1. Für wen sinken bei einem Ja die Steuern?

Die Unternehmen werden ab dem Jahr 2020 weniger Steuern zahlen müssen, weil der Steuersatz sinkt. Der Bundesrat schätzt die Mindereinnahmen auf rund 2 Milliarden Franken – 600 Millionen für die Bundeskasse und 1,4 Milliarden für die Kantone.

2. Wer bekommt diese Mindereinahmen zu spüren?

Das ist noch ungewiss. In den letzten Jahren zeigte sich aber: Sinkende Firmensteuern führten in verschiedenen Kantonen zu weniger Prämienverbilligung bei der Krankenkasse, höheren Gebühren, Kürzungen bei den Steuerabzügen etc. (K-Tipp 8/2019).

3. Profitieren nur Unternehmen von dieser Steuervorlage?

Ja. Der Bundesrat hofft, dass die tieferen Steuersätze mehr ausländische Firmen in die Schweiz locken. Nur: Es gibt viele Staaten mit noch tieferen Steuern. Im Abstimmungsbüchlein steht: «Die geschätzten kurzfristigen Mindereinnahmen dürften mit der Zeit ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Es könnten sogar Mehreinnahmen gegenüber heute resultieren.» Doch selbst das Eidgenössische Finanzdepartement lässt auf seiner Internetseite durchblicken, dass Aussagen über die Folgen der Steuerreform letztlich spekulativ sind. 

So schreibt das Finanz­departement: «Die Schätzung der langfristigen finanziellen Auswirkungen der Steuermassnahmen ist naturgemäss mit grossen Unsicherheiten verbunden. Es ­müssen beispielsweise Annahmen bezüglich des Verhaltens der Unternehmen oder der Entwicklungen im Ausland getroffen werden.» 

4. Für wen steigen bei einem Ja die Steuern?

Für die Inhaber von kleinen und mittleren Unternehmen. Wer über 10 Prozent an einem Unternehmen besitzt, muss künftig mehr Steuern auf die Dividenden bezahlen – sowohl beim Bund wie bei den Kantonen. 

5. Alle AHV-pflichtigen Arbeit­geber, An­gestellten, Selbständigen und Nichterwerbstätigen müssen bei einem Ja mehr AHV-Beiträge bezahlen. Wie viel macht das aus?

Für Angestellte steigt der AHV-Lohnabzug um 0,15 Prozent. Das macht bei ­einem Jahreslohn von 80 000 Franken 120 Franken aus. Die Arbeitgeber müssen die gleiche Mehrprämie zahlen, Selbständige in der Regel knapp das Doppelte. Für Nichterwerbstätige steigen die AHV-Kosten pro Jahr zwischen 13 und 650 Franken. 

Wichtig: Trotz der höheren Beiträge bleiben die Leistungen der AHV aber gleich. Sprich: Die ­Rentner bekommen später nicht entsprechend mehr Geld. 

6. Höhere Prämien ohne höhere Renten – hat die AHV zu wenig Geld?

Nein. In den letzten Jahrzehnten ist das Vermögen der AHV stets gestiegen, weil die Einzahlungen höher waren als die Rentenbezüge. Per Ende 2017 betrug das so gesammelte überschüssige Kapital fast 46 Milliarden Franken. Es hatte sich innert 15 Jahren fast verdoppelt. 

Seit 2014 nimmt die AHV zwar weniger an Beiträgen ein, als sie für Renten ausgibt. Dieses Minus konnte sie jedoch in der Regel über gute Anlageer­träge kompensieren. 

Letztes Jahr gelang ihr das nicht. Per Stichtag 31. Dezember 2018 verbuchte die AHV einen Verlust auf den Anlagen von 1,2 Milliarden Franken. Nur: Dieser Verlust wurde in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres schon wieder wettgemacht. Laut dem AHV-Fonds betrug der Gewinn 1,6 Milliarden Franken («Saldo» 8/2019). 

7. Im Abstimmungsbüchlein steht, dass sich die Situation der AHV mit der Pensio­nierung der geburten­starken Jahrgänge der Babyboomgeneration und mit der steigenden Lebenserwartung rasch verschärfen wird. Stimmt das? 

Die AHV besitzt nur deshalb ein so grosses Vermö gen, weil die Babyboomer während ihres Erwerbs­lebens mehr einzahlten, als die Rentner bezogen. In den nächsten rund zwölf Jahren wird sich das Blatt wenden. Das gesammelte Kapital wird aber gemäss den meisten Prognosen mindestens bis 2030 reichen. Ab dann wird eine neue Generation von Babyboomern erwerbstätig und Beiträge in die AHV einzahlen. 2016 und 2017 kamen in der Schweiz je über 87 000 Kinder zur Welt – und damit so viele wie letztmals im Jahr 1973.

Wie sich die Lebenserwartung künftig entwickelt, weiss letztlich niemand. Tatsache ist, dass die Lebenserwartung der 65-jährigen Frauen und Männer gemäss den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik seit einigen Jahren schwankt. Von 2016 auf 2017 sank sie für beide Geschlechter sogar um 0,1 Jahre. Bei den Zahlen des Bundesamts handelt es sich aber um Prognosen und Hochrechnungen, nicht um Fakten. So publizierte es Ende April neuste Zahlen. Daraus geht hervor, dass der Bund bereits heute zu wissen vorgibt,  dass 15 Prozent der 2017 geborenen Knaben und 26 Prozent der Mädchen mehr als 100 Jahre alt werden. 

Der K-Tipp hat gestützt auf die AHV-Zahlen der Jahre 1990 bis 2017 die tatsächliche Lebenserwartung von Rentnern ausgewertet. Dazu wurde das Durchschnittsalter beim Tod berechnet. Ergebnis: Die Anzahl Jahre, in denen die AHV Renten bezahlen musste, stagniert seit sieben Jahren. Und die effektive Lebenserwartung im Rentenalter ist ein bis drei Jahre tiefer als die offizielle Zahl des Bundesamts (K-Tipp 15/2018). 

8. Bei einem Ja zur Vorlage würde laut dem Abstimmungsbüchlein auch die Bundeskasse pro Jahr 800 Millionen mehr in die AHV zahlen. Stimmt das?

Ja. Was das Abstimmungsbüchlein aber verschweigt: 500 dieser 800 Bundesmillionen stammen aus dem Demografieprozent, das schon seit 1999 jährlich in die AHV fliessen müsste. Der Bund will damit etwas umsetzen, das er eigentlich schon seit 20 Jahren tun müsste. 

Das Demografieprozent geht auf eine Volksabstimmung im Jahr 1993 zurück. Die Stimmbürger hiessen damals eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt gut. Das Geld müsste laut Bundesverfassung voll und ganz der AHV zukommen. Dennoch beschloss die Mehrheit des Parlaments 1999, 17 Prozent davon in die Bundeskasse statt in die AHV fliessen zu lassen. Bis ­heute sind der AHV aus diesem Grund über 8 Milliarden Franken entgangen.