Der neu versiegelte Parkettboden in Barbara Scheideggers Wohnzimmer sah toll aus. «Es roch in der Wohnung zwar nach Lösungsmitteln. Aber das fand ich normal, und ich achtete nicht gross darauf», erzählt sie. Doch plötzlich litt Barbara Scheidegger abends häufig unter Kopfweh und hatte Niesanfälle.
Erst Monate später stellte sich heraus, was diese Beschwerden auslöste: Der Versiegelungslack auf dem Parkett enthielt Lösungsmittel in hoher Konzentration. Messungen ergaben massiv erhöhte Werte in der Raumluft, die sich auch mit viel Lüften nicht senken liessen. Schliesslich liess Barbara Scheidegger das Parkett abschleifen und mit einem lösemittelfreien Produkt behandeln. Ihre Kopfschmerzen ist Barbara Scheidegger seither los.
Sie ist nicht die Einzige, die erfahren musste, dass Wohnen krank machen kann. Auf Wohngifte und Elektrosmog können Menschen mit Übelkeit, Allergien, Schlaflosigkeit, Migräne und anderen Beschwerden reagieren.
Selbst kleine Mengen von Schadstoffen in der Wohnluft sind bedenklich. Denn diese Luft atmen wir einen grossen Teil des Tages ein. «Wir halten uns zu 60 Prozent in der eigenen Wohnung auf. Säuglinge, Kleinkinder und ältere Menschen verbringen sogar fast 90 Prozent der Zeit dort», rechnet Roger Waeber von der Fachstelle Wohngifte beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) vor.
Gutes Klima einplanen
Schon beim Hausbau lassen sich Voraussetzungen für eine gesunde Raumluft schaffen. Das heisst: Bereits bei der Planung muss darauf geachtet werden, dass Baumaterial und feste Einrichtungen so gewählt werden, dass sie möglichst wenig Schadstoffe abgeben. Und gleichzeitig muss ausreichend Frischluft in den Wohnräumen zirkulieren können.
Entscheidend für die Gesundheit und das Wohlbefinden ist weniger, ob gefährliche Chemikalien im Material enthalten sind. Vielmehr kommt es darauf an, ob und in welchen Mengen die Baumaterialien Schadstoffe in die Raumluft freisetzen. Solche Schadstoffe sind vor allem flüchtige Chemikalien wie Formaldehyd und Lösungsmittel. Diese dünsten aus Anstrichen, Klebstoffen, Dichtungsmassen sowie Boden- und Wandbelägen aus.
Keine oder nur geringe Ausdünstungen sind bei mineralischen Baustoffen zu befürchten: Steine, Ziegel, Mörtel, Beton, Glas, Kalk- und Silikatanstriche. Auch Metalle und Massivholz belasten die Raumluft kaum. Baubiologische Beratungen von Fachleuten vermittelt www.baubio.ch, die Internetseite der Interessengemeinschaft Baubiologie (SIB) oder Tel. 0848 105 848.
Die Öko-Labels
Sowohl beim Bauen als auch später beim Einrichten sollten Sie Produkte bevorzugen, die auf ihre Schadstoff-Abgabe geprüft worden sind. Zwei Labels, die solche Bauprodukte auszeichnen: Natureplus www.natureplus.org und der Blaue Engel www.blauer-engel.de. Infos zu weiteren Labels finden Sie unter www.labelinfo.ch.
Natürliche Möbel
Formaldehyd, Lösungsmittel und Holzschutzmittel sind die häufigsten Schadstoffe, die aus Möbelstücken entweichen. Diese Gifte lassen sich folgendermassen meiden: Wählen Sie geöltes oder gewachstes Holz statt lackiertes. Kaufen Sie Möbel aus Massivholz statt aus Spanplatten. Wenn Sie trotzdem die günstigeren Spanplatten vorziehen: Achten Sie auf die Bezeichnung «E1» sowie «Lignum CH 6,5» für formaldehydarmes Holz.
Gesunde Farben
An einem ungesunden Innenraumklima sind häufig Lösungsmittel aus Farben und Lacken schuld. Die organischen Zusatzstoffe sorgen dafür, dass Farben und Lacke nicht verklumpen und sich gut streichen lassen. Sie können aber auch Kopfschmerzen und Übelkeit verursachen. Die Alternative dazu sind wasserlösliche Anstriche. Gut geeignet für Allergiker sind auch mineralische Farben, da sie kaum flüchtige Stoffe freisetzen. Zur Verwendung von Natur- und Biofarben beim Heimwerken siehe auch Haus & Garten 1/2008.
