Die Stimmbürger dürfen am 5. Juni nicht zum ersten Mal über den Service der Bundes­betriebe ab­stimmen. Im Jahr 2004 verlangte die Initiative «Postdienste für alle», dass der Bund den Abbau der Poststellen stoppt. Dahinter standen Konsumentenorganisationen und Gewerkschaften. Für mich ein Anlass, im damaligen Abstimmungsbüchlein nachzublättern. Der Bundesrat war auch damals gegen das Volksbegehren. Er schrieb in den Erläu­terungen: «Verändertes Kundenverhalten und technologische Neuerungen (...) zwingen die Post, ihre Infrastruktur an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Dazu gehören Umwandlungen, Verlegungen und vereinzelt auch Schliessungen von Poststellen, die von den Kundinnen und Kunden nicht mehr aus­reichend benützt werden.» Vereinzelte Schliessungen? In den letzten 15 Jahren schloss die Post 1800 Filialen – mehr als die Hälfte. 

Im Abstimmungsbüchlein von anno 2004 ist aber auch zu lesen: «Der Einbezug der Gemeinden bei Poststellen-Entscheiden ist gewährleistet.» Auch dies muss für jeden Gemeinderat, der sich gegen Postschliessungen in seiner Gemeinde wehrte, wie ein Hohn klingen. Betroffene Gemeinderäte schildern die Realität so: «Die geschniegelten Jung-Manager eröffneten uns, die Post in unserem Dorf werde geschlossen. ‹Rentiert nicht!› Auf Nachfragen unsererseits, wie gross denn das Loch sei, hiess es: ‹Geschäftsgeheimnis!› Auf den ­Vorschlag, dass die Gemeinde das Loch möglicherweise stopfen könnte, gingen sie nicht ein. Begründung: Sie könnten nicht gut­betuchte Gemeinden anders behandeln als arme. Wir hatten keine Chance. Diese ­Sitzungen mit der Post waren eine Farce.»

Eine Farce ist übrigens auch das aktuelle Abstimmungsbüchlein. Der Bundesrat betreibt Angstmacherei mit übler Propaganda. Die ­Initiative Pro Service public führe zu Leistungsabbau und zu Steuererhöhungen. In ein paar Jahren wird mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin ins Archiv steigen – und auch diese Behauptungen als Märchen entlarven.