Dort, wo heute der Bahnhof Brig steht, war ­früher Sumpf. Mit dem Bau der Simplon-Tunnelröhre im Jahr 1906 zähmten die Walliser die Rhone, entsumpften das Gebiet zwischen Brig und Naters und bauten den Bahnhof. Er zeigt in seinem neoklassizistischen Stil Glanz und Macht des Eisenbahnzeitalters. 

Tempi passati. Der Bahnhof Brig ist wieder im Sumpfzeitalter. Wer hier stecken bleibt und auf einen verspäteten Zug wartet, hat Pech. Und das ist sehr oft der Fall, weil die Züge aus Italien «in ritardo» sind. Diese Unpünktlichkeit pflanzt sich fort. Die ­Zeitschrift «Saldo» zeigte letzte Woche auf, dass die Strecke Brig–Sitten im Jahr 2018 mit nur 17,7 Prozent pünktlichen Zügen die Inter­city-Strecke mit den meisten Verspä­tungen war («Saldo» 1/2019).

Hinzu kommt: Der Wartsaal in Brig ist ab 20 Uhr geschlossen. Vorletzte Woche zum Beispiel ­blieben nach 21.30 Uhr gut 40 Leute stecken. Denn der Schnellzug Venedig–Genf hatte wie so oft Verspätung, und der Zug nach Bern «konnte den Anschluss leider nicht abwarten». Bei ­klirrender Kälte und Wind gab es kein warmes Plätzchen. Rentner auf dem Rückweg aus dem Tessin froren auf ihren Koffern. 

Bis schliesslich ein junger Mann die Initiative ­ergriff. Ein Schweizer Zöllner wimmelte ihn zwar noch ab: «Ich habe keinen Schlüssel für den Wartsaal.» Ein angesprochener deutscher Lokomotivführer von SBB Cargo zeigte sich aber sofort sehr hilfsbereit. Auch er hatte zwar keinen Schlüssel zum Wartsaal, aber er ­telefonierte umgehend mit der Leitzentrale. ­Gemeinsam fanden sie die Lösung: Der nächste Zug nach Bern mit ­Abfahrt in 40 Minuten ­wartete bereits auf dem Gleis, noch nicht ­angeschrieben, mit geöffneten Türen und ­wunderbar warm. 

Besten Dank dem kundenfreundlichen Mann von SBB Cargo! Er hat die Kunden nicht wie Ware, sondern wie Menschen behandelt.