Teppiche und Vorhänge
Selbst Textilien sind nicht frei von Wohngiften. Nützlich für die Auswahl sind deshalb das Gütezeichen GUT, ein internationales Label für gesundheitlich unbedenkliche Teppichböden, sowie Öko-Tex für schadstofffreie Textilien.
Häufig lüften hilft
Ein gesundes Wohnklima lässt sich vor allem auch mit regelmässigem Lüften schaffen. Eine gute Frischluftversorgung ist besonders wichtig in gut isolierten, energiesparenden Häusern. Denn: Je abgestandener die Raumluft ist, umso mehr Schadstoffe reichern sich an.
Mit Lüften kann man das Risiko für Milbenwachstum und Schimmelbefall vermindern. Feuchte Wohnungen sind nämlich ungesund: Sie können zu Schleimhautreizungen, Atemwegsbeschwerden, häufigeren Erkältungen, Allergien und Asthma führen. Kinder sind besonders betroffen. Als Faustregel fürs Lüften gilt: Im Minimum zwei- bis dreimal täglich 5 bis 10 Minuten Durchzug.
Weitere Tipps für gesunde Raumluft finden Sie unter www.wohngifte.admin.ch > Gesund Bauen und Gesund Wohnen.
Achtung Radon
Jedes Jahr sterben in der Schweiz rund 250 Menschen an zu hoher Radonbelastung. Das radioaktive Gas ist nach dem Rauchen die wichtigste Ursache für Lungenkrebs. Radon entsteht auf natürliche Art im Erdboden und gelangt von dort in die Häuser.
Radongebiete befinden sich hauptsächlich in den Alpen und im Jura. Auch im Mittelland gibt es aber vereinzelt hoch belastete Gebäude. Bei hoher Radonkonzentration in Innenräumen muss das Gebäude saniert und abgedichtet werden.
Im Internet lässt sich das Radonrisiko in jeder Gemeinde der ganzen Schweiz abfragen: www.bag.admin.ch > Themen > Strahlung > Radon.
Giftiger Tabakrauch
Viele Leute sind sich dessen gar nicht bewusst: In einem Raucherhaushalt ist Tabakrauch die mit Abstand stärkste Raumluftbelastung. Für Roger Waeber vom BAG ist klar: «Rauchen in Innenräumen verträgt sich nicht mit gesundem Wohnen.» Daran lässt sich auch mit häufigem Lüften nichts ändern. Tabakrauch enthält nämlich Feinstaubpartikel mit angelagerten Schwermetallen und krebserregenden, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie zahlreiche giftige Gase.
Altlast Asbest
Obschon Asbest seit 18 Jahren verboten ist, findet sich das Material immer noch in Fassadenverkleidungen, Wand- und Bodenbelägen, Deckenplatten, hinter Elektroinstallationen und in Blumenkisten. Gefährlich wird es dann, wenn Asbest bearbeitet wird und freigesetzte Fasern eingeatmet werden. Diese fördern Lungenkrebs.
Asbestverdächtiges Material sollten Laien deshalb auf keinen Fall beschädigen oder entfernen. Was bei Asbestverdacht zu tun ist, erfahren Sie unter www.forum-asbest.ch.
Risiko Elektrosmog
Hauptursache von Strahlung im Haushalt sind Elektrogeräte. Elektrischen und magnetischen Feldern kann man einfach aus dem Weg gehen: Man hält mindestens einen Meter Abstand von Geräten, die über längere Zeit in Körpernähe in Betrieb sind – wie Elektrowecker, Fernseher, Hi-Fi-Anlage, Leuchtstoffröhren und Babyphone. Bei unbenutzten Geräten den Stecker ziehen oder diese mittels einer Steckdosenleiste mit Kippschalter vom Stromnetz trennen.
Mehr dazu im Gesundheitstipp-Ratgeber «Gesundheitsrisiko Elektrosmog». Das 148-seitige Buch können Sie im Gesundheitstipp-Buchshop bestellen.