Schwangerschaftsabbruch - Zeitpunkt bestimmt die Methode
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saldo 10/2002
22.05.2002
Für manche Frau ist eine Schwangerschaft ein Schock. Entscheidet sie sich für einen Abbruch, kann sie zwischen zwei Methoden wählen.
Rund 12000 bis 13000 unerwünschte Schwangerschaften werden jährlich in der Schweiz abgebrochen. Das heisst: Jede vierte bis fünfte Frau hat schon einmal abgetrieben. Wer sich für einen Abbruch entscheidet, kann grundsätzlich zwischen zwei Abtreibungsmethoden wählen: der chirurgischen und der medikamentösen. Wichtig ist, sich rechtzeitig üb...
Für manche Frau ist eine Schwangerschaft ein Schock. Entscheidet sie sich für einen Abbruch, kann sie zwischen zwei Methoden wählen.
Rund 12000 bis 13000 unerwünschte Schwangerschaften werden jährlich in der Schweiz abgebrochen. Das heisst: Jede vierte bis fünfte Frau hat schon einmal abgetrieben. Wer sich für einen Abbruch entscheidet, kann grundsätzlich zwischen zwei Abtreibungsmethoden wählen: der chirurgischen und der medikamentösen. Wichtig ist, sich rechtzeitig über beide Methoden zu informieren. Dem Eingriff muss eine eingehende Beratung durch die Ärztin oder den Arzt vorausgehen. Die betroffene Frau muss zudem ein zweites zustimmendes Gutachten von einem Arzt oder Psychiater vorlegen.
Der chirurgische Eingriff dauert etwa zehn Minuten
Die chirurgische Methode, auch als Absaugmethode bekannt, kann bis zwölf Wochen nach der Befruchtung angewendet werden. Die Patientin bekommt entweder eine Narkose oder eine örtliche Betäubung. Die Ärztin dehnt den Gebärmutterhals und saugt den Inhalt der Gebärmutterhöhle - Fötus bzw. Embryo, Schleimhaut, Plazenta und Fruchtwasser - mit einer Vakuumpumpe ab. Der Eingriff dauert ungefähr zehn Minuten. Nach der Operation kann es zu geringen Blutungen kommen, diese sind meistens nicht mit lang anhaltenden Schmerzen verbunden. Die Frauenärztin Sibil Tschudin stuft die Risiken bei einem sachkundigen Eingriff als gering ein. «Selten kommt es zu einer Verletzung des Gebärmutterhalses oder der Gebärmutterwand. Während oder nach der Operation können verstärkte Blutungen auftreten. In der Folge sind auch Infektionen möglich.»
Ein medikamentöser Abbruch kann bis Ende der 7. Woche, gerechnet ab dem ersten Tag der letzten Monatsblutung, durchgeführt werden. Diese Methode kommt nur für Frauen in Frage, die sich sehr schnell für einen Abbruch entscheiden können. Drei bis vier Arztbesuche sind erforderlich: Beim ersten nimmt die schwangere Frau das Medikament Mifegyne ein (früher bekannt unter RU 486). Damit wird die Entwicklung der Schwangerschaft gestoppt. Zwei Tage später erhält sie vom Arzt Prostaglandintabletten, die die Wehen auslösen. Die Frau bekommt Bauchschmerzen und starke Blutungen. Die Frucht wird meistens innert der nächsten Stunden oder Tage ausgestossen. Zwei bis drei Wochen nach der Einnahme des Prostaglandin ist eine Kontrolluntersuchung nötig. Wenn die Gebärmutter sich nicht vollständig entleert hat, müssen die verbliebenen Gewebereste abgesaugt werden.
Einer zukünftigen Schwangerschaft steht nichts im Weg
Beide Methoden sind ähnlich wirksam und sicher. Sie können ambulant in einem Spital oder in einer Arztpraxis vorgenommen werden. Auch einer zukünftigen Schwangerschaft, so Sibil Tschudin, steht nichts im Wege. «Bei einem sachkundigen Eingriff und ohne Komplikationen bestehen keine Probleme hinsichtlich Fruchtbarkeit, Schwangerschaft oder Geburt.»
Alice Funk
Der rechtliche Hintergrund - Gesetz und Realität klaffen heute weit auseinander
Ein Schwangerschaftsabbruch ist in der Schweiz grundsätzlich verboten. Legal ist eine Abtreibung laut Gesetz nur, wenn durch die Schwangerschaft ein schwerer, dauernder Schaden an der Gesundheit der schwangeren Frau zu befürchten ist. Diese Gefahr muss von einem Arzt und einem Psychiater bestätigt werden. Dann zahlt die Krankenkasse den Abbruch, sowohl den chirurgischen wie auch den medikamentösen. Man bedenke: Die Kosten für die Verhütung bezahlt jede Frau selbst!
In der Praxis wird der Begriff «Gesundheit» unterschiedlich ausgelegt. Allerdings haben wohl die meisten Ärztinnen und Ärzte eine liberale Einstellung. Denn im Jahr 2000 wurden 12 000 bis 13 000 legale Abtreibungen vorgenommen (Angabe der Schweizerischen Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs). Die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs sieht in den ersten zwölf Wochen Straffreiheit vor.
Informationen zum Thema Abtreibung im Internet: www.svss-uspda.ch Schweizerische Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs
Buchtipp: Michèle Minelli, «Tabuthema Abtreibung», Verlag Paul Haupt Bern, Fr. 32.-