Der neue Swisspass ist für Konduk­teure und Bahnkunden ein Ärgernis. Pascal Fiscalini, Kondukteur und Vizepräsident des Unter­verbands des Zugpersonals, sagt: Die Kondukteure brauchen dreimal länger für die Billettkontrollen als bisher. 

Aktuell verfügt rund ein Fünftel aller Abobesitzer über einen Swisspass (siehe Unten).

«Vor der Einführung nicht richtig getestet»

Die Kondukteure müssen jeden Pass in die Hände nehmen und in ihr Gerät ein­lesen. SBB-Kondukteur Peter K. spricht von «brutal vielen Kinderkrankheiten». Der Swisspass sei vor der Einführung wohl gar nicht richtig getestet worden. Das Gerät habe auch beim Ein­lesen von Internettickets Mühe. Zudem bereite der Akku häufig Schwierigkeiten. Teilweise reiche er nicht einmal für eine ganze Schicht und müsse unterwegs wieder aufgeladen werden. Die SBB würden ­ihnen nun einen zweiten Akku mitgeben.

Daten auf Lesegeräten nicht aktualisiert

Mehrere Kondukteure bestätigen zudem, dass es zu Synchronisationsproblemen zwischen Lesegeräten und Datensammlung kommen kann. Das ist der Fall, wenn die Kundendaten auf dem Gerät nicht aktuell sind. Ein gültiger Swisspass kann dann als ungültig angezeigt werden. Der Kondukteur muss in diesem Fall umständlich die Zentrale anrufen und die Daten prüfen lassen. Das verlangsamt die Kontrolle in den Zügen zusätzlich. 

Angesprochen auf diese Probleme verweisen die SBB bloss auf ihre Medienmitteilung vom 2. September 2015. Dort heisst es: «Die neuen Verkaufs- und Kontrollprozesse haben die ersten Belastungstests in der Praxis erfolgreich bestanden.»

Fiscalini sagt: «Wenn die Kontrollen dreimal länger dauern, muss man auch dreimal mehr Kontrolleure einstellen.» Doch davon wollen die SBB nichts wissen. Stattdessen schreiben sie in ihrer Medienmitteilung, dass die Kontrollen «präziser und verlässlicher» würden. Fiscalini seinerseits be­fürchtet, dass wegen der zeitaufwendigen Kontrollen des Swisspasses auch die Schwarzfahrerquote steigt. 

«Servicegang» statt Billettkontrolle

Fest steht: Auf viel befahrenen Strecken wie Zürich–Luzern oder Zürich–Bern brechen die Kondukteure regelmässig 10 bis 15 Minuten vor Ankunft des Zuges die Kontrolle ab und machen nur noch einen sogenannten «Servicegang» durch den Rest des Zuges. Das heisst: Sie markieren Präsenz und beantworten Fragen der Reisenden, machen aber keine Kontrollen mehr.    

Jede Woche 50 000 mehr

Seit dem 1. August gibt es für General- und Halb­taxabos statt des ge­wohnten blauen Kärtchens den roten Swisspass. Laut SBB waren Anfang September 212 000 Personen mit dem Swisspass unterwegs. Im Durchschnitt kämen pro Woche 50 000 Abos hinzu. 

Der Swisspass muss im Gegensatz zum General­abo oder Halbtax vom Kondukteur mit einem Gerät eingelesen werden, da die Abodaten auf einem Chip gespeichert sind. 

Auf dem Swisspass ist nicht ersichtlich, ob jemand ein GA oder ein Halbtax gelöst hat und wann das Abo abläuft. 

Kommt hinzu: Liest ein Kondukteur den Kartenchip ein, speichert das Gerät automatisch die Kundendaten in einer Datenbank. Diese Daten bewahren die SBB während 90 Tagen auf. Sie wissen also von jedem General- oder Halbtaxbesitzer, in welchem Zug er in den letzten drei Monaten wann kontrolliert wurde. So lässt sich ein Bewegungsprofil erstellen.

Das sagen Bahnkunden zum Swisspass

Karin Graber, Starrkirch SO: «Der Swisspass ist sehr mühsam. Mit ihm dauern die Kontrollen viel länger. Es gibt aber auch Kontrolleure, die sich den Swiss­pass nicht einmal ­genau anschauen – weil er neu ist, sei er sowieso gültig.»

Marisa Fischer, Oftringen AG: «Mit den Swiss­pass dauern die Kontrollen länger. Mühsam ist es, wenn man gerade in einen Bahnhof einfährt und das Billett vor dem Aussteigen noch zeigen muss. Inzwischen geht es aber ­etwas besser.»

Werner Wenger, Trimbach SO: «Ich fand das alte Halbtax viel einfacher – vor allem auch für das Zugpersonal. Jetzt dauert alles länger. Vorher stand das Ablauf­datum noch auf dem Halbtax. Auf dem Swisspass sieht man es nun leider nicht mehr.»

Elisa Schreiner, Zürich: «Bis jetzt habe ich nur gute ­Erfahrungen mit dem Swisspass gemacht. Die Kontrollen sind ­reibungslos verlaufen.»