Der Besuch bei der Dentalhygienikerin ist für viele Patienten unangenehm. Zudem ist umstritten, ob die professionelle Reinigung Zähne und Zahnfleisch länger gesund hält, sagen immer mehr Kritiker.
Einer davon ist Elmar Hellwig, Chef der Abteilung für Zahnerhaltung und Parodontologie an der Uniklinik Freiburg (D). Er sagte der Zeitung «Frankfurter Rundschau», der Nutzen der Reinigung lasse sich wissenschaftlich nicht belegen. Zu diesem Schluss kam kürzlich auch der medizinische Dienst des deut- schen Krankenkassenverbands. Die Gründe: Direkt nach der Behandlung sind die Zähne zwar sauber. Aber schon zwei Stunden später besiedeln die ersten Bakterien wieder das Gebiss. Nach ein paar Tagen haben sie sich zu einem festen Belag zusammengerottet. Und spätestens nach sechs Wochen sind sie bereit, ihr zerstörerisches Werk wieder aufzunehmen. Das heisst: Die Kariesgefahr wird durch die Dentalhygiene gar nicht effizient bekämpft.
Jiri Sedelmayer, Mundhygieniker an der Universität Hamburg, ist überzeugt: «Die professionelle Zahnreinigung macht nur als einmalige Einstiegsbehandlung Sinn. Nachher muss eine Anleitung in Mundhygiene erfolgen.» Wenn es danach trotzdem immer wieder nötig sei, Zahnstein oder Verfärbungen in der Praxis entfernen zu lassen, hätte man den Kunden schlecht unterrichtet.
Richtig reinigen –kein Zahnstein
Um es richtig zu machen, wäre für jeden Patienten ein «individuelles Trainingsprogramm» nötig, sagt Sedelmayer. Eine entsprechend ausgebildete Fachperson müsste dem Patienten schonende und effektive Reinigungstechniken und den Umgang mit Hilfsmitteln beibringen. Aber leider werde der nötige Aufwand in kaum einer Praxis betrieben, so der Fachmann. Das wäre aber wichtig, denn: Wer seine Zähne täglich konsequent und gut reinige, bekomme weder Zahnstein noch Verfärbungen. Und damit wäre die professionelle Zahnreinigung überflüssig, sagt Sedelmayer. Hier die Tipps der Fachleute:
Zahn für Zahn
Man sollte seine Zähne zweimal täglich putzen, einmal am Morgen, einmal am Abend. Nach säurehaltigen Speisen und Getränken hingegen gilt: mindestens eine halbe Stunde warten. Denn die Säure weicht den Zahnschmelz auf. Wer zu früh putzt, kratzt die schützende Substanz weg.
Zähneputzen muss man mit System. Sedelmayer: «Man sollte einen Zahn nach dem anderen putzen, rundherum.» Besonders um die hinteren Zähne sammelt sich viel Belag an. Wichtig ist, dass man vom Zahnfleisch zu den Zähnen hin bürstet, keinesfalls waagrecht.
Die Zahnbürste
Hat die Bürste einen kleinen Kopf, erreicht man die hintersten Zähne besser. Zahnärzte empfehlen meist weiche, abgerundete Borsten.
Zahnseide, -hölzchen
Je nach Zahnstellung sind 40 Prozent der Zahnoberfläche für die Bürste nicht erreichbar. Für schwer zugängliche Stellen sind Zahnseide, Interdentalbürsten oder Zahnhölzchen unerlässlich. Bei Zahnseide ist allerdings Vorsicht geboten (siehe Ausgabe 9/2010). Ulrich P. Saxer vom Prophylaxezentrum in Zürich-Nord nennt den Grund: Beim Versuch, die Seide zwischen zwei Zähnen hindurchzuzwängen, schneide der Faden oft ins Zahnfleisch. Darum ziehe sich das Zahnfleisch mit der Zeit zurück, und Nahrungsreste könnten sich besser festklemmen.
Und so macht mans richtig: Mit der Zahnseide langsam zwischen den Zähnen «sägen». Dann die Fläche der beiden Zähne einzeln drei- bis viermal mit dem Faden abreiben. Am besten lässt man sich die Technik beim Zahnarzt zeigen. Allerdings: «Die richtige Handhabung beherrschen selbst Zahnärzte nur selten», so Jiri Sedelmayer.
Fluor
Es gilt als das wirksamste Mittel gegen Karies. Es härtet den Zahnschmelz und schützt die Zähne vor schädlichen Säuren im Mund. Das belegte vor vier Jahren eine Untersuchung der Cochrane Collaboration, eine Organisation unabhängiger Wissenschafter. Sedelmayer sagt: «Karies ist nicht die Folge von Fluoridmangel, sondern von schlecht gereinigten Zähnen.» Fluoride würden Karies nur reduzieren.
Ein Verfechter der professionellen Zahnreinigung ist Thomas Attin, Professor an der Universität Zürich. Er betont, dass die Dentalhygiene sehr wichtig sei. Sie erreiche, was der Patient zu Hause nicht könne: Zähne mit Fluor behandeln sowie Zahnstein und Bakterienbelag entfernen – speziell unterhalb des Zahnfleischs und in schwer zugänglichen Nischen. Das verhindere Karies und halte das Zahnfleisch gesund. Attin: «Natürlich geht das auch ohne Dentalhygiene.» Für ihn ist aber kein Patient in der Lage, die intensive tägliche Reinigung der Zähne über eine lange Zeit ohne professionelle Hilfe durchzuhalten.
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