Die harsche Kritik am strengen Bussenregime der SBB hat Wirkung gezeigt. Erstmals sprechen die Verantwortlichen von «zu komplexen» Tarifsystemen und einer «nicht kundenfreundlichen» Praxis. SBB-Chef Andreas Meyer: «Ich möchte nicht, dass langjährige und treue Kunden für ein einzelnes Missgeschick in jedem Fall gebüsst werden.» Gerade sie hätten eine angemessene Kulanz verdient.

Zudem: Einzelne Regeln seien zu kompliziert. «Das müssen wir korrigieren», wird Meyer in einer Medienmitteilung der SBB zitiert. Deshalb habe das Unternehmen Sofortmassnahmen beschlossen, die am 1. Juni 2013 in Kraft treten. Sie gelten dann für den ganzen öffentlichen Verkehr, nicht nur bei den SBB.

Die wichtigsten Änderungen

  • Das Online- und Mobile-Billett muss neu erst gelöst sein, wenn der Zug wirklich abfährt. Bisher war die fahrplanmässige Abfahrtszeit ausschlaggebend. Wer also kurz vor dem Einsteigen in einen verspäteten Zug ein Handy-Ticket löste, sass bereits in der Bussenfalle. Damit vergraulten die SBB auch internationale Touristen, wie der prominente Fall einer BBC-Reporterin unlängst gezeigt hat.
  • Passagiere, die ein Online- oder Mobile-Ticket gelöst haben, dieses aber nicht vorzeigen können (zum Beispiel Akku leer, Online-Ticket vergessen, etc.), müssen dies nachträglich erledigen. Allerdings: Die Reisenden erhalten vom Inkassocenter dazu eine Rechnung über 30 Franken. Konsumentenschützer bezeichnen diese Gebühr als unverhältnismässig hoch.
  • Die Auswahl der Reisewege im Gebiet des Z-Pass wird in den nächsten Monaten auf die am häufigsten genutzten Varianten reduziert. Und: Die SBB verzichten auf Forderungen, wenn ein Reisender «in guter Absicht» ein falsches Billett gelöst hat. K-Tipp und Saldo liegen Fälle von Bahnkunden vor, bei denen selbst Zugbegleiter den Überblick im Tarifdschungel verloren haben.

Generell wollen die SBB ihrem Personal wieder grösseren Handlungsspielraum gewähren. So hätten die Zugbegleiter die Möglichkeit, in begründeten Einzelfällen vermehrt Kulanz walten zu lassen, heisst es in der Mitteilung weiter.