzt werden müssen.
Danach errechnet man den Minderwert für ein Auto folgendermassen:
- Null bis drei Prozent des Zeitwertes bei der Beschädigung sekundär tragender Teile wie eingeschweisste Heck- oder Frontbleche. Es ist egal, ob dabei ein oder mehrere tragende Elemente beschädigt worden sind.
- Zwischen null und zehn Prozent des Zeitwerts bei der Beschädigung primär tragender Teile wie Chassis, Türpfosten, Dachholm oder Querträger.
Der Fahrzeugspezialist bemisst den Minderwert nach Schwere und Lage der Deformation, nach dem Vorunfallwert des Fahrzeugs und dem Reparaturvorgehen.
Achtung: Bei einer mangelhaft ausgeführten Reparatur können Sie keine höhere Minderwertentschädigung verlangen. Dafür ist alleine der Reparateur zuständig.
Tipps:
- Fordern Sie bei der Haftpflichtversicherung des fehlbaren Lenkers eine Minderwertentschädigung. Denn die wenigsten Versicherer bieten Ihnen von sich aus eine Entschädigung an.
- Erkundigen Sie sich beim Reparateur nach der Art des Schadens. Das verschafft Ihnen Argumente, um kritisch auf den Vorschlag der Gesellschaft einzugehen.
- Betrachten Sie die offerierte Entschädigung des Versicherers als unverbindlich. Scheuen Sie sich nicht, einen Gegenvorschlag zu machen. Gehen Sie ruhig an die obere Grenze der Minderwertentschädigung.
Beschädigung mit Anspruch
Primärtragende Fahrzeugelemente
- Fahrgastzelle, tragende Aufbauelemente wie A-, B-, C-Säulen
- Haupt-, Quer- und Längsträger in den Bereichen von Motor-, Achs- und Getriebeaufhängungen und Feder- sowie Federbeinbefestigungen
Sekundärtragende Fahrzeugelemente
- Tragende Karosserieteile wie kleinere Quer- und Längsträger
- Längsträger ausserhalb der Achsaufhängungen
- Radkästen, Boden- und Dachbleche
- Geklebte, eingeschweisste Kotflügel, Seitenwände sowie Front- und Heckbleche.
Quelle: Vffs-Bewertungsrichtlinien für Strassenfahrzeuge